Augsburger Allgemeine (Land West)
Das Schwert soll erst der Anfang sein
Geschichte Das Schwert aus der Zeit der Lechfeldschlacht soll in Königsbrunn nicht nur einen Ehrenplatz erhalten. Die Stadt möchte zu einem Sammelpunkt des Wissens werden
Königsbrunn Das Schwert auf dem kleinen Tisch im Königsbrunner Kulturbüro ist für dessen Leiterin Rebecca Ribarek und Bürgermeister Franz Feigl ein großer Glücksfall. Sie sind nicht allein dankbar, dass die Familie des Finders Herbert Birk die bestens erhaltene Waffe der Stadt überlassen hat. Das Relikt aus der Zeit der Lechfeldschlacht sehen sie auch als Startpunkt, Königsbrunn und die Dioramenausstellung im Infopavillon 955 zu einem Anziehungsund Sammelpunkt für das Wissen, um die teils historisch verbürgten, teils mythischen Geschehnisse rund um den Einfall der Magyaren im Jahr 955 zu machen.
Für die Stadt sei das Schwert ein besonderer Schatz, weil aus der Zeit der Lechfeldschlacht kaum Gegenstände erhalten sind und wenn, dann meist nicht in derart gutem Zustand.
Dieser Schatz soll auch angemessen präsentiert werden, sobald er im Landesamt für Denkmalpflege so behandelt wurde, dass er nicht weiterrostet. Um dem Schwert einen Ehrenplatz in der Dioramen-Ausstellung geben zu können, sollen die Räume geringfügig umgebaut werden.
Die Vitrine mit dem Schwert, das einem deutschen Kämpfer gehört hat, soll dann gemeinsam mit dem nachgebauten ungarischen Reflexbogen den Abschluss der Führung bilden. Diese Gegenüberstellung soll auch ein Hinweis auf die neue Stoßrichtung geschichtlicher Darstellung sein, den Kulturbüroleiterin und Bürgermeister sich für die Ausstellung wünschen: Bislang wird die Geschichte vor allem aus deutscher Perspektive erzählt. Doch in Zukunft soll auch die ungarische Sicht auf die Ereignisse verstärkt in die Aufarbeitung mit einfließen: Rebecca Ribarek hofft, dass sie über bestehende Netzwerke Kontakte zu ungarischen Historikern knüpfen könne, die zu den Ereignissen um 955 forschen.
„Wenn die Vitrine für unser Schwert fertig und Corona vorbei ist, würden wir gerne so viele Menschen wie möglich einladen, die sich mit der Geschichte auseinandersetzen“, sagt Rebecca Ribarek. Gemeinsam
mit Historiker Manfred Kosch, der die Führungen durch die Dioramen-Ausstellung leitet, recherchiert sie zu möglichen Ansatzpunkten. Dabei sollen dann auch die vielen offenen Fragen zur Schlacht, aber auch zu den Lebensumständen der Menschen damals thematisiert werden. Die Bevölkerung lebte meist in bitterer Armut. „Vermutlich musste eine enorme Furcht vor den Ungarn vorherrschen, um die deutschen Stämme zu vereinen und so große Heere aufzustellen“, sagt Feigl.
Für die Fürsten bedeuteten solche kriegerischen Aktionen im Umkehrschluss Probleme bei der Versorgung, weil die Männer im Kriegsdienst nicht auf den Feldern arbeiten konnten. Und auch hier gehört wiederum die ungarische Perspektive hinzu. Denn auch dort sind viele Fragen offen: Warum machten sich die Magyaren auf den Weg? Wie waren die Reiterheere organisiert? War es ein geschlossenes Heer oder mehrere Züge?
Der Mythos Lechfeldschlacht bietet also noch sehr viele Ansatzpunkte. Auch das gefundene Schwert sei solch ein Punkt, sagt die Kulturbüroleiterin: „Es zeigt, dass man auch heute noch auf Relikte aus der Geschichte stoßen kann.“