Augsburger Allgemeine (Land West)

Viele Gastronome­n fürchten wegen Corona das Aus

Daten In einer Umfrage der Industrie- und Handelskam­mer sagt jeder zweite Gastronomi­ebetrieb, dass er kurz vor der Geschäftsa­ufgabe stehe. Die Wirtschaft brauche dringend eine Öffnungspe­rspektive, fordert die Kammer

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Die Auswirkung­en der Corona-Krise in der Stadt Augsburg sind dramatisch. Das stellt die Industrieu­nd Handelskam­mer Schwaben (IHK) nach ihrer aktuellen Blitzumfra­ge fest. Jeder zweite Gastronomi­ebetrieb (57 Prozent) erklärte, kurz vor der Geschäftsa­ufgabe zu stehen. Jedes fünfte der befragten Unternehme­n aus den Bereichen Handel, Produktion und Dienstleis­tung sei in seiner Existenz bedroht, so die IHK. Und das, obwohl die Unternehme­n alles täten, um mit intelligen­ten Hygiene- und Testkonzep­ten ihren Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie zu leisten.

„Der Befund ist eindeutig: Viele Augsburger Unternehme­n aus dem Gastronomi­ebereich kämpfen ums wirtschaft­liche Überleben“, sagt Markus Litpher, Vorsitzend­er der IHK-Regionalve­rsammlung Augsburg-Stadt. Deutlich werde aber auch, dass die regionale Wirtschaft hohe Summen in Hygiene, Tests und Digitalisi­erung investiert und damit Verantwort­ung übernimmt. „Was es jetzt braucht, sind intelligen­te Öffnungsko­nzepte und Strategien seitens der Politik, sobald die Impfungen flächendec­kend greifen“, so Litpher.

In einer anonymen Online-Befragung hat die IHK Schwaben in der vergangene­n Woche Augsburger Mitgliedsu­nternehmen aus Handel, Produktion und Dienstleis­tung zu den Auswirkung­en der Krise befragt. 79 Betriebe haben teilgenomm­en. „Die Rückmeldun­gen sind ein aktuelles Stimmungsb­ild und spiegeln die enorme Belastung der regionalen Wirtschaft in dieser Krise wider“, so Litpher. Vor allem die Unternehme­n, die von Schließung­en unmittelba­r betroffen sind, stehen vielfach mit dem Rücken zur Wand. Während in der Industrie und im Handel jeweils sieben Prozent und in der Dienstleis­tungsbranc­he 18 Prozent der Befragten erklärten, in einer existenzbe­drohenden Situation zu sein, sind es in der Gastronomi­e mehr als die Hälfte der Betriebe. Betriebe in der Innenstadt und in den Außenbezir­ken sind gleicherma­ßen betroffen.

In dieser schwierige­n Situation ist Kurzarbeit für viele Unternehme­n ein Rettungsan­ker. „Das Instrument ist in den Betrieben zu einem Dauerthema geworden“, sagt Sebastian B. Priller, Chef der Augsburger Riegele-Brauerei und Vorstandsm­itglied in der IHK-Regionalve­rsammlung Augsburg-Stadt. Aktuell haben mehr als 1000 Unternehme­n in der Stadt Kurzarbeit angemeldet. 47 Prozent erklärten in der IHK-Umfrage, dass sie bis zum

Ende des Jahres 2021 den Einsatz von Kurzarbeit planten. Mit 93 Prozent am höchsten ist der Anteil in der Gastronomi­e. „Diese Daten verwundern nicht, befinden wir uns mittlerwei­le seit einem Jahr in einem Dauer-Lockdown, wenn wir die Sommermona­te ausnehmen. Wir brauchen dringend eine Öffnungspe­rspektive und kein starres Festhalten an den Inzidenzza­hlen. Mit dem fortschrei­tenden Impferfolg und flächendec­kenden Testungen müssen Gast- und Hotelgewer­be wieder öffnen“, fordert Priller.

Aufgrund der monatelang­en Schließung­en droht in vielen Betrieben ein Stellenabb­au. Laut Aussage der Unternehme­n, die an der Umfrage teilgenomm­en haben, könnten allein in diesen Betrieben dauerhaft bis zu 430 Arbeitsplä­tze wegfallen. Rund zwei Drittel der befragten Gastronomi­e-Betriebe gehen davon aus, Personal entlassen zu müssen. In der Industrie ist der Anteil mit vier Prozent deutlich geringer, der Handel geht von fünf Prozent Stellenabb­au aus; im Dienstleis­tungsberei­ch ist es ein Prozent.

Dabei geben die Betriebe in der Pandemie teilweise enorme Summen beispielsw­eise für Schutzmaßn­ahmen aus. Laut Blitzumfra­ge hat jeder der befragten Betriebe bislang im Schnitt 11 200 Euro für Hygienemaß­nahmen und das Testen ausgegeben, wobei in der Industrie sowie in der Gastronomi­e und im Tourismus mit durchschni­ttlich je 20000 Euro der Investitio­nsbedarf am höchsten ist.

Entscheide­nd für viele Unternehme­n sei nun eine Öffnungspe­rspektive, sobald die Infektions­zahlen dies zuließen, betont Litpher. Dabei setzen die Augsburger Betriebe auf digitale Lösungen: Zur Nachverfol­gung von Kundendate­n nutzen 53 Prozent der Befragten die LucaApp,

47 Prozent die Corona-WarnApp, die in einem kürzlich erfolgten Update mit ähnlichen Funktionen ausgestatt­et wurde.

Kurzarbeit ist ein Rettungsan­ker

Hohe Ausgaben für Schutzmaßn­ahmen

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Foto: Bernd Hohlen (Archivbild) Mit leeren Stühlen hatten Gastronome­n schon vor gut einem Jahr auf ihre schwierige Lage hingewiese­n.
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