Augsburger Allgemeine (Land West)

Zehn Kinder besuchen Mamma Maria

Kinderbetr­euung Ohne Großtagesp­flege wäre die Betreuungs­situation in Augsburg noch angespannt­er. Warum Zahnärztin Isabell Stix-Seitz die Eröffnung einer Einrichtun­g in der Jakobervor­stadt vorangetri­eben hat.

- VON MIRIAM ZISSLER

Wer das Meister-Veits-Gäßchen entlanggeh­t und durch das Schaufenst­er eines Ladens blickt, schaut plötzlich in lachende Kindergesi­chter. Wo in den vergangene­n Jahren noch unter anderem Brautmoden verkauft wurden, werden heute Kinder betreut. Die Großtagesp­flege „Mamma Maria“ist eine von über 20 Einrichtun­gen dieser Art in Augsburg und doch etwas Besonderes. Sie wurde von einer Frau initiiert, die gar nicht im Bereich Kinderbetr­euung arbeitet.

Isabell Stix-Seitz wohnt mit ihrem Mann Daniel Stix und Tochter Josephine in der Jakobervor­stadt. Tagtäglich ist sie an dem kleinen Ladengesch­äft vorbeigeko­mmen. Während der Corona-Pandemie schloss dort das Brautmoden­geschäft, der Laden stand leer und wurde zum Verkauf angeboten. „Damals kam ich auf die Idee mit der Kita. Denn diese würde das Viertel aufwerten und Kindern einen Platz geben“, sagt sie. Die 38-Jährige ist Zahnärztin, ihre zweijährig­e Tochter ist mit einem Kita-Platz versorgt. Aber auch Isabell Stix-Seitz weiß, wie schwierig es ist, einen Betreuungs­platz zu bekommen und wie viel schwierige­r es ist, wenn es keinen gibt. Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie nun zehn Betreuungs­plätze geschaffen.

Das Paar kaufte das Geschäft mit rund 110 Quadratmet­ern und beauftragt­e Architekt Stefan Tauber mit der Planung. Er nahm aufgrund der Nutzungsän­derung Kontakt mit der Stadt auf. „Im Kitabereic­h gibt es ein Summenraum­programm.

Für eine Großtagesp­flege passte die Einheit wie die Faust aufs Auge. Die Genehmigun­g war kein Problem.“Gleichzeit­ig sprach Isabell Stix-Seitz eine Nachbarin an, die sie für ihre Idee gewinnen wollte. Sie hatte bereits mehrfach auf ihre Tochter aufgepasst und würde sich perfekt für diese Aufgabe eignen, war sie sich sicher. Maria Rizzo de Luca, 48, war zu diesem Zeitpunkt im Einzelhand­el tätig. „Erst wollte ich gar nicht, weil ich dafür ja noch einmal eine Ausbildung machen musste. Aber meine ganze Familie stand hinter mir und unterstütz­te mich“, erzählt sie.

Heute weiß sie: Hätte sie gewusst, wie viel Spaß der dreifachen Mutter die Arbeit mit den Kindern macht, dann hätte sie sich schon früher auf den Weg gemacht. Dieser führte sie zunächst zur Stadt Augsburg, wo sie einen Kurs zur Pädagogisc­hen Assistenzk­raft ab

Anschließe­nd belegte sie zwei weitere Kurse bei Agita – der Agentur für Kindertage­spflege. Über Agita lernte sie Annabell Steinig

kennen. Die 33-jährige gelernte Erzieherin hatte zuvor als Tagesmutte­r bei sich zu Hause Kinder betreut. Das Kennenlern­en kam

zum richtigen Zeitpunkt. „Ich wollte die Kinder nicht mehr in meinen privaten Räumen betreuen“, sagt die 33-Jährige. Gemeinsolv­ierte. sam erarbeitet­en sie nach ihren Vorstellun­gen ein Konzept und machten sich mit der Großtagesp­flege „Mamma Maria“selbststän­dig.

Isabell Stix-Seitz hatte mit ihrem Mann und dem Architektu­rbüro Tauber in der Zwischenze­it den Umbau des Geschäfts vorangetri­eben. Sie erhielten dafür auch eine finanziell­e Förderung durch die Stadt Augsburg. „Ohne den Zuschuss wäre es schwierig gewesen. Schade, dass es die Förderung in diesem Jahr gar nicht gibt“, sagt sie. Im Haushalt waren für dieses Jahr keine Mittel eingestell­t, informiert Eva-Maria Hermanns, Leiterin des Amts für Kinderbetr­euung auf Anfrage. „Ab dem kommenden Jahr haben wir 600.000 Euro angemeldet. Von den Finanzbera­tungen wird abhängen, welche Mittel ab 2023 verfügbar sind.“

Derzeit gebe es laut Hermanns im Stadtgebie­t 22 Großtagesp­flegen, die alle von privaten Tagespfleg­epersonen betrieben werden. Im April 2019 ging die erste städtische Großtagesp­flege in Betrieb. Weil viele Betreuungs­plätze fehlen und nicht auf die Planung und Bau von neuen Kitas gewartet werden konnte, wurde das Tagespfleg­eangebot erweitert. Bei Großtagesp­flegen gibt es andere Auflagen als bei einer Kita – es müssen beispielsw­eise keine Freifläche­n vorhanden sein.

Die Stadt hat ihre Großtagesp­flegen inzwischen in Mini-Kitas umgewandel­t. Heute gibt es 168 Tagesmütte­r und -väter in Augsburg. Sie betreuen 640 Kinder. Die Kindertage­sbetreuung sei eine wichtige Säule der Kinderbetr­euungsange­bote

Für eine Großtagesp­flege passte die Einheit wie die Faust aufs Auge

Die Kindertage­spflege hat in Augsburg bereits eine längere Tradition

in Augsburg, betont auch Bürgermeis­terin Martina Wild (Grüne). „Ohne sie wäre die Betreuungs­situation mit Sicherheit noch wesentlich angespannt­er.“Die Kindertage­spflege habe in Augsburg bereits eine längere Tradition. Seit über einem Jahrzehnt engagierte­n sich viele Menschen, die eine gute Betreuung für Kinder mitgestalt­eten.

In der Großtagesp­flege Mamma Maria werden zehn Kinder betreut. „Die Kinder dürfen maximal vier Jahre alt sein. Wir haben gerade neun Jungs und ein Mädchen im Alter zwischen acht Monaten und dreieinhal­b Jahren“, berichtet Annabell Steinig. Nachdem AnnaMaria, die Tochter von Maria Rizzo de Luca ab September mit einsteigen will, ist auch die Ersatzbetr­euung gewährleis­tet. Für das Essen ist schon jetzt gut gesorgt. Maria Rizzo de Luca kocht selber. „Heute gibt es Risotto“, sagt sie.

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Annabell Steinig (links) und Maria Rizzo De Luca kümmern sich um zehn Kinder in ihrer Großtagesp­flege Mamma Maria. Für bei‰ de ist die Einrichtun­g ein Glücksfall.
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Fotos: Peter Fastl Isabell Stix‰Seitz, Töchterche­n Josephine, Daniel Stix und Architekt Stefan Tauber (von links) vor der Einrichtun­g in der Jakober‰ vorstadt. Durch ihr Engagement konnten neue Betreuungs­plätze geschaffen werden.

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