Augsburger Allgemeine (Land West)

Winterdien­st: Wollishaus­er schaltet Landtag ein

Bürgerserv­ice

- VON MATTHIAS SCHALLA

Gunter Abraham aus Wollishaus­en reicht eine Petition ein, da seine Zufahrt nicht mehr geräumt wird. Jetzt befasst sich der Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport in München damit.

Gessertsha­usen Es ist ein schönes Fleckchen Erde, auf dem Gunter Abraham mit seiner Frau Sibylle schon seit Langem wohnt. Viel Grün umgibt sein Haus am Almweg in Wollishaus­en, nur wenige Meter vor der Haustür fließt die Schmutter. Zehn weitere Bürger leben dort im Westen der Gemeinde und nur ganz selten stört lärmender Verkehr die Idylle. Doch genau dies ist jetzt ein Problem. Seit dem vergangene­n Winter fährt dort kein Schneepflu­g mehr vorbei und bei Niederschl­ag verwandelt sich der Schotterwe­g in vereiste Rutschbahn­en. Dies hat Abraham nun dazu bewogen, eine Petition beim Bayerische­n Landtag einzureich­en. Am Mittwoch stand das Thema daher im Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport auf der Tagesordnu­ng.

Bereits um 9.15 Uhr begann die Sitzung im Landtag und die Abgeordnet­en befassten sich zunächst mit einem Änderungsa­ntrag zum Gesetzentw­urf der Staatsregi­erung über die Digitalisi­erung im Freistaat, unter anderem eingereich­t von Katharina Schulze, der Fraktionsv­orsitzende­n der Grünen im Bayerische­n Landtag. Auch die Beobachtun­g der „Querdenker“-Szene durch den Bayerische­n Verfassung­sschutz und ein Polizeiein­satz rund um die Gedenkvera­nstaltunge­n für die Opfer des Anschlags in Hanau wurden an diesem Tag behandelt. Bevor es dann in einer nichtöffen­tlichen Sitzung um die Änderung des Artikels 29 des Bayerische­n Feuerwehrg­esetzes ging, war endlich Gunter Abraham an der Reihe.

„Beschwerde über Winterdien­st in Wollishaus­en, Ortsteil der Gemeinde Gessertsha­usen“lautete der letzte Punkt auf der Tagesordnu­ng, mit dem sich der Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport befasste. Gunter Abraham hatte seine Argumente zuvor schriftlic­h vorgebrach­t. Zusammen mit zehn weiteren Bürgern leben er und seine Frau im Außenberei­ch der Gemeinde Wollishaus­en. Das Gebiet liege an der welligen

Schmutterl­eite und sei durch unbefestig­te, aber gut befahrbare öffentlich­e Wege erschlosse­n. „Über diese Wege erfolgt auch die Postzufuhr, die Müllabfuhr und gegebenenf­alls auch der Einsatz von Rettungsfa­hrzeugen“, erklärt Abraham.

In den vergangene­n Jahrzehnte­n hätte die Gemeinde Gessertsha­usen zuverlässi­g den Winterdien­st mit einem Schneepflu­g geräumt. Dabei habe der Fahrer sein Gerät so sorgfältig eingesetzt, dass die Kiesschich­t der Oberfläche nicht beschädigt wurde. Nun habe es aber vor einem Jahr im gemeindlic­hen Bauhof

durchgreif­enden Personalwe­chsel“gegeben. Die Folgen bekommen jetzt alle Anwohner zu spüren.

Laut Abraham wird nun nicht mehr Schnee geräumt, sondern der Weg wird nur noch gesplittet. „Und das auch nur auf entspreche­nde Bitte beim Bauhof“, kritisiert Abraham. Als Begründung sei ihm erklärt worden, es gebe für den Fahrer keine Versicheru­ng, die haftet, wenn er mit dem Schneepflu­g beispielsw­eise in einen Zaun fährt oder an einer Steigung umkippt und das Fahrzeug demoliert wird.

Da durch die fehlende Räumung nun ein sicheres Fahren im Winter nicht mehr möglich sei, hat Abraham den Ausschuss gebeten, tätig zu werden. Die Gemeindeve­rwaltung solle davon überzeugt werden, wieder den alten Zustand im Außenberei­ch herzustell­en.

„Wir als betroffene Bewohner können uns nicht vorstellen, dass die vor dem erwähnten Personalwe­chsel geübte Praxis des Schneeräum­ens nicht versichert war“, schreibt Abraham. Sollte das aber der Fall gewesen sein, könnte man das nachholen. „Außerdem könnten den un„einen geübten Fahrern Praxisstun­den angeboten werden, in denen sie den sicheren Umgang mit dem Schneepflu­g lernen können“. Der Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport aber winkte ab.

„Was meinen Sie, wie viele Nebenstraß­en in München nicht geräumt werden“, sagte SPD-Landtagsab­geordneter Klaus Adelt, der als Mitbericht­serstatter im Ausschuss die Beschwerde behandelte. Ob und welche Straßen geräumt werden, obliege der kommunalen Selbstverw­altung. Zu beachten sei dabei natürlich, dass wichtige Zufahrten oder Rettungswe­ge bei Schnee schnellstm­öglich wieder befahrbar sind.

Unterschie­den werde dabei zwischen einer „schwarzen und einer weißen Räumung“, so Adelt. „Schwarz“bedeutet in dem Fall, dass die Teerdecke der Straße wieder sichtbar ist. „Weiß“heißt, der Schnee wird lediglich oberflächi­g abgetragen, die verbleiben­de Decke wird gesplittet.

Auch Adelts Kollege Manfred Ländner von der CSU sagt, dass der Winterdien­st stets eine Angelegenh­eit der Gemeinde sei und dass die ungepflast­erte Zufahrt im Almweg im Winter nicht geräumt werden muss: „Dem steht nichts entgegen.“Dass einzelne Personen versuchen, über den Petitionsa­usschuss des Landtags ihre eigenen Anliegen durchzuset­zen, ist laut Adelt gar nicht mal so ungewöhnli­ch. „Das kommt regelmäßig vor“, sagt er und erinnert sich gerne an einen kuriosen Vorfall.

„Ein Bürger hat einmal versucht, eine Katzensteu­er gesetzlich zu erwirken.“Dieser Versuch sei allerdings genauso gescheiter­t, wie die Petition, dass Katzen bei Freigang stets ein Glöckchen tragen müssen. „Theoretisc­h aber können Bürger auch eine Steuer auf Elefanten beantragen, so denn ein Dickhäuter in ihrer Gemeinde leben sollte“, erklärt Adelt. Gunter Abraham helfen diese Erklärunge­n jedoch wenig. Er wird im Winter wohl wieder eine Schneescha­ufel in die Hand nehmen müssen, statt auf den Schneepflu­g zu warten.

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Foto: Marcus Merk Kein Winterräum­dienst mehr am Almweg in Wollishaus­en: Gunter Abraham muss künftig in der kalten Jahreszeit wieder zur Schneescha­ufel greifen.

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