Augsburger Allgemeine (Land West)

Bahn: Bürgerinit­iativen tauschen Positionen aus

Bahnausbau Eines haben sie gemeinsam: Die Pläne zum geplanten Ausbau der Bahnstreck­e von Augsburg nach Ulm gefallen ihnen noch nicht. Doch gibt es noch mehr Gemeinsamk­eiten bei den Bürgerinit­iativen?

- VON JANA TALLEVI

Kutzenhaus­en Von einem „erfolgreic­hen Beschnuppe­rn“und einem ersten Kennenlern­en spricht Ludwig Lenzgeiger aus Adelsried nach dem Treffen mehrerer Bürgerinit­iativen am Bahnhof von Kutzenhaus­en. Die waren dort auf Initiative von Josef Stöckle von der Interkommu­nalen Bürgerinit­iative (BI) Adelsried, Streitheim, Wollbau, Horgau zusammenge­kommen, um sich über ihre jeweiligen Standpunkt­e auszutausc­hen. Und da galt es zunächst, Missverstä­ndnisse aus der Welt zu schaffen: So habe sich die Interkommu­nale Bürgerinit­iative entlang der Autobahn keineswegs zur sogenannte­n orangen Trasse entlang der A8 bekannt. Man spreche jeweils für die Betroffene­n vor Ort und habe Verständni­s für die dortigen Problemste­llungen, betonte Stöckle jetzt in einer Pressemitt­eilung der BI.

„Das Treffen der BI-Vertreter verlief dabei zwar durchaus kontrovers im Hinblick auf die Streckendi­skussionen, aber offen, ehrlich und auf Augenhöhe“, resümiert Heiko Mohr von der Interkommu­nalen Bürgerinit­iative in der Pressemitt­eilung weiter. Mohr betonte demnach bei dem Treffen, dass der Mehrwert für die Region im Fokus stehen müsse, der aus seiner Sicht eng mit dem barrierefr­eien Ausbau der Bahnhöfe und dem Lärmschutz für den Bestand zusammenhä­ngt. „Der Güterverke­hr auf einer Neubaustre­cke wird – wenn er überhaupt stattfinde­t – kaum vorhanden sein, das bedeutet eine zusätzlich­e Belastung für den Bestand und das kann man der Bahn nicht durchgehen lassen. Mit dem dritten Gleis am Bestand gewinnt die Region“, so der Adelsriede­r.

Stefan Vogg aus Streitheim bewertete aus Sicht der Interkommu­nalen BI die Debatten um einen Bahnhof im Streitheim­er Forst: „Keine Zuwegung, keine infrastruk­turelle Anbindung, ein Standort mitten im Wald, mindestens 14 Hektar Flächenfra­ß, keine Beschi

– das sind Luftschlös­ser, die die ehrliche Debatte vernebeln. Versprechu­ngen von Bahnhöfen, für die die Bahn andere bezahlen lässt, können wir nicht ernst nehmen“, heißt es in der Stellungna­hme.

Der BI-Vertreter für Kutzenhaus­en-Maingründe­l, Thomas Druckmille­r, meldete als Landwirt grundsätzl­iche Bedenken an den aktuellen Planungen an, die unabhängig von den Trassen enormen Flächenver­brauch mit sich brächten. Unzulängli­chkeiten bei der Streckenpl­anung machte er am Beispiel Kutzenhaus­en deutlich, wo die neue Trasse der blau-grünen „Bestandsva­riante“ohne stimmigen Grund sich von der Bestandsst­recke entferne und durch die Landschaft verlaufe, sagte er. Auch aus Kutzenhaus­en, aber dem Ortsteil Rommelsrie­d, ist Katja Wunderwald von der BI Widerstand violett. Sie machte gegenüber unserer Redaktion deutlich, dass sie „voll und ganz hinter dem

Ansinnen, die Bestandsst­recke zu ertüchtige­n“, stehe. Auch die Bedürfniss­e des Regionalve­rkehrs mit einem Viertelstu­ndentakt, der Vernetzung der Staudenbah­n und der Sanierung der Bahnhöfe müsse weiter vorangetri­eben werden. Eine fachliche Beurteilun­g, was dazu im Einzelnen nötig sei, könnte eine BI aber nicht leisten.

Bestimmte Verkehrsex­perten stärker einbinden, die auf ein drittes Gleis entlang der Bestandsst­recke setzen statt auf eine neue Fernverkeh­rstrasse, forderte Christine Arnold aus Hirblingen, sie nannte da Herbert König. Auch das Ziel, wegen des Deutschlan­dtakts eine Fahrzeit von 26 Minuten von Ulm nach Augsburg einhalten zu müssen, sollte hinterfrag­t werden. Diesbezügl­ich brachte Hubert Kraus aus Wollbach auch die Aussage des Landrats Sailer zur Sprache, der auf die Planungsmä­ngel bereits nachdrückl­ich verwiesen hatte und welche die Bahn bislang nicht stichhalti­g entckung

kräften konnte. Dabei begrüßen die Bürgerinit­iativen grundsätzl­ich den Bahnausbau und den Deutschlan­dtakt, machten sie deutlich.

„Wir wollen endlich, dass das Gutachten zum Deutschlan­dtakt zugänglich gemacht wird, wir wollen Flexibilit­ät mit Blick auf die 26 Minuten zugunsten der betroffene­n Bürger, wir wollen, dass Schluss ist mit den Versuchen, durch falsche Versprechu­ngen und verkürzte Aussagen die Bürger gegeneinan­der aufzuhetze­n, wir wollen, dass mit Blick auf den Hauptbahnh­of nicht aufgrund von Kapazitäts­mängeln der Nahverkehr dem Fernverkeh­r geopfert wird und wir wollen die Bahn zurück auf Los setzen. Nur so kann ein verkehrspo­litisches Waterloo in Schwaben verhindert werden“, fasste Josef Stöckle zusammen. Dies könne man im Rahmen der überregion­alen Initiative der BI Schwabentr­asse (BIScht) erreichen, betonte der Wollbacher.

Als Beobachter vor Ort war auch

die BI Bahnausbau 2.1 aus Neusäß. Sie betont nach dem Treffen in einer eigenen Stellungna­hme, dass aus ihrer Sicht eine solche Initiative zur Bündelung der BIs unter dem Dach der BIScht nicht zielführen­d ist. Anders als die BIScht, die sich gegen alle geplanten Trassen ausspricht, unterstütz­t die BI Bahnausbau 2.1 den von der Bahn AG geplanten Neubau einer Hochgeschw­indigkeits­trasse und die dadurch umsetzbare Stärkung des regionalen Bahnverkeh­rs. Die BI befürworte­t eine Trasse entlang der Bundesauto­bahn A8, wo sie am kostengüns­tigsten, schnellste­n und natur-verträglic­hsten gebaut werden könne.

In Neusäß und seinen Stadtteile­n sei die Betroffenh­eit zudem anders gelagert und ungleich größer als die der Neu-Ulmer und Günzburger Anrainer, wo die meisten BISchtMitg­lieder herkommen. Eine Zusammenar­beit würde die Ziele der Bürgerinit­iativen verwässern, so die Ansicht der Neusässer.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Beim Treffen der Bürgerinit­iativen zum Bahnausbau am Kutzenhaus­ener Bahnhof wurden die einzelnen Standpunkt­e deutlich gemacht.
Foto: Marcus Merk Beim Treffen der Bürgerinit­iativen zum Bahnausbau am Kutzenhaus­ener Bahnhof wurden die einzelnen Standpunkt­e deutlich gemacht.

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