Augsburger Allgemeine (Land West)
Kulturgenuss am Liebig-Gymnasium
Mit „#Kultur_am_Justus“haben Jugendliche die Möglichkeit, Kultur zu erleben. Defizite sollen ausgeglichen werden.
Leere Publikumsplätze bei Veranstaltungen nach der Coronapandemie einerseits, Kinder und Jugendliche, die viel Zeit zu Hause verbracht haben andererseits: Auch das war eine Folge der Krisenzeit zwischen 2020 und 2022. Doch es gibt Initiativen, die helfen.
Vor circa einem Jahr rief Musiklehrerin Veronika Wersin das Kulturprogramm „#Kultur_am_Justus“ins Leben. Dabei organisieren Lehrer und Lehrerinnen den Besuch verschiedener Konzert- und Theaterveranstaltungen. Das Programm soll den Kindern und Jugendlichen nicht nur Kultur näherbringen, sondern auch eine Art „Ausgehkultur“schaffen.
Gerade in den Jahren der Pandemie ist der Besuch kultureller Veranstaltungen zu kurz gekommen. Die Musiklehrerin stellte fest, dass Corona bedingt vieler ihrer Schüler noch nie bei einem Konzert oder im Theater gewesen sind. Eine Ausgehkultur hat während Corona praktisch nicht existiert und war den betroffenen Schülern daher völlig unbekannt.
Das wollte Veronika Wersin ändern und entwickelte zu diesem Zweck ein eigenständiges Programm. Daran kann jeder teilnehmen, bei dem Konzert- und Theaterbesuche
in den letzten Jahren zu kurz gekommen sind. Es ist ein Herzensprojekt der Musiklehrerin, dass Konzertsäle künftig nicht mehr leer bleiben.
Veronika Wersin ist mit ihrer Kulturinitiative nicht alleine. Auch auf Bundesebene setzt man sich dafür ein, jungen Menschen Kultur näherzubringen. Seit 2023 gibt es den Kulturpass, mit dem 18-Jährige einmalig ein Budget für verschiedene Kulturangebote erhalten. Zunächst konnten 18-Jährige dabei jährlich 200 Euro vom Staat in Bücher, Kinobesuche, Musikveranstaltungen oder Theater anlegen, in diesem Jahr sind es immerhin noch 100 Euro.
Davon profitieren nicht nur die Schülerinnen und Schüler, sondern auch Kultur Anbietende. Diese haben zu Zeiten der Pandemie besonders gelitten und sind nun auf gute Besucherzahlen angewiesen. Das Projekt am Justus von Liebig-Gymnasium läuft inzwischen seit circa einem Schuljahr und wurde sowohl von Schülern als auch Lehrern hervorragend angenommen. Für die angebotenen Veranstaltungen wurden an der Schule insgesamt weit über 100 Karten verkauft.
Mit dabei war schon David Jenke, er besucht die 7. Klasse des Justus von Liebig Gymnasiums. Der 12-Jährige hat schon an mehreren Events teilgenommen. Besonders gefallen haben ihm unter anderem der Besuch bei „Drumming Stories“oder „Die Drei Musketiere“an der Freilichtbühne. Manchmal geht es auch weiter weg, etwa nach München ins Amerikahaus.
Mittlerweile will die Schule nicht mehr auf das Programm verzichten, es ist fester Bestandteil des Schulentwicklungsprogramms. Als Veronika Wersin 1998 ihre Stelle als Musiklehrerin antrat, war das Justus von Liebig Gymnasium vorwiegend naturwissenschaftlich geprägt. Mit dem
Vorrücken der Geisteswissenschaften wollten sich auch immer weitere ihrer Kollegen und Kolleginnen kulturell engagieren. Es fehlte jedoch an Austausch und gegenseitiger Unterstützung.
Dank des Kulturprogramms sind die Lehrer bei der Organisation nun nicht mehr auf sich allein gestellt. Ein Team aus fünf bis sechs Leuten, bestehend aus Deutsch-, Englisch- und Musiklehrern, trifft eine Vorauswahl an verschiedenen kulturellen Programmen. Mit im Team ist auch Linda Streit, die seit einem Jahr Englisch und Geografie an der Schule unterrichtet. Die 35-Jährige sieht es als Teil ihrer Aufgabe, Schüler an kulturelle Veranstaltungen heranzuführen. Gerade, was den Genussfaktor betrifft. Kunst und Kultur zu genießen, auch dass müsse erst gelernt werden, findet Linda Streit. Und abseits von schulischem Leistungsdruck gelinge das besonders gut.