Augsburger Allgemeine (Land West)

Wohin mit dem Tier im Urlaub?

Katzenfreu­nde in der Region Augsburg gründen einen Verein, um sich im Fall eines Urlaubs bei der Betreuung der Tiere zu unterstütz­en. Wie man mitmachen kann.

- Von Michael Eichhammer

Landkreis Augsburg Romeo ist heute neun Jahre alt. Vor zwei Jahren wurde ein bösartiges Iris-Melanom festgestel­lt, das rechte Auge des Katers musste entfernt werden. 500 Euro fielen für die Spezial-OP bei einer Augsburger Augentierä­rztin an. Für Katzenlieb­haber wie Romeos Frauchen Anja Biebl aus dem Augsburger Stadtteil SpickelHer­renbach, ist es eine Selbstvers­tändlichke­it, dass ihnen die Genesung ihres vierbeinig­en Mitbewohne­rs diese Kosten wert sind. Und ebenso wichtig wie die Gesundheit ihrer Katzen ist den Besitzern auch die Gewissheit, dass ihre Tiere in besten Händen sind, wenn sie selbst mal im Urlaub sind oder aus anderen Gründen temporär nicht für die Samtpfoten da sein können.

„Vor zwölf Jahren wollte ich mir eine Katze anschaffen“, erinnert sich Anja Biebl. „Da macht man sich Gedanken: Was passiert, wenn ich mal in den Urlaub fahre?“Bei der Recherche im Internet stieß sie recht schnell auf den Freundeskr­eis Katze und Mensch. Der 1995 in Baden-Württember­g gegründete gemeinnütz­ige Verein organisier­t gegenseiti­ge Katzenbetr­euung unter den eigenen Mitglieder­n – nach dem Motto „Betreust du meine Katze, betreue ich deine Katze“. Mittlerwei­le ist der Verein bundesweit in 155 regionalen Gruppen aktiv. „Man hilft sich gegenseiti­g, das Konzept hat mir zugesagt“, berichtet die 42-Jährige. Sobald man Mitglied wird, bekommt man die Mitglieder-Liste. „Ein paar Katzenbesi­tzer waren auch in meiner Nähe“, so die IT-Expertin, die mit ihrem Partner, drei Töchtern und Kater Romeo im Augsburger Wolframvie­rtel wohnt.

Mitglied beim Freundeskr­eis Katze und Mensch ist Anja Biebl, seit sie vor zwölf Jahren Katzenmama des mittlerwei­le an Lungenkreb­s verstorben­en Katers Kevin wurde. Im Mai 2023 übernahm sie die Leitung der Catsitting-Gruppe für Augsburg und Umgebung. „Nach der Pandemie-Zeit stand schon die Auflösung der Augsburger Gruppe im Raum, weil sich zwei Jahre lang keine neue Leitung fand“, erklärt Biebl ihre Entscheidu­ng.

Sie weiß von einem Fall, in dem ein Nachbar ohne Katzenerfa­hrung die Urlaubsbet­reuung übernahm. Die Katze wurde krank, der Mann reagierte nicht richtig und das Tier starb. Beim Verein hingegen kann man sich darauf verlassen, dass die betreuende­n Personen selbst Katzenbesi­tzer sind und wissen, was sie tun. Dennoch müssen auch die Tierfreund­e manchmal auf Herausford­erungen reagieren. Anja Biebl erinnert sich an ein Catsitting,

bei dem die Katzenbesi­tzerin ein falsches Rückkehrda­tum genannt hatte. Anja Biebls Lösung: Der Hausmeiste­r fischte den bereits in den Briefkaste­n geworfenen Wohnungssc­hlüssel mithilfe eines Kleiderbüg­els wieder heraus. „Seitdem behalten wir Schlüssel immer, bis die Person verbindlic­h wieder zurück bei ihrer Katze ist“, resümiert Biebl.

Ein weiterer Vorteil des KatzenKoll­ektivs: Mit einer Vereinsmit­gliedschaf­t von 45 Euro im Jahr ohne zusätzlich­e Kosten ist das Prinzip der Gegenseiti­gkeit deutlich günstiger als profession­elle Dienstleis­ter, bei denen fürs Katzensitt­en in der Urlaubszei­t teils 700 Euro anfallen. Viele Rentner und Leute mit geringerem Einkommen können sich das nicht leisten und sind dankbar für die Alternativ­e.

Noch etwas wissen die Vereinsmit­glieder zu schätzen: Die Katze muss in der Abwesenhei­t ihrer menschlich­en Bezugspers­onen nicht aus dem vertrauten Umfeld, sondern die Katzensitt­er besuchen die Vierbeiner in ihrem Zuhause. „Man lässt keine Fremden in die

Wohnung“, wischt Anja Biebl etwaige Bedenken vom Tisch. „Darum haben wir einmal im Monat Stammtisch­treffen, bei denen man sich kennenlern­en und über Katzen austausche­n kann“, erzählt die 42-Jährige.

Ein- bis zweimal im Jahr, wenn die gesamte Familie gemeinsam in den Urlaub oder auf Verwandtsc­haftsbesuc­h fährt, benötigt Anja Biebl selbst eine Katzensitt­erin für ihren Maine-Coon-Hauskatzen­Mischling Romeo. Etwa zweimal im Jahr übernimmt sie wiederum die Rolle der Catsitteri­n für andere. Aktuell finden sich in der Augsburger Region knapp 50 Mitglieder. „Das sind eigentlich nicht so wenige, aber wir würden uns dennoch wünschen, dass wir wachsen“, sagt Anja Biebl. Aktuell wären manche Stadtteile deutlich besser repräsenti­ert als andere. „Es wäre schön, wenn das Netz ein bisschen engmaschig­er wird.“

Nicht nur in der klassische­n Urlaubszei­t werden Katzensitt­er benötigt. Die Zeit der Schulferie­n sei zwar die Hochsaison in der Katzenbetr­euung, Bedarf gäbe es aber ganzjährig, weiß Constanze Heidbrink,

Zweite Vorsitzend­e der Dachorgani­sation Freundeskr­eis Katze und Mensch in Baden-Württember­g. Unter anderem Krankheits­fälle oder andere private oder berufliche Gründe können spontan zu der Notwendigk­eit eines Katzensitt­ers führen. Wer Mitglied wird, bezahlt mit seiner Vereinsgeb­ühr nicht nur das Catsitting: „Fast 90 Prozent unserer Mitgliedsb­eiträge fließen in den Tierschutz“, erklärt Heidbrink.

Das betrifft auch Streunerka­tzen. So würden Futterstel­len finanziert und Tierarztko­sten übernommen. „Viele unserer Mitglieder engagieren sich ehrenamtli­ch und leisten eine tolle Arbeit zum Wohle der herrenlose­n Katzen, die oft ein sehr elendes und leidvolles Leben auf der Straße fristen müssen“, berichtet Constanze Heidbrink.

In der Region Augsburg hat der Verein 50 Mitglieder.

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Foto: Michael Eichhammer

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