Augsburger Allgemeine (Land West)
Wohin mit dem Tier im Urlaub?
Katzenfreunde in der Region Augsburg gründen einen Verein, um sich im Fall eines Urlaubs bei der Betreuung der Tiere zu unterstützen. Wie man mitmachen kann.
Landkreis Augsburg Romeo ist heute neun Jahre alt. Vor zwei Jahren wurde ein bösartiges Iris-Melanom festgestellt, das rechte Auge des Katers musste entfernt werden. 500 Euro fielen für die Spezial-OP bei einer Augsburger Augentierärztin an. Für Katzenliebhaber wie Romeos Frauchen Anja Biebl aus dem Augsburger Stadtteil SpickelHerrenbach, ist es eine Selbstverständlichkeit, dass ihnen die Genesung ihres vierbeinigen Mitbewohners diese Kosten wert sind. Und ebenso wichtig wie die Gesundheit ihrer Katzen ist den Besitzern auch die Gewissheit, dass ihre Tiere in besten Händen sind, wenn sie selbst mal im Urlaub sind oder aus anderen Gründen temporär nicht für die Samtpfoten da sein können.
„Vor zwölf Jahren wollte ich mir eine Katze anschaffen“, erinnert sich Anja Biebl. „Da macht man sich Gedanken: Was passiert, wenn ich mal in den Urlaub fahre?“Bei der Recherche im Internet stieß sie recht schnell auf den Freundeskreis Katze und Mensch. Der 1995 in Baden-Württemberg gegründete gemeinnützige Verein organisiert gegenseitige Katzenbetreuung unter den eigenen Mitgliedern – nach dem Motto „Betreust du meine Katze, betreue ich deine Katze“. Mittlerweile ist der Verein bundesweit in 155 regionalen Gruppen aktiv. „Man hilft sich gegenseitig, das Konzept hat mir zugesagt“, berichtet die 42-Jährige. Sobald man Mitglied wird, bekommt man die Mitglieder-Liste. „Ein paar Katzenbesitzer waren auch in meiner Nähe“, so die IT-Expertin, die mit ihrem Partner, drei Töchtern und Kater Romeo im Augsburger Wolframviertel wohnt.
Mitglied beim Freundeskreis Katze und Mensch ist Anja Biebl, seit sie vor zwölf Jahren Katzenmama des mittlerweile an Lungenkrebs verstorbenen Katers Kevin wurde. Im Mai 2023 übernahm sie die Leitung der Catsitting-Gruppe für Augsburg und Umgebung. „Nach der Pandemie-Zeit stand schon die Auflösung der Augsburger Gruppe im Raum, weil sich zwei Jahre lang keine neue Leitung fand“, erklärt Biebl ihre Entscheidung.
Sie weiß von einem Fall, in dem ein Nachbar ohne Katzenerfahrung die Urlaubsbetreuung übernahm. Die Katze wurde krank, der Mann reagierte nicht richtig und das Tier starb. Beim Verein hingegen kann man sich darauf verlassen, dass die betreuenden Personen selbst Katzenbesitzer sind und wissen, was sie tun. Dennoch müssen auch die Tierfreunde manchmal auf Herausforderungen reagieren. Anja Biebl erinnert sich an ein Catsitting,
bei dem die Katzenbesitzerin ein falsches Rückkehrdatum genannt hatte. Anja Biebls Lösung: Der Hausmeister fischte den bereits in den Briefkasten geworfenen Wohnungsschlüssel mithilfe eines Kleiderbügels wieder heraus. „Seitdem behalten wir Schlüssel immer, bis die Person verbindlich wieder zurück bei ihrer Katze ist“, resümiert Biebl.
Ein weiterer Vorteil des KatzenKollektivs: Mit einer Vereinsmitgliedschaft von 45 Euro im Jahr ohne zusätzliche Kosten ist das Prinzip der Gegenseitigkeit deutlich günstiger als professionelle Dienstleister, bei denen fürs Katzensitten in der Urlaubszeit teils 700 Euro anfallen. Viele Rentner und Leute mit geringerem Einkommen können sich das nicht leisten und sind dankbar für die Alternative.
Noch etwas wissen die Vereinsmitglieder zu schätzen: Die Katze muss in der Abwesenheit ihrer menschlichen Bezugspersonen nicht aus dem vertrauten Umfeld, sondern die Katzensitter besuchen die Vierbeiner in ihrem Zuhause. „Man lässt keine Fremden in die
Wohnung“, wischt Anja Biebl etwaige Bedenken vom Tisch. „Darum haben wir einmal im Monat Stammtischtreffen, bei denen man sich kennenlernen und über Katzen austauschen kann“, erzählt die 42-Jährige.
Ein- bis zweimal im Jahr, wenn die gesamte Familie gemeinsam in den Urlaub oder auf Verwandtschaftsbesuch fährt, benötigt Anja Biebl selbst eine Katzensitterin für ihren Maine-Coon-HauskatzenMischling Romeo. Etwa zweimal im Jahr übernimmt sie wiederum die Rolle der Catsitterin für andere. Aktuell finden sich in der Augsburger Region knapp 50 Mitglieder. „Das sind eigentlich nicht so wenige, aber wir würden uns dennoch wünschen, dass wir wachsen“, sagt Anja Biebl. Aktuell wären manche Stadtteile deutlich besser repräsentiert als andere. „Es wäre schön, wenn das Netz ein bisschen engmaschiger wird.“
Nicht nur in der klassischen Urlaubszeit werden Katzensitter benötigt. Die Zeit der Schulferien sei zwar die Hochsaison in der Katzenbetreuung, Bedarf gäbe es aber ganzjährig, weiß Constanze Heidbrink,
Zweite Vorsitzende der Dachorganisation Freundeskreis Katze und Mensch in Baden-Württemberg. Unter anderem Krankheitsfälle oder andere private oder berufliche Gründe können spontan zu der Notwendigkeit eines Katzensitters führen. Wer Mitglied wird, bezahlt mit seiner Vereinsgebühr nicht nur das Catsitting: „Fast 90 Prozent unserer Mitgliedsbeiträge fließen in den Tierschutz“, erklärt Heidbrink.
Das betrifft auch Streunerkatzen. So würden Futterstellen finanziert und Tierarztkosten übernommen. „Viele unserer Mitglieder engagieren sich ehrenamtlich und leisten eine tolle Arbeit zum Wohle der herrenlosen Katzen, die oft ein sehr elendes und leidvolles Leben auf der Straße fristen müssen“, berichtet Constanze Heidbrink.
In der Region Augsburg hat der Verein 50 Mitglieder.