Schokolade auf meiner Haut
Endlich! Ich bin eine Praline. Eine feine Schokoladen-Praline aus allerbestem Hause. Samtig glänzend, zart duftend verführe ich zum Naschen. Vielleicht vergehe ich auch schon auf der Zunge. Hmmm. Man(n) könnte süchtig werden nach mir ...
Nein, kein Tantra, Sex oder so. Ein Häppchen aus einem klassischen Massage-Angebot ist sie, die Hot-Chocolate-Behandlung. Eine Stunde, in der ich meine Schokoladenseite(n) entdecke, bzw. pflege... Meine Wohlfühlpraxis liegt unspektakulär in einem typischen Berliner Mietwohnhaus, nahe einer Hauptverkehrsstraße. Der zu erwartende Lärm bleibt hier allerdings draußen. Die über zwei Etagen liegenden Behandlungsräume strahlen Ruhe und Behaglichkeit aus. Kein Wunder, denn, wie der Praxis-Name „Touch-Your-Soul“schon vermuten lässt, sollen hier die Sinne gekitzelt und die Seele berührt werden.
Das Schoko-Team
Besitzerin und Therapeutin Sabine Kuschel (der Name ist echt!) hat dazu noch Frauen mit begnadeten Händen und Körpergefühl in ihrem Team. Und das hält, was der Flyer verspricht: „ Bei TouchYourSoul können Sie ankommen mit dem was gerade ist, und sich von erfahrenen Händen durch achtsame Berührung in einen Raum jenseits des Alltags begleiten lassen.“
Flott lege ich meine anfängliche Scheu ab, wie später meine Kleidung. Zunächst begrüßt mich aber Mirka. Sie ist meine Führerin in diese Schokoladenwelt. Sie zeigt mir zunächst, wo ich gleich „behandelt“werde. Wir nehmen Platz in einem schönen Raum, gehalten in Creme und ... heller Schokolade! In der Mitte das Herzstück: Die weiche und beheizte (!) Massageliege. Ein dezenter, silbern umrahmter Spiegel in Augenform schaut uns später diskret zu. Mirka fragt mich, ob ich körperliche Einschränkungen habe. Ein paar Verspannungen im Nacken- und Schulterbereich, sonst
„Tue dem Körper etwas Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.“
(Teresa von Avila)
nix. Eher weiche oder kräftigere Massage? Ich entscheide mich für zärtlich bis mittel.
Mirka zeigt mir noch das Bad, in dem ich mich später duschen werde. Kuschelige Handtücher, Badeschläppchen und ein roter Bademantel liegen dort schon für mich liebevoll arrangiert. Dann breite ich mich, so gut wie nackt, in Bauchlage auf der warmen Massage-Liege aus. Abgedeckt mit einem gemütlichen Baumwolltuch ist das Gefühl von Entblößung schnell verschwunden. Zunächst kommt die rechte obere Seite an die Reihe. Mirka trägt die heiße Schokolade auf Schulter und Arm auf. Das fühlt sich kurz wie eine Packung an, die sofort in der Tiefe wie eine Umarmung wirkt. Dann verstreicht Mirka das Schoko-
Öl-Gemisch mit äußerst fachkundigen Griffen und Streichungen. Die Begrifflichkeit der Body-Workerin erschließt sich mir allmählich. Alles fühlt sich sehr geschmeidig fließend an. Die linke Seite bekommt genauso viel Aufmerksamkeit und Zuwendung wie die rechte. Die kleinen Knubbelchen in meinen Schultern werden unter dem Öl und den fühlenden Fingern weicher und kleiner. Ein nussiges Schokoladen-Aroma füllt den Raum. Mirka arbeitet sich vor und ich muss irgendwie an Milka denken und sehe lila Kühe auf einer grünen Almwiese. Jetzt taucht auch noch diese köstliche Mousse au Chocolat-Torte vom Potsdamer Hofkonditor auf...
Schokoladenseiten pur
Das Schokoladen-Aroma der HotChocolate-Massagen ist offensichtlich betörend. Auch wenn sie dem Gaumen nicht schmeckt! Denn bei den Kosmetikbehandlungen wird nicht mit Essschokolade, sondern mit einer besonders wirkstoffreichen Mischung aus Kakao, Shea Butter und Mandelöl gearbeitet. Also Genuss ohne Reue. Ist das nicht großartig? Die Haut wird dabei zur streichelzarten Versuchung. Außer dem wohligen Gefühl wird nämlich unserem größten Organ Exquisites zuteil. Denn die im Kakao enthaltenen Polyphenole werden als Konservierungsstoffe aktiv. Sie fangen die für den Alterungsprozess der Hautzellen verantwortlichen freien Radikale ein und neutralisieren diese. Eine Anti-Aging-Behandlung der schönsten Art, die auch noch gesundheitsfördernd wirkt, denn den Kakao-Polyphenolen wird eine entzündungshemmende Wirkung nachgesagt. Das ist ideal für mich und meine etwas strapazierte Sommerhaut! Diese leckere Pflege kann sich Frau öfter auch für Zuhause in Form von: Badeschokolade, Lippenpflege und Körpersahne gönnen. Oder einfach mal ein Schokoladenbad selbst anrühren und experimentieren. Der Glückskick, den die
„Ergeben Sie sich Ihrer Gier nach Schokolade ohne Komplexe und falsche Schuldgefühle, denn denken Sie daran: kein vernünftiger Mensch ist ohne einen Funken Wahnsinn!“(La Rochefoucauld)
Schokolade bei einem Bad oder der üppigen Wellness-Anwendung auslöst, entsteht übrigens allein durch die Duftstoffe!
Verführung der Sinne
Mirka massiert derweil meine Handinnenflächen und dann jeden Finger. Jedem einzelnen Knöchelchen widmet sie ihre präzise Aufmerksamkeit. Sie erfühlt meinen Körper Stück für Stück. Glücksseelige Wärme und Wohlbefinden durchströmen mich. Und ich hätte nicht gedacht, dass es noch derartig viele unentdeckte erogene Zonen an meinem Körper gibt...!
Meine Beine haben eine Massage besonders nötig. Nach viel Radfahren und Sport freut sich die Tiefenmuskulatur auf etwas sanfteres Workout. Die heilsame Kraft des Theobromin zeigt Wirkung. Das ist ein Inhaltsstoff der Kakaobohne und ähnelt in seiner anregende Wirkung dem Koffein. Aber wieso muss ich jetzt an Sex denken? Das verwirrt mich etwas. Mein Körper ist ein sinnliches Wunder. „Oft hat die Seele auch Botschaften, die sie versucht über den Körper zu vermitteln. In der Entspannung, zum Beispiel nach einer intensiven Massage kann man dann viel besser „lauschen“, meint Sabine Kuschel später. Der ständige Schokoladenduft umnebelt meine Sinne. Ich bin von den vielen Glücksbotenstoffen, die mich umschwirren, schon etwas „high“. Schließlich höre ich auf, mir Gedan- ken zu machen, wie viele Körperteile noch an die Reihe kommen...
Nachhaltig
Inzwischen liege ich auf dem Rücken und bin entrückt. Irgendwann wird sanft der Bauch ausgestrichen. Dann ist Mirka bei meinem Kopf und den letzten Halswirbeln angelangt. Berauscht von Schokolade und meinem sinnlichen Körper liege ich da und kann nicht fassen, dass es nicht ewig so weiter geht. Ein Weilchen darf ich nun noch schwelgen und nachhaltig die Nachruhezeit genießen. Meine Haut saugt derweil die letzten Wirkstoffe des KakaoButter-Öl-Gemisches auf.
Ist das alles nun ähnlich wie Sex – nur ohne Mann – oder ist das einfach die zarteste Versuchung seit es Schokolade gibt? Oder doch beides? Während ich schön warm dusche, sinniere und die bräunliche Schicht sich langsam löst, spüre ich wie weich meine Haut geworden ist. Im
„All I need is love. Aber ein bisschen Schokolade hier und da kann auch nicht schaden” (Charles M. Schulz)
Kuschelbademantel schlurfe ich abschließend noch eine heiße (echte!) Schokolade.
Dazu dufte ich wie frisch aus der Chocolaterie. Meine Haut ist himmlisch samtig und glänzt leicht goldig. Beschwingt beduselt und glückselig begebe ich mich auf die Straße. Ich bin milde gestimmt, sinnlich und verführerisch. Vielleicht auch unwiderstehlich. Achtung also! Nach einer Hot-Chocolate-Massage besteht akute Vernaschungsgefahr. <