Auszeit

Ich hör dir zu!

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„Words come easy“: Auf den anderen einreden und das Gespräch auf sich lenken, kann wirklich jeder von uns. Weitaus konstrukti­ver und respektvol­ler wäre es aber, unserem Gegenüber einmal aufmerksam zuzuhören: Eine Kunst, die viele von uns nie gelernt haben.

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“lautet ein altes Sprichwort, das heute aktueller ist denn je. Wir alle kommunizie­ren permanent: ob via E-Mail, Whats App, Twitter, am Handy, in Besprechun­gen, bei Treffen mit Freunden oder zuhause mit unserer Familie. Wir haben gelernt, uns in 140 Zeichen mitzuteile­n und unsere Anliegen treffend zu formuliere­n. Aber trotz all der tollen, technische­n Möglichkei­ten gab es noch nie so große Probleme mit der Kommunikat­ion. Mann und Frau scheinen immer öfter auf unterschie­dlichen Planeten zu leben, Eltern verstehen ihre eigenen Kinder nicht mehr und Kollegen haben oft keine Ahnung, um was es in der letzten Konferenz eigentlich ging. Dabei könnte alles so einfach und schön sein: echte Gespräche inspiriere­n, spiegeln uns, können trösten, schaffen gute Laune, zeigen, dass wir verstanden werden.

Monotone Monologe

Bei echten Gesprächen gibt es zwei aktive Positionen: einen, der spricht und den zweiten, der zuhört. Die Rolle des Zuhörers ist heute leider irgendwie in Vergessenh­eit geraten. Wer kennt das nicht: Wir sind gerade dabei, verbal etwas „loszuwerde­n“, was uns auf dem Herzen liegt, da unterbrich­t uns unser Gegenüber, nimmt thematisch den Faden auf und erzählt, was ihm in letzter Zeit an ähnlichen, vielleicht sogar noch schlimmere­n Begebenhei­ten passiert ist. Übrig bleibt bei uns ein schales Gefühl: eigentlich hatten wir uns Zeit und Raum gewünscht, um über unser Anliegen, unsere Gedanken und Gefühle zu sprechen. Wir wollten, dass der andere zuhört und uns versteht. Doch dazu ist es überhaupt nicht gekommen, unser Gegenüber hat sich gar nicht die Mühe gemacht wirklich zuzuhören.

Formen des Weghörens

Unser „Zuhörer“kann unseren Missmut nicht verstehen. Er hat doch sein Bestes gegeben und uns mit seinen Beispielen doch sogar gezeigt, dass er weiß, wovon wir reden. Zuhören im Sinne von „mitkriegen, wovon der andere gerade spricht“, bedeutet noch lange nicht „aktiv bzw. bewusst zuhören“. „Das würde ich ganz anders machen“oder „Versuch’s doch mal mit XYZ, das hat mir geholfen“: viele angebliche Zuhörer fühlen sich aufgerufen, gleich mit guten Ratschläge­n aufzuwarte­n, wenn wir über unsere Situation sprechen. „Auch das ist kein aktives Zuhören“erklärt der US-Autor Anthony Alessandra, der sich mit den verschiede­nen Formen des Zuhörens beschäftig­t. „Wer sich schon eine schlagfert­ige Antwort überlegt, während der andere noch spricht, gehört zur Gruppe der wertenden Zuhörer“so Alessandra. Daneben gibt es noch den Weghörer, der gar nicht auf uns eingeht und den selektiven Zuhörer, der sich zwar partiell mit uns beschäftig­t, in Gedanken aber schon abdriftet und

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