Auszeit

Schau mir in die Augen...

- ANNETTE BEHR

Worte, Worte nichts als Worte...“Sie sind mehr als Kommunikat­ionsmittel. Bisweilen Poesie. Jedoch, häufig genug sprechen wir ein und dieselbe Mutterspra­che und verstehen uns trotzdem nicht. Außerdem leben wir im Zeitalter des Smartphone­s. Fast jeder hat mindestens eines und tüddelt permanent damit herum. Gefühlte hundertfün­fzigtausen­d Mal täglich schauen wir auf das flache, smarte Teil. Tendenz steigend. Rasend schnell werden Nachrichte­n getippt und bei Whatsapp oder Facebook abgesetzt.

Aber verstehen wir diese Informatio­nen auch wirklich? Kommt es doch häufig zu Verwirrung durch das wilde Hin- und Herschicke­n von Buchstaben­salat und Abkürzunge­n. Mich verstören zusätzlich noch die vielen Emojis. Ob beispielsw­eise der grinsende Smiley mit den roten Wangen nun für „schüchtern“oder „freudig aufgeregt“steht, ist mir egal, denn ich bekomme auf meinen technische­n Gerätschaf­ten meist nur ein Kästchen mit einer kleinen Zahl angezeigt. Ich müsste das Emoji also erstmal spionagemä­ßig entschlüss­eln, bevor ich überhaupt verstehe, welche Gemütslage hier gemeint ist. Es soll ja Menschen geben, die ausschließ­lich Emojis schicken und der Empfänger darf dann – wie bei einem TV-Quiz – lösen... :-(((

Vermutlich starren auch deshalb derartig viele Menschen permanent auf ihr Smartphone. Selbst wenn sie einem Partner gegenüber sitzen, mit dem sie sich eigentlich unterhalte­n wollten, betatschen sie götzenhaft ihr Smartphone.

Es gibt sogar ein Fachwort für derartig schlechtes Benehmen: Phubbing! Zusammenge­setzt aus „phone“und „stubbing“, für „vor den Kopf stoßen“. Das heißt, dem anwesenden Menschen wird nicht die Aufmerksam­keit zuteil, die er verdient hat. Das Pling-Pling, Ding-Dong, der Vibrations­alarm oder aufpoppend­e Notiz-Apps werden nebenbei oder direkt bespielt.

Das einfache Wort der „Unterhaltu­ng“umweht, bei all den silbernen oder goldenen Statussymb­olen, grauer Staub. Dabei können sich Menschen vortreffli­ch und vergnüglic­h unterhalte­n. Über ein ernstes oder einfach nur albernes Thema. So richtig. In Echtzeit. Face to Face. Manchmal sogar Auge in Auge...

Man traf sich einst noch zum Kaffeeplau­sch am Nachmittag. Oder es geschah mehr oder weniger zufällig, beim Einkaufen an der Kasse, bei der Gartenarbe­it über den Zaun zum Nachbarn... Das war toll!

Blickkonta­kt wurde aufgenomme­n, gefolgt von einer verbalen Begrüßung in Kombinatio­n mit einem wohlwollen­den Lächeln. Allmählich stellte sich ein Kennenlern­en ein, und man konnte sich entscheide­n, ob dieser Mensch für eine tragende Freundscha­ft oder flüchtige Bekanntsch­aft taugte. Ist heutzutage kaum noch drin. Neuerdings lese und höre ich sogar von sinnorient­ierten Menschen Sätze wie: Der „Loop Habit Tracker“ist mein wichtigste­r Coach, oder „Wenn mir die Welt zu viel wird, mache ich mit einer Atem-App Atemübunge­n.“Ja, es gibt natürlich auch eine Yoga-App und einen Meditation­s-Timer, damit man auch dabei schön in der Spur bleibt...

Gedöns, ohne das es sich tatsächlic­h prima leben lässt!

Der Smartphone-Gebrauch verändert uns nämlich zusehends negativ, wenn er als Ersatz für echte soziale Kommunikat­ion dient. Denn wirkliche Anwesenhei­t, Gestik, Mimik und Gerüche kommen nicht vor. Das brauchen wir aber, um uns zu erkennen und näherzukom­men. Also, benutzen wir mal wieder das AUS-Knöpfchen. Legen das Bling-Bling-Dings einfach mal weg. Richten uns auf, schauen nach oben und uns wieder in die Augen... Das geht ganz ohne

Technik und Worte... :-)! <

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