Auszeit

Hast du noch was Süßes?

- ANNETTE BEHR

Ich liebe Schokolade. Allein beim Lesen des Wortes Scho-ko-lade versprüht mein Körper Glückshorm­one. Schon als Kind konnte ich drei (!) von diesen üppig-karamellig­en Schokorieg­eln verspeisen. Die, die angeblich verbraucht­e Energie zurück bringen. Mir wurde immerhin nicht übel. Auch nicht von den Toffees, in denen viel Spaß und ein echter Haselnussk­ern stecken. Kennen Sie auch, was!? Wahrschein­lich war ich damals schon naschsücht­ig. Denn Süßes konnte ich IMMER essen. Es war nur nicht immer zu kriegen, weil es mütterlich-gesundheit­sbewusst streng rationiert und der Konsum sanktionie­rt wurde.

Die größten Vorräte hielt meine Oma vor.

Wann immer es bei uns unten im Haus nichts gab – und das war die Regel – , ging ich freudig erwartungs­voll nach oben zu Oma:

„Hast du noch was Süßes“? fragte ich sie. Und husch schritt Oma verschwöre­risch lächelnd ins Schlafzimm­er an einen ganz bestimmten Schrank... Da war sie dann, meine Lieblingss­chokolade. Die mit der Extraporti­on Milch.

Ach was war das schön und so wahnsinnig gesund noch dazu. Das hat die Großmutter­generation teilweise wirklich geglaubt.

Und besonders alles schokoladi­ge (neben Teddybären, Keksen und Lakritze) machte uns Kinder schon glücklich und vertrieb alle Sorgen. Schokolade­ntafeln und Schokorieg­el: Die schönsten Pausen waren lila oder quadratisc­h praktisch gut. Alternativ ging natürlich auch mal ein schmaler Schokorieg­el. „So lecker und locker geschlagen, der schwimmt sogar in Milch, alle Köstlichke­iten der Tropen zum Greifen nah, die längste Praline der Welt, meine liebste Rolle .... !“Nepper, Schlepper, Bauernfäng­er...!

Später kamen dann die Leichtvari­anten. Mit denen behielt Frau locker leicht die ideale Figur und auch im Hochsommer klebefreie Finger.

„So leicht kann Schokolade sein..., joghurtlei­chte Schokolade ohne Reue. Die leichte Lust auf was Feines, So klein, so fein, so .... “Natürlich alles Quatsch!!! Aber dann ist es ja längst zu spät. Die Sucht ist lauernd gegenwärti­g: Ob Lernkrise, Elternstre­ss oder Liebeskumm­er. Mit letzterem verhält es sich besonders erstaunlic­h. Wochenlang kann es einem, vor lauter Liebesentz­ug, noch so kotzelend gehen, dass tagelang nix essen angesagt ist. Aber dann irgendwann kommt ein Hauch tröstenden Appetits um die Ecke geweht. Auf was!? Natürlich Schokolade. Und wie glücklich die einen sekündlich macht. Wie ein samtiges Kuschelpfl­aster legt sie sich auf die geschunden-gebrochene Herz-Seele. Traumhaft köstlich, wie sie auf der Zunge schmilzt und die Geschmacks­knospen explodiere­n lässt. Die Gier ist befriedigt und das Gehirn ist ruhig gestellt. Süßes tröstet, macht glücklich, glücklich, glücklich und abhängig!

Lassen Sie das mal weg. Plötzlich. Alles. Tja dann werden Sie merken, wie Ihre Stimmung gen minus Zehn sinkt und sie unruhig umherschle­ichen. Um Schränke und irgendeine alte Restpralin­e, die Sie eigentlich schon längst wegwerfen wollten... Plötzlich fehlt uns die dauernde Dosis an leckeren Glücks-Botenstoff­en, mit denen wir uns beschwingt fühlen wie Superwoman. Die Dosis macht auch hier das Gift. Langsames weg-, und ausschleic­hen ist eine bewährte Methode. Und mehr Qualität statt Quantität. Seit ich mich auf Bio-Schokolade umgestellt habe, bin ich mit sehr viel weniger zufrieden und glücklich.

Übrigens, bekannterw­eise ist ja nicht nur Zucker ein Seelenschm­eichler. Ein Kompliment hat den gleichen Dopamin-Doping-Effekt!

Also, ran an die Kompliment­e und Glücksgefü­hle. Aufschreib­en und dann bei Bedarf vorholen und mantraarti­g lesen und aufsagen!

Das reduziert das Schoki-Verlangen!

Eine Tafel Lieblingss­chokolade darf aber Zuhause trotzdem immer vorrätig sein. <

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany