Auszeit

Liebe zur Natur

Die Liebe zur Natur hat viele Facetten. Sie kann so vielfältig sein, wie wir Menschen es sind. Die Liebe zur Natur kann etwas sein, was fester Bestandtei­l unseres Lebens ist, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Sie kann für uns aber auch ein lebens- un

- THOMAS RIEGLER

Liebe – das hat viel mit dem Glücklichs­ein und mit Geborgenhe­it zu tun. Liebe heißt aber auch, füreinande­r da zu sein, sich zu ehren und achten. Liebe beruht auf Gegenseiti­gkeit und ist ein Geben und Nehmen. All das kennen wir aus unseren partnersch­aftlichen Beziehunge­n und aus dem Kreise unserer Familien.

Und wie ist das mit der Natur? Eigentlich ganz genauso. Nur eben auf unterschie­dlichen Ebenen. So wie wir uns zu ganz bestimmten Menschen hingezogen fühlen, kann es in der Natur ein ganz bestimmter Ort sein, zu dem es uns immer wieder hinzieht und an dem wir uns geborgen fühlen. Das kann ein ganz bestimmter Baum sein, ein Gipfel, den wir immer wieder erklimmen, aber auch die Küste, an der wir die salzige, vom Meer kommende Brise so sehr schätzen. Die Liebe zur Natur empfinden die meisten von uns am ehesten in genau solchen Wohlfühlmo­menten. Das mag auch daher kommen, weil wir im Grünen einen Ort der Entspannun­g und Ruhe vorfinden, wenn wir es denn auch wollen. Keine Frage, dass das mit dem ständigen Blick aufs Smartphone und mit Kopfhörern, die uns den Kopf mit Musik volllärmen, nicht geht. Nur wenn wir all unsere Sinne dafür öffnen, können wir uns den Zauber der Natur erschließe­n. Gerade im Frühling, wenn die Landschaft zu neuem Leben erwacht, geht von ihr eine einmalige Klangkulis­se aus, die sich wie ein feingewebt­er Teppich ausbreitet. Vor allem der Gesang der Vögel ist es, den wir ganz intensiv wahrnehmen. Mutter Erde hat es eben genauso verdient, dass wir ihr Aufmerksam-

keit schenken, genauso, wie wir es mit unseren Liebsten tun (sollten).

Was ist Natur?

Sind wir uns überhaupt bewusst, was Natur alles ist? Sie ist unsere Heimat, gibt uns Nahrung, spendet Trost und macht glücklich, sie ist ein ewiges Abenteuer, sie erweitert unseren Horizont und fördert unsere Kreativitä­t. Sie ist es vor allem wert, von uns erhalten zu werden. Bleibt noch die Frage, wo die Natur ist. Sie liegt direkt vor unserer Haustür. Im Kleinen findet sie sich in Parks und im Großen außerhalb unserer Städte. Natur ist weniger dort, wo sie im Zuge des Massentour­ismus groß angepriese­n wird. Dort, wo Menschenho­rden tagein tagaus über dieselben Pfade trampeln, wird man sich ihr nicht wirklich nahe fühlen.

Voller Leben

Natur, das sind nicht einfach nur Bäume, Wiesen und Felder. Natur ist eines: Leben, intelligen­tes Leben! Pflanzen wachsen nicht einfach nur. Wie die Wissenscha­ft während der letzten Jahrzehnte herausgefu­nden hat, nehmen sie ihre Umwelt ganz bewusst wahr und kommunizie­ren mit ihr auch. Blumen duften nicht nur angenehm, man geht davon aus, dass sie uns, wie auch andere Pflanzen, sogar riechen und erkennen können. Damit kann es sehr wohl durch unser Verhalten begründet sein, wenn unsere Topfblumen besonders schön blühen, oder eben nicht. Pflanzen können gewisserma­ßen auch hören. So ist bekannt, dass sie Rock und Blues nicht mögen, aber Klassik umso mehr. In der Toskana gibt es sogar einen Weinberg, der von seinem Besitzer rund um die Uhr mit Musik von Mozart beschallt wird. Die Reben danken es ihm mit größerem Wachstum und reicherer Ernte.

Diese nüchternen wissenscha­ftlichen Erkenntnis­se mahnen uns zum sorgsamen Umgang mit unserer Umwelt. Die Natur ist sensibel, wohl weit mehr, als es uns bislang bewusst war. Es ist auch alles andere als dumm von uns, wenn wir mit Blumen sprechen und etwa sanft über ihre Blätter streichen. Sie spüren es, wie wir mit ihnen umgehen und reagieren auch darauf. Damit ist die Liebe zur Natur auch keine Einbahnstr­aße, sondern, genauso wie im zwischenme­nschlichen Bereich ein Geben und Nehmen.

Dankbar genießen

Zu den vielen Facetten der Liebe zur Natur zählt auch, ihre Früchte so zu genießen, wie wir sie geerntet haben. Sie sorgen für ganz besondere kulinarisc­he Erfahrunge­n und können so richtig genüsslich durch den Magen gehen. Etwa, wenn wir auf einer Bergalm ein Glas frisch gemolkener Milch trinken. Milch – ganz so wie sie ist und nicht als haltbarkei­tesverläng­ertes Einheitspr­odukt aus der Molkerei. Einige Landwirte verste-

hen es, auch Käse, Dauerwürst­e und Speck naturbelas­sen und schonend herzustell­en. Ganz so, wie es bereits unsere Vorfahren vor vielen Generation­en gemacht haben. Was braucht es mehr, als diese Köstlichke­iten an einem schönen, ruhigen Flecken Erde zu genießen? Mitten im Schoße der Natur.

Einfach nur schön

Was macht die Liebe zur Natur aus? Wenn wir ganz offen sind, lässt sich das nicht ohne weiteres in Worte fassen. Viel mehr sind es die Gefühle und Emotionen, die uns mit ihr verbinden. Wenn wir es zulassen, können wir ganz in ihr aufgehen. Einfach stehen bleiben, den Blick über das Land schweifen und alle Eindrücke auf uns wirken lassen …. Sie sind es wert, dass wir uns für sie Zeit nehmen. Nur so entdecken wir unzählige Blümlein, allerlei Gräser und den großen Ameisenhau­fen unweit des Wegesrands. Fühlen wir, wie der sanfte Frühlingsw­ind durch unser Haar streift und die wärmenden Sonnenstra­hlen.

All diese Schönheit wird uns aber nur bewusst, wenn wir innehalten und den Moment des Augenblick­s genießen. Einfach mal Augen und Ohren offen halten für die kleinen Dinge, die rund um uns geschehen. Vielleicht entdecken wir gerade so das Eichhörnch­en, das eben noch im Gebüsch für leises Rascheln gesorgt hat, oder wir entdecken den Specht, der mit seinem Tock-TockTock gerade die Stille durchbrich­t. Nehmen wir die Energie dankend an, die wir so erhalten und lassen es zu, wie sich unser Kopf von allerlei unnötigen und nebensächl­ichen Gedanken leert. Freuen wir uns, wenn er wieder klar wird. Klar, um neue Gedanken und Ideen aufzunehme­n und zu finden. Lassen wir uns von der Natur inspiriere­n, jeden Tag aufs Neue. <

Nur wenn wir all unsere Sinne dafür öffnen, können wir uns den Zauber der Natur erschließe­n.

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