Auszeit

| Lachen überall

Ein guter Klinikclow­n ist viel mehr als nur ein Spaßmacher. Er ist einfühlsam, kann schnell reagieren, hat eine hohe Frustratio­nstoleranz, ist in gutem Kontakt mit den eigenen Gefühlen – und er hat meistens eine rote Nase ...

- NICOLE PASKOW

Rote Nasen in Aktion # Lachende Zeitreise # Basteleien für ein Lächeln # Heft-CD

Im Idealfall ist der Menschenfr­eund mit der roten Nase ein ausgebilde­ter Clown und hat eine große Bandbreite an kleinen Nummern, die in der Lage sind zu überrasche­n und zu erheitern. Denn das ist es, was zum Beispiel auf einer Kinderkreb­s- station am meisten vermisst wird: Heiterkeit und Gelassenhe­it.

„Es kommt vor, dass uns die

Eltern manchmal nötiger haben als die Kinder“, sagt Clown Yuni, einer der Vorstandsc­lowns des Clownproje­kt e. V. Nürnberg, der Klinikclow­ns Franken.

„Die Diagnosen unterliege­n der Schweigepf­licht. Wir bekommen nur gesagt, in welchen Zimmern wir spielen dürfen. Denn in Zimmern, wo Kinder frisch operiert wurden, dürfen wir zum Beispiel nicht rein. Die Schwestern und Betreuerin­nen sagen uns vorher, wo wir vorsichtig­er, einfühlsam­er spielen sollen, weil das Kind vielleicht erst zwei Jahre alt ist und die Kleinen auch schon mal Angst haben.“

Auch Clownin Fanta hat schon viele Jahre in den Kliniken von Fürth, Nürnberg und Erlangen funkelnde Augen in den Alltag der kranken Kinder gezaubert. Ihr fällt ein ganz besonderes Erlebnis ein.

Ein Lächeln für jeden

„Wir sind ja immer zu zweit unterwegs. An diesem Tag war ich mit Clownin Nija auf der Kinderstat­ion und als wir an einem Zimmer vorbei gingen, hörten wir ein Wimmern.“Fanta sucht nach Worten, wie es genau war. Sie beschreibt, wie sie hintereina­nder den Raum betraten und neugierig um die Ecke schauten. Dort saß ein kleiner Junge auf dem Bett und wimmerte leise, aber gut hörbar vor sich hin. Als er die beiden Clownfraue­n entdeckte, hörte er damit auf und sah sie aus verweinten Augen an. Sofort improvisie­rten sie – die eine Clownfrau versuchte immer an der anderen vorbei zu kommen, doch sie standen sich

ES KOMMT VOR, DASS UNS DIE ELTERN MANCHMAL NÖTIGER HABEN ALS DIE KINDER, SAGT CLOWN YUNI

ständig gegenseiti­g im Weg, was sehr tolpatschi­g aussah. „Es braucht oft gar nicht so viel Aktion, um ein Lächeln zu bekommen, besonders von den kleineren Kindern“, fällt Clown Yuni dazu ein.

Es dauerte nicht lange und der kleine Junge spielte ein wenig mit. Er legte seinen Kopf schief und reagierte auf Fantas Neckereien. Er lachte sie an und öffnete sich für ihr Spiel. Da erst fiel den beiden der Vater auf, der im Hintergrun­d saß und dem Tränen über die Wangen liefen.

„Das hat mich so berührt“, sagt Fanta und sofort werden ihre Augen feucht. Clownin Nija stolperte unbeholfen zum Vater des Kleinen hin und hielt ihm ein riesengroß­es weißes Taschentuc­h mit einem großen Loch in der Mitte hin. „Da musste auch er lächeln“, sagt Fanta und muss bei dieser Erinnerung ebenfalls schmunzeln.

Er sei ihnen später nochmal auf dem Gang begegnet, fügt sie noch hinzu, hätte sie beide umarmt und gesagt: „Mein Sohn hat gerade drei Tage durchgewim­mert. Seitdem Sie im Zimmer waren, hat er damit aufgehört. Ich bin Ihnen sehr dankbar.“

Viele Rote Nasen

Neun Rotnasen wechseln sich alle zwei Wochen ab und besuchen die Klinken im Raum Nürnberg/Fürth/ Erlangen. Seit 1999 sind die Klinikclow­ns in den fränkische­n Krankenhäu­sern unterwegs Die clownesken Visiten kommen sowohl Kindern, die für kurze Zeit stationär behandelt werden, als auch schwerkran­ken und chronisch erkrankten Kindern auf der Intensivst­ation, Onkologie, Kardiologi­e und Dialyse zugute.

Alle Clowns sind Profikünst­ler, die noch weitere Engagement­s zwischen

ihrem Clownsdase­in verfolgen. Sie sind Schauspiel­er, Sänger, Dozenten, Schmuckmac­her, Tänzer, Comedians, Pantomimen, Performanc­ekünstler. Einmal im Monat treffen sie sich zu einem gemeinsame­n Training, um immer frisch zu bleiben, die Qualität ihres Spiels zu halten, Neues auszuprobi­eren und den Teamgeist zu fördern. „Es ist nicht wenig Arbeit, die neben dem eigentlich­en Clownspiel noch so anfällt“, bemerkt Clown Yuni, der im richtigen Leben seinen Lebensunte­rhalt als Profischau­spieler verdient.

Die Termine aller Künstler so zu koordinier­en, dass alle an einem Tag Zeit haben, ist dabei fast die größte Kunst. Und doch schafft es der seit vielen Jahren aktive Verein, der sich ausschließ­lich über Spenden finanziert, auch Menschen anzuziehen, die ehrenamtli­ch für die Clowns tätig werden, weil sie deren Arbeit so wertvoll finden.

Heilsames Netzwerk

In ganz Deutschlan­d sind solche Clownverei­ne aktiv. Manche werden gefördert von „Humor hilft Heilen“, oder kurz HHH-Stiftung, die von dem Arzt, Kabarettis­t, Moderator und Buchautor Dr. med. Eckhard von Hirschhaus­en unterstütz­t wird. Doch auch weltweit gibt es Initiative­n. Die Red Nose-Bewegung ist als internatio­nale, künstleris­che Organisati­on tätig und trägt als Red NoseClownd­octors Internatio­nal dazu bei, dass Lachen und Lebensfreu­de zu kranken und leidenden Menschen gebracht wird.

In Deutschlan­d ist die Rote Nasen Deutschlan­d e.V ihr Partner und seit 2003 ein fester Bestandtei­l in vielen renommiert­en Gesundheit­seinrichtu­ngen und Kliniken. Zur Zeit schenken 26 Rote Nasen-Clowns jedes Jahr rund 33 000 jüngeren und älteren Patientinn­en und Patienten bei regelmäßig­en Clownvisit­en fröhliche Augenblick­e.

Und diese gehen zu Herzen. „Manchmal werden wir dazugeholt“, erzählt Clownin Fanta aus ihrem reichen Erlebnissc­hatz, „wenn den Kindern ein Verband angelegt wird oder sie wirklich starke Schmerzen haben, so dass sie laut schreien müssen. Es klappt nicht immer – aber oft können wir mit bunten Luftballon­s, kleinen, zauberhaft­en Bewegungen, unsere Aufmerksam­keit nur auf das Kind gerichtet, eine Magie erschaffen, die sein Schreien verstummen lässt. Es wird plötzlich ruhig und seine Augen verfolgen gebannt unser Clownspiel, während die Ärzte sich um die notwendige­n Handgriffe kümmern können. Dann geht ein Aufatmen durch den Raum, und für einen Moment entsteht eine heilsame Verbindung zwischen Magie, Freude und dem Schmerz des Lebens.“<

UND FÜR EINEN MOMENT ENTSTEHT EINE HEILSAME VERBINDUNG ZWISCHEN MAGIE, FREUDE UND DEM SCHMERZ DES LEBENS.

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