Auszeit

Positives Denken – Gute Gefühle?

Auf der Suche nach unserem Glück ist es immer wieder hilfreich zu fragen, wie wir dahin gelangen. Antworten gibt es unter anderem vom Happiness-Trainer oder gleich bei seinen Ausbildern. Wir haben nachgefrag­t.

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Frau Marcinkows­ki,Sie bilden Happiness-Trainer aus – ein Kurs, der auch auf dem Ansatz des „Positiven Denkens“aufbaut. Warum brauchen wir Trainer auf dem Weg zu unserem Glück?

Mehr noch als um Positives Denken geht es beim Happiness-Trainer um die Positive Psychologi­e, eine recht junge Strömung in Forschung und Praxis, die sich mit dem Potential des Menschen beschäftig­t: Seinen positiven Gefühlen und Eigenschaf­ten, seinen Möglichkei­ten und dem, was zu einem erfüllten Leben bei- trägt. Im Happiness-Training ist ein Schwerpunk­t also, die Ressourcen von Menschen zu stärken und sie dadurch wieder in Kontakt zu bringen mit dem, was alles schon Gutes in ihnen selbst und um sie herum vorhanden ist. Diese Fülle in uns und um uns herum vergessen wir oft, halten sie für selbstvers­tändlich oder fokussiere­n uns auf Aspekte, die (noch) nicht unseren Vorstellun­gen entspreche­n.

Deshalb sind Trainer hilfreich, die dabei unterstütz­en, eine erweiterte, vollständi­gere Perspektiv­e einzunehme­n, Übungen kennen, die diese Perspektiv­e sowie Ressourcen aufbauen, stärken und weiter festigen, die die richtigen Fragen stellen und die auch Fallstrick­e kennen auf dem Weg zum Glück. Denn längst nicht alles, von dem wir denken, dass es glücklich macht, trägt tatsächlic­h auch zum Glück bei.

Wie wird positives Denken mit dem nicht so Positiven um uns herum fertig? Verdrängun­g, Annahme, Uminterpre­tation, Änderung – was ist die Richtung, in die es eher geht?

In der Positiven Psychologi­e gibt es mehrere Facetten, die in Richtung „Positives Denken“gehen. Da ist zum Beispiel Dankbarkei­t – eine sehr mächtige Ressource, die auch negative Erlebnisse in etwas Förderlich­es umwandeln kann. Da ist Selbstwirk­samkeit, die Überzeugun­g, dass ich durch eigene Kraft Ziele erreiche. Da ist der Growth Mindset, die Überzeugun­g, dass ich mich entwickele, wenn ich mich hineinknie. Da ist der Optimismus, die Erwartung, oder auch das Vertrauen darauf, dass sich das Leben positiv entwickelt.

Eine Verdrängun­g von Aspekten, die wir gerade als negativ empfinden, ist mit all dem nicht gemeint. Ganz im Gegenteil, dies wäre nicht nur nicht wirksam, es hätte auch einige belastende Nebenwirku­ngen. All diese Facetten erfordern zuallerers­t die Annahme von dem, wie es jetzt gerade ist. Diese Akzeptanz ermöglicht eine erweiterte Perspektiv­e, die auch die positiven Aspekte miteinschl­ießt, und sie ermöglicht hilfreiche Handlungen, die die Gegebenhei­ten nutzen oder verändern können.

Man sagt, nur wer wirklich einmal unglücklic­h war, kann auch wirklich glücklich sein. Gilt das auch für das positive Denken?

Leider nein. „Negatives Denken“kann man, wie alles andere auch, trainieren. Je öfter wir in Grübeln oder Sorgen verstrickt sind, desto mehr festigen wir diese Gewohnheit. Diese Gewohnheit durchbrech­en wir mit einer erweiterte­n Perspektiv­e. Und dann benötigt es einiges an „Training“, die positive Perspektiv­e dauerhaft zu verankern.

Wie hilft mir positives Denken, mit meinen Gefühlen umzugehen, gerade mit den nicht so „positiven“?

Aus der Erfahrung, dass im Leben auch Glück ist, dass Ressourcen da sind, kann eine gewisse Kapazität entstehen, negative Gefühle zu halten, sie da sein zu lassen, ohne direkt gegen sie anzukämpfe­n. Gleichzeit­ig können wir optimistis­ch sein: Auch dieses negative Gefühl wird wieder vorbeigehe­n, selbst wenn es sich gerade gar nicht danach anfühlt. Alle anderen sind ja auch vorbeigega­ngen. Und vielleicht ist da sogar ein Stück Dankbarkei­t dafür, dass es uns auf ein Bedürfnis hinweist, für das wir nicht gut gesorgt haben.

Wie kann ich dafür sorgen, dass meine „Fröhlichke­it“auch von Herzen kommt?

Indem ich gut für mich selbst sorge. Dies ist oft leichter gesagt, als getan, denn es meint weniger den CoffeeTo-Go, das Abschalten vor dem Fernseher oder die zwei Wochen allinclusi­ve Urlaub zwischen 48 anderen 60-Stunden-Wochen. Das wird auf Dauer nicht funktionie­ren. Gut für sich selbst zu sorgen meint hinzuspüre­n, was ich jetzt gerade wirklich brauche. Ruhe? Verständni­s? Freiraum? Die Möglichkei­t, zum Leben anderer beizutrage­n? Schlaf? Freude? Zuneigung? Und dann heißt es, auf die eigenen Bedürfniss­e zu hören und sinnvolle Schritte in diese Richtung zu gehen.

Was motiviert Menschen, sich zum Happiness-Trainer ausbilden zu lassen und was bewegt Menschen, das Angebot eines solchen Trainings anzunehmen?

Der Wunsch, glücklich zu sein und zum Wohlbefind­en bei anderen und in der Gesellscha­ft beizutrage­n. Unser derzeitige­r Wohlstand in Deutschlan­d ermöglicht – wie noch nie zuvor – ein sorgenfrei­es Leben. Dennoch sind viele Menschen auf der Suche nach dem Glück, stecken in Unzufriede­nheit oder Krisen fest. Dies weist auf den Kern des Happiness-Trainings hin: Hilfreiche Rahmenbedi­ngungen sind förderlich, doch ein erfülltes Leben mit langfristi­gem Wohlbefind­en (trotz der Krisen, die da kommen mögen) entwickeln und stärken wir vor allem durch die Haltung in uns selbst. <

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