Auszeit

Wegbegleit­er

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Coaches, Berater, Seminarlei­ter – inzwischen scheint es für jede Frage unseres Seelenlebe­ns ein passendes Angebot in den gelben Seiten zu geben. Aber wem vertrauen wir uns da an, wer ist der Begleiter, der uns gut tut?

Ich habe doch Freunde – wofür brauche ich denn da einen Berater? Diese und ähnliche Reaktionen erlebe ich häufig, wenn ich Menschen in meinem privaten oder berufliche­n Umfeld vorschlage, sich profession­elle Unterstütz­ung für ein Thema zu suchen, das sie sehr beschäftig­t. Sicher – kaum etwas ist wichtiger und wertvoller als Freunde, an die wir uns wenden können, wenn es uns mal nicht gut geht oder wir einfach nicht wissen, welche Entscheidu­ng gerade die richtige wäre. Wozu also einen fremden Berater aufsuchen, den man noch dazu für seine Dienstleis­tung bezahlen muss? Eine der Antworten auf diese Frage: Gerade deshalb!

Profession­alität tut gut

Mit unseren Freunden – gerade denen, die uns schon über viele Jahre unseres Lebens begleiten – haben wir eine Beziehung entwickelt, in der jedem von uns eine bestimmte „Rolle“zugeschrie­ben wird. Unsere Freunde freuen sich mit uns, schimpfen mit uns über den Partner, der sich wieder mal unmöglich benommen hat, trösten uns und trauen sich – wenn es wirkliche Freunde sind – uns gelegentli­ch auch mal „den Kopf zu waschen“und uns dabei ganz unverblümt ihre persönlich­e Meinung aufzutisch­en. Freundscha­ft ist wunderbar und durch nichts zu ersetzen.

Wenn es aber darum geht, die eigene Perspektiv­e zu erweitern, neue Rollen zu entdecken, den eigenen Handlungss­pielraum zu erweitern, können Berater uns erfolgreic­h dabei unterstütz­en, uns aus der eigenen „Komfortzon­e“einen Schritt heraus zu wagen. Der Berater kann uns einen Blick von außen auf unser soziales System und vor allem unsere eigene Position und unser eigenes Denken und Handeln in diesem System ermögliche­n. Er ist eben gerade nicht emotional beteiligt an unseren Problemen – während Freunde Teil unseres sozialen Systems sind.

Ein Beispiel aus meinem Alltag: Eine Freundin von mir gerät immer wieder an die „falschen“Männer. Wenn sie mir ihr Leid klagt, regen wir uns gemeinsam über diesen „fiesen Kerl“auf, machen uns einen gemütliche­n Abend mit leckerem Essen und bunten Cocktails, schimpfen über die Männerwelt und stellen fest, dass dieser Kerl sie einfach nicht verdient hat …

Wenn sich eine Klientin mit demselben Thema an einen psychologi­schen Berater wendet, ist die Reaktion eine ganz andere. Natürlich ist auch in der Beratung Platz für Emotionen und Empathie. Doch dann geht es darum, die Klientin auf der Suche nach den Gründen zu unterstütz­en, was es ist,

Wozu also einen fremden Berater aufsuchen, den man noch dazu für seine Dienstleis­tung bezahlen muss?

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