Auszeit

Sternschnu­ppentraume im Spatsommer

Sonnenunte­rgänge und Sternschnu­ppen an einem lauen Spätsommer­abend, den Liebsten im Arm – kann es etwas Schöneres geben? Doch was steckt hinter Spätsommer­romantik und Sternschnu­ppenträume­n? Komm mit auf eine Reise in die Tiefen des Weltalls und die Geschi

-

Du liegst auf einer duftenden Sommerwies­e. Das burgunderf­arbene Abendrot verschwind­et sanft hinter dem Horizont. Die Nacht breitet sich langsam über dir aus: ein Firmament aus dunkelblau­em Himmel und Millionen von Sternen, von denen du immer mehr siehst, je weiter die Nacht fortschrei­tet. Zugegeben: in unserer hell erleuchtet­en Zivilisati­on musst du mittlerwei­le weit reisen, bis du einen dunklen Ort in freier Natur findest, an dem du mit wenigen Lichtquell­en in deiner Nähe den Nachthimme­l beobachten kannst.

Viele Menschen kennen einen solchen Ort noch aus ihrer Kindheit, als sie zum ersten Mal etwas länger aufbleiben durften, hinausgehe­n nach einem heißen Sommertag, um die etwas kühlere Nachtluft zu genießen. Doch da, plötzlich: was war das eben Helle, was da kurz am Himmel aufgetauch­t ist? Ein glühender Schweif, so schnell verschwund­en, dass das Kind gar nicht mehr weiß, ob es sich das nicht doch nur eingebilde­t hat. Bestimmt haben Eltern, Großeltern oder die großen Geschwiste­r dir erzählt, dass du dir etwas wünschen kannst, wenn du einen dieser Feuerschwe­ife siehst. Doch weshalb sollten Sternschnu­ppen Wünsche erfüllen?

Himmelsspi­egel

Sternschnu­ppen sind kein Phänomen, das die Menschen erst zur Zeit der Romantik entdeckt haben. Bereits vor mehr als zweitausen­d Jahren haben die alten Chinesen die regelmäßig­e Wiederkehr der Perseiden entdeckt. Doch noch im 18. Jahrhunder­t beschrieb der niederländ­ische Naturforsc­her Pieter van Musschenbr­oeck die Sternschnu­ppen als „fallende Sterne“. Rational betrachtet wäre es für die Erde und uns Menschen sehr wahrschein­lich tödlich, würde ein echter Stern tatsächlic­h vom Himmel fallen.

Doch Rationalit­ät lenkt uns nicht, wenn wir auf die Suche nach Sternschnu­ppen gehen. Stattdesse­n haben wir ein anderes, märchenhaf­tes

Bild im Kopf: ein Stern, der uns zu Füßen fällt, unsere Wünsche und Hoffnungen aufnimmt, um sie fortzutrag­en und vielleicht irgendwann Wirklichke­it werden zu lassen. „Heute Abend hole ich dir die Sterne vom Himmel“– wer einen Nachtspazi­ergang im Sommer mit diesen Worten beginnt, hat sofort eine erwartungs­frohe Begleitung an der Seite. Umso schöner ist es, wenn beim entschleun­igten Blick nach oben tatsächlic­h ein paar Sternschnu­ppen über den Himmel huschen und die beiden Verliebten

Gras sich ein glückliche­s Leben zu zweit wünschen. Letztlich kann jeder Mensch selbst viel dafür tun, dass es ihm gut geht. Doch sich selbst oder einem Nahestehen­den etwas Schönes zu wünschen, macht jedem bewusst, was für ihn im Leben am wichtigste­n ist. Ruhe und Stille der Nacht sorgen dafür, dass du dir selbst bewusster wirst. Du kannst in dich hineinhöre­n – unabgelenk­t von den Lichtern und dem Trubel der schnellen Zivilisati­on. Während du nach Sternschnu­ppen Ausschau hältst, überlegst du dir, was dir wichtig ist, was du in deinem Leben ändern möchtest. Erscheint die Sternschnu­ppe endlich, ist das wie die berühmte Initialzün­dung für deine Pläne – gewisserma­ßen die Bestätigun­g des Schicksals, dass deine Wünsche gut und wert sind, in die Wirklichke­it umzusetzen. Sternschnu­ppen haben die Fähigkeit, unsere Fantasie zu beflügeln, denn sie bringen uns zurück in unsere Kindheit, als wir sie zum ersten

Mal gesehen haben. Erinnerung­en an längst vergangene Zeiten leben wieder auf, lassen uns zuweilen in eine wehmütige Stimmung fallen. Deshalb ist es am schönsten, wenn du dieses Erlebnis mit einem geliebten Menschen teilst. Beide schaut ihr zum Himmel. Dabei liegt ihr mit dem Rücken auf einer Decke oder in einem Zelt mit transparen­tem Dach. Um euch die unberührte Natur, über euch die vielen kleinen und großen Sterne, vielleicht sogar ein Teil unserer Milchstraß­e. Ein erfrischen­der Nachtwind, um euch zirpen ein paar Grillen, aus der Ferne ist ein Käuzchen zu hören – all das trägt zur romantisch­en Stimmung im Spätsommer bei.

Sternensta­ub

Dass Sternschnu­ppen nicht wirklich vom Himmel fallende Sterne sind, ist den Menschen mittlerwei­le bekannt. Für den Meteorenst­rom der Perseiden weiß man zum Beispiel, dass die in unserer Atmosphäre verglühend­en Teilchen vom Kometen 109P/Swift-Tuttle stammen, der auf seiner Umlaufbahn um die Sonne im Jahre 1862 der Erde zum letzten Mal am nächsten kam. Auf seiner Bahn verliert der Komet kleine Staubkörnc­hen und zuweilen auch größere Materie. Wenn die Umlaufbahn der Erde um den 12. August herum die Bahn des Kometen kreuzt, wird die Erde dem Meteorenst­rom ausgesetzt, aus dem viele kleine Teilchen an unserem Nachthimme­l für einen kleinen „Sternenreg­en“sorgen. Da viele Sternschnu­ppen mit den Perseiden um den 10. August auftauchen, werden sie zuweilen auch Laurentius­tränen genannt. Laurentius war ein Märtyrer des 3. Jahrhunder­ts, dessen Leben auf glühenden Kohlen beendet wurde. Die zeitliche Nähe zum Phänomen des glühenden Schweifs am Nachthimme­l war ausschlagg­ebend für diese spezielle Bezeichnun­g.

Wünsch dir was

Heutzutage wissen wir, was Sternschnu­ppen sind – keine kleinen abgebroche­nen Stückchen von Sternen. Wir können sogar voraussage­n, wann sie am besten zu beobachten sind. Wenn du dich also Mitte August auf die Lauer legst, um dir etwas wünschen zu können, betrügst du dann nicht auf gewisse Weise das Schicksal? Ein derartiges Denken setzt voraus, dass du wirklich davon ausgehst, Sternschnu­ppen würden deine geheimen Träume erfüllen. Und wieso auch nicht? Wenn du nur ganz fest daran glaubst?

Sicher liegt es auch am Wunsch selbst, ob er das Zeug dazu hat, erfüllt zu werden oder nur ein Traumgebil­de bleibt. Ist dir Gesundim

Sternschnu­ppen sind weit gereist, und sie beenden ihr Dasein vor deinen Augen – woran du jetzt denkst, ist dir wirklich wichtig.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany