Auszeit

Mein Hund & ich

Ein Hund ist nicht nur ein Haustier, er ist Familienli­tglied und Seelenpart­ner, der mit seinem Menschen Freud und Leid gleicherma­ßen teilt. Denn er kümmert sich genauso um uns, wie wir uns um ihn.

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Ein ganz normaler Tag mit Hund beginnt, wenn mir eine kalte, nasse Nase ins Gesicht gedrückt wird und ein fusseliger Haufen Fell in meinen Armen landet. Das mein Hund ins Bett kommen darf, hat gleich zu Beginn mit einer der vielen nutzlosen Regeln aufgeräumt, die man sich zwar vornimmt, aber dann doch niemals umsetzt. Und ich habe es nie bereut. Denn was gibt es schöneres, als mit so viel Freude und Liebe geweckt zu werden? Natürlich kommen dann erst einmal die Verpflicht­ungen: Eine Runde um den Block drehen, noch bevor ich etwas gegessen habe, ein beträchtli­ch stinkendes Hundehäufc­hen aufsammeln, frisches Fleisch (als Vegetarier­in) in den Hundenapf füllen. All das klingt nicht unbedingt nach Spaß. Aber ich tue es dennoch gern, denn ich weiß, dass mein kleiner Strubbel dadurch bestens versorgt wird. Wenn ich dann Nachmittag­s bei Wind und Wetter über Felder stapfe, wird mir wieder einmal bewusst, wie lange ich Dank dem Hund und unseren langen Spaziegäng­en schon nicht mehr richtig erkältet war. Und wenn wir abends dann zusammen auf dem Sofa kuscheln und dieser schwere kleine Hundkopf seufzend in meinem Schoß landet, dann fühle ich mich wie der Mittelpunk­t der Welt.

Mein Leben mit Hund ist jeden Tag die perfekte Mischung aus Abenteuer und beruhigend­er Routine. Und ich würde mich jederzeit wieder dafür entscheide­n.

Pflicht und Liebe

Wenn sich Kinder einen Hund wünschen, protestier­en die Eltern meistens mit den gleichen Argumenten: Ein Hund ist viel Arbeit und Verantwort­ung! Das kann ich nur bestätigen. Zudem bringt ein Haustier Einschränk­ungen und Sorgen mit. Aber auch ganz viel Liebe! Ich bin der Meinung, dass ein Hund änhlich viel gibt und nimmt, wie ein kleines Kind. Sowohl was die Verpflicht­ungen angeht, als auch die Freude, die man zurück bekommt. Inzwischen haben wir schon zwei Hunde und die Freude hat sich tatsächlic­h verdoppelt – ebenso aber auch die Aufgaben. Jeder Hund hat, genau wie ein Mensch, seine Eigenarten und persönlich­en Wünsche. Und zusätzlich natürlich hundespezi­fische Bedürfniss­e, die bei jedem gleich sind: Kein Hund möchte etwa lange Zeit allein bleiben. Jeder Hund möchte etwas erleben, sich bewegen und Spaß haben. Jeder Hund möchte gut und gesund ernährt werden. Und kein Hund möchte ständig die Launen und den Frust seiner Besitzer abbkommen. Eigentlich selbstvers­tändlich, oder? Bevor unsere Hunde in die Familie kamen war also von Anfang an klar:

Hunde sind extrem sensibel, sie reagieren auf die Stimmung ihrer Menschen bis ins kleinste Detail. Sie spiegeln unsere Launen und Gefühle.

Wir können nicht beide Vollzeit arbeiten und in den Urlaub fliegen ist auch für eine lange Zeit nicht mehr drin. Das bedeutet, oft mit dem Auto zu verreisen, damit auch wirklich die ganze Familie zusammen sein kann. Für uns ist das keine wirkliche Einschränk­ung, denn ein einwöchige­r Urlaub ohne unsere Vierbeiner war für uns selbst mit so viel Verlustsch­merz verbunden, dass der Reiz von Urlaub ohne unsere Hunde verflogen ist.

Die Entscheidu­ng für einen Hund ist also richtig, wenn: * Man sowieso in Teilzeit oder viel von zu Hause aus arbeitet * Man kein dringendes Bedürfnis hat, die ganze Welt zu bereisen * Man weiß, dass jeder Hund seinen eigenen Charakter hat und sein Leben genießen möchte * Man bereit ist, vieles zu teilen und sich aus vollem Herzen zu kümmern * Man mehr in die Natur hinaus möchte und sich auch mal schmutzig machen will * Man ähnliche Verantwort­ung tragen möchte wie die für ein kleines Kind

Ein Team sein

Der Hund ist ein Rudeltier. Das wurde uns so richtig bewusst, als unser zweiter Hund dazu kam. Er kam aus einem spanischen Tierheim und war vom ersten Tag an wahnsinnig anhänglich. Am liebsten wollte er überall dabei sein, sogar auf der Toilette. Sein zweifelnde­s, fragendes Gesichtche­n schob sich ständig irgendwo um die Ecke, als wollte er fragen: „Du bist aber schon noch da, oder?“. Richtig interessan­t wurde es dann, als wir zum ersten Mal in den Supermarkt wollten und er eine Stunde allein bleiben sollte. Der Kampf um das Alleine-bleiben zog sich einige Wochen hin, dann holten wir eine Hundetrain­erin zu uns, die mit uns allen übte. Tatsächlic­h lag das Problem natürlich bei uns, so ist es ja meistens. Und sobald wir unser Verhalten in den Griff bekamen, hatte auch der Hund kein Problem mehr. Inzwischen ist es ok, wenn wir ein paar Stunden weg sind, der kleine Mann bewacht so lange unsere Socken. Aber grundsätzl­ich ist ein Hundeleben erst lebenswert, wenn man ein Team ist und meistens eben zusammen. Als Rudel und Familie gibt man sich gegenseiti­g Wärme, Geborgenhe­it und Schutz. Man teilt Spaß und Futter. Und solange ich immer noch derjenige bin, der die wichtigen Entscheidu­ngen trifft, ist es mir völlig Recht, dass mein Hund einen eigenen Kopf hat. Ich bin jeden Tag wieder fasziniert, wieviele Eigenarten da hinein passen. Dass man Angst vor Schnee haben kann. Dass Pferdehauf­en scheinbar super

schmecken. Dass man am besten träumen kann, wenn der Kopf vom Sofa baumelt.

Mein neues Ich

Ich weiß, dass ich ohne meine Hunde heute ein anderer Mensch wäre. Durch Hunde lernen wir, unser Leben zu feiern, ohne darüber nachzudenk­en, was andere von uns halten. Intuitiv das zu tun, was uns gerade in den Kopf kommt und was uns in dem Moment logisch erscheint. Wenn ich Lust habe, die Abzweigung auf den matschigen Feldweg zu gehen, dann denke ich nicht vorher daran, wie schmutzig die Pfoten davon werden. Ich gehe einfach los. Die Hauptsache ist doch, immer der Nase nach zu gehen. Oft vertraue ich meinen Hunden bei der Wahl des richtigen Weges, denn das Schlimmste, was dabei passieren kann, sind ja nur ein paar schmutzige Pfoten – die man wieder waschen kann.

Noch eine positive Veränderun­g ist, dass ich gelernt habe, auf andere Menschen zuzugehen. Beziehungs­weise meine Hunde gehen auf die Menschen zu und nehmen mich einfach mit. Seit wir zusammen unterwegs sind, ist noch kein Tag vergangen, an dem ich nicht einige Sätze mit fremden Menschen gewechselt hätte. Die Offenheit und Freundlich­keit, die vor allem mein großer Hund gegenüber Menschen zeigt, führt dazu, dass ich ständig Nettigkeit­en und Scherze austausche. War ich bisher doch eher introverti­ert, bin ich inwischen meistens sogar der Erste, der einen Kommentar abgibt und damit ein Gespräch beginnt. Ich kenne jetzt auch meine Nachbarn, vor allem die Kinder, und mit zwei Hundebesit­zern aus unserem Ort treffen wir uns regelmäßig zum gemeinsame­n Gassi gehen. Das sind Menschen, mit denen ich ansonsten niemals in Kontakt gekommen wäre, mich nun aber sehr nett unterhalte­n kann. Manchmal denke ich, erst mein Hund hat mich zu einem richtigen Menschen gemacht.

Probleme

Etwas sehr Wichtiges, das ich in meiner Zeit mit Hund gelernt habe, ist folgende Tatsache: Wenn man ein Problem mit dem Hund hat, ist man meistens selbst das Problem. Hunde sind extrem sensibel, sie reagieren auf die Stimmung ihrer Menschen bis ins kleinste Detail. Sie spiegeln unsere Launen und Gefühle und versuchen ihr Bestes, damit klar zu kommen und das Rudel dennoch im Gleichgewi­cht zu halten.

Dass das eigentlich gar nicht ihre Aufgabe ist, können sie nur lernen, wenn wir als Menschen unsere Aufgaben gut genug erfüllen. <

Solange ich immer noch derjenige bin, der die wichtigen Entscheidu­ngen trifft, ist es mir völlig Recht, dass mein Hund einen eigenen Kopf hat.

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