Auszeit

010 | Mein Weg

# Was treibt mich an?

- SABINE BROMKAMP

Viele Menschen verrichten tagtäglich ihre Arbeit, um das eigene Leben finanziere­n zu können. Ein Dach über dem Kopf, Nahrung, Bildung, vielleicht ein Hobby. Gleichzeit­ig ist immer wieder die Angst spürbar, den aktuellen Lebensstan­dard nicht mehr halten zu können oder den Job zu verlieren. Diese Angst treibt uns morgens immer wieder aus dem Bett. Leistung bringen, den Regeln entspreche­n, den Chef bloß zufrieden stellen und kein Risiko eingehen. Ja, das ist ein Antreiber, den viele von uns kennen. Ich übrigens auch. Bis es einen Wendepunkt in meinem Leben gab. Nach meiner Elternzeit sollte ich in meinen alten Job zurück. Ich war im Vertrieb tätig, im Innendiens­t und saß dort im Büro. Und noch bevor ich wieder auf meinem alten Bürostuhl saß, spürte ich so deutlich, dass ich Familie und Job so schlecht unter einen Hut bekommen konnte.

Der Job war stressig, forderte alles von mir und es gab Zeitdruck ohne Ende. Dort konnte man nicht zu einer bestimmten Uhrzeit „den Bleistift fallen lassen“, sondern musste erledigen, was es zu erledigen gab; sofort. Meine Kinder waren 3 und 4 Jahre alt, unser Haus war recht frisch gebaut und ich fühlte schon eine Überforder­ung, noch bevor ich den alten

"Wollte ich tatsachlic­h morgens aus dem Bett steigen und die Angst mein Antreiber sein lassen? Nein."

Job wieder antrat. Was ist, wenn meine Kinder ständig krank sind? Was ist, wenn ich mal krank bin? Was ist mit Bronchitis, Läusen und Co.? Gerade in der Kindergart­enzeit sind Kinder oftmals wirklich anfällig und alle Nase lang steht irgendwas an, was man so nicht einplanen konnte.

Ehrliche Antworten

Da ging ich in mich und wusste, dass jetzt die Zeit gekommen ist, wirklich ehrlich mit mir zu sein. Ich stellte mir die Frage, was mir wirklich wichtig ist im Leben. Ich hinterfrag­te meine eigenen Werte. Was muss erfüllt sein, damit ich zufrieden bin? Welche wichtigen Basics müssen in meinem Leben auf festen Säulen stehen, damit ich alles Weitere darum herum aufbauen kann?

Mir war natürlich vollkommen klar, dass meine Familie an 1. Stelle stand und mir nichts wichtiger war, als für meine Kinder da sein zu können. Es hätte mein Unglück bedeutet, diesen wichtigen Wert, den ich der Familie gab, zu übergehen. Außerdem stellt ich mir die Frage, ob ich wirklich „so“ leben wollte. Wollte ich tatsächlic­h morgens aus dem Bett steigen und die Angst mein Antreiber sein lassen? Wollte ich wirklich, dass die Angst, all die Herausford­erungen und Verpflicht­ungen nicht zu schaffen, mich immer wieder über meine Grenzen gehen lassen? Und wollte ich, dass es mir so geht wie vielen anderen Menschen, deren innerer Antreiber daraus besteht, den Alltag irgendwie bewältigen zu können?

Ich spürte so sehr, dass in mir immer mehr Widerstand aufkam. Widerstand gegen das Leben, wie es offensicht­lich zu sein hatte: stressig, voller Verpflicht­ungen und am Ende hat man gar nicht wirklich gelebt. In meinem Umfeld konnte ich es so oft beobachten. Die Menschen gingen einer Arbeit nach, die nicht wirklich sinnerfüll­t war, konnten finanziell keine großen Sprünge machen und lebten eigentlich nur, um zu arbeiten. Die Wozu-Frage bohrte sich immer tiefer in mein Herz. Wozu das Ganze? Wozu mein Leben lang in diesem Kreislauf von Arbeit und Stress stecken? Wozu lebe ich eigentlich? Was soll das Ganze überhaupt? Ich sehnte mich nach tiefem Sinn. Das konnte doch wirklich nicht alles gewesen sein.

Richtungsw­echsel

Als ich mich mit all diesen Fragen beschäftig­te, veränderte sich mein innerer Antreiber. Ich stand morgens nicht mehr auf, um meinen Alltag bewältigen zu können, um eine gute Mutter, Hausfrau und Angestellt­e zu sein. Ich stand auf, um meine ganz persönlich­e Welt zu verändern. Ich wollte etwas anders machen. Ich wollte raus aus diesem

typischen Leben zwischen Stress, Erschöpfun­g und ein klein wenig Freizeit. DAS konnte es doch wirklich nicht sein. Dieses Leben würde dem wirklichen Leben, sicher nicht gerecht werden. Ich kündigte meinen Job und entschied mich für die Selbststän­digkeit. Mein großes Glück war mein Mann, der mir immer den Rücken stärkte, auch wenn ich am Anfang noch keinen großen finanziell­en Beitrag leisten konnte. Ich liebte meine Familie, wollte für meine Kinder da sein und, zunächst stundenwei­se, auf selbststän­diger Basis meine berufliche Erfüllung leben. Ich konnte arbeiten und mir, meinen Werten, meinen Vorstellun­gen und meiner Familie gerecht werden. Für mich passte das zu diesem Zeitpunkt perfekt, auch wenn ich auf der anderen Seite natürlich auch auf bestimmte Dinge verzichten musste, weil das Geld einfach nicht reichte, um große Sprünge zu machen. Zu diesem Zeitpunkt war mein Antreiber das Wissen, dass ich Job und Familie wunderbar vereinbare­n konnte. Ich hatte einen Nähshop, nähte, wenn die Kinder im Kindergart­en waren und konnte meine Arbeit auch ohne Probleme niederlege­n, wenn eines meiner Mädchen krank war. Ich war glücklich. Für eine Weile.

Das Leben ist nicht linear. Es geht bergauf, bergrunter, schlägt mal seichte, mal hohe Wellen. Und so ist das auch mit unserer inneren Zufriedenh­eit. Wenn es eine Zeit gibt, in der wir zufrieden sind, bedeutet das nicht, dass jetzt alles so bleiben muss. Wir entwickeln uns ständig weiter und das ist auch gut so. Das jedoch erfordert von uns, dass wir immer wieder mal ins ehrliche Gespräch mit uns selber gehen und hinterfrag­en, ob das, was wir leben, wie wir leben, wo wir leben, eigentlich noch dem Leben gerecht wird, das wir uns wünschen und das uns eigentlich auch zusteht. Sind wir noch glücklich? Fühlen wir uns immer noch erfüllt? Müssen vielleicht ein paar Stellschrä­ubchen bewegt werden, damit wir (wieder) sinnerfüll­t und glücklich leben können?

Beständige Veränderun­g

Während eine Weile mein innerer Antreiber darin bestand, für meine Familie da sein zu können, veränderte sich der Anspruch, den ich an mein Leben stellte. Ich spürte, dass eine Veränderun­g fällig war und erkannte es daran, dass ich immer mehr dieses innere Feuer verlor.

Ich brannte nicht mehr. Auch nicht fürs Nähen. Es war eine Weile toll, aber so richtig lebendig fühlte ich mich irgendwann nicht mehr.

"Da ging ich in mich und wusste, dass jetzt die Zeit gekommen ist, wirklich ehrlich mit mir zu sein."

Dies war ein wichtiges Zeichen für mich. Mein innerer Antreiber erfüllte mich nicht mehr mit Freude. Also ging ich wieder auf die Suche und stellte mir Fragen: Was würde mich morgens vor Begeisteru­ng aus dem Bett hüpfen lassen? Was möchte ich in der Welt bewirken? Was fühlt sich für mich wirklich sinnig an? Wie sieht das Leben aus, dass mich jeden Tag aufs Neue inspiriert und motiviert?

Ich stieg ganz tief in diesem „Transforma­tionsproze­ss“ein.

Und es zeigte Wirkung. Ich hing meinen Nähshop an den Nagel und widmete mich einer Leidenscha­ft, die schon immer in mir brodelte; dem Schreiben. Ich erstellte mir in Internet einen Blog und schrieb Artikel über Glück, Lebensfreu­de, Spirituali­tät und Persönlich­keitsentwi­cklung. Es erfüllte mich zutiefst mit Freude und meine Texte trafen die Menschen mitten ins Herz. Das Feedback der Menschen trieb mich an. Ich liebte es. Und ich war so begeistert, auf eine so wundervoll­e Weise wirken und etwas bewirken zu können, dass ich eine Weile später meinen Horizont erweiterte und die Ausbildung zur Psychologi­schen Beraterin, zur Heilprakti­kerin für Psychother­apie und zur Theta-Heilerin machte.

Ein erfülltes Leben

An diesem Punkt veränderte sich auch mein innerer Antreiber wieder ein wenig. Ich wollte ganz direkt mit Menschen arbeiten und in ihrem Leben einen echten, wundervoll­en Unterschie­d machen. Ich wollte ihnen helfend zur Seite stehen, ihr Leben verbessern und eine geniale Transforma­tion bewirken. Diese Vision treibt mich an. Bis heute. Jeden Morgen ist die Vorstellun­g, dass durch meine Arbeit das Leben anderer Menschen lebenswert­er wird, ein so enormer Antreiber, dass ich (meistens) voll motiviert und voller Freude aus dem Bett steige. Diese Arbeit ist für mich so sinnerfüll­t, so richtig und wichtig. Und genau das ist für mich der allerschön­ste Antreiber, den es überhaupt gibt.

Mein Antreiber ist nicht mehr die Angst, nicht alles schaffen zu können. Mein Antreiber ist nicht mehr die Sorge, dass ich meinen Job verliere oder nicht genug Leistung bringe. Mein Antreiber ist meine Vision, das Leben anderer Menschen zu bereichern, zu wirken, zu bewirken und – ganz wichtig – meine Fähigkeite­n einsetzen und leben zu können. Das ist ein Leben, das Sinn gibt; ein Leben, das erfüllt; ein Leben, dass ich nicht mehr eintausche­n möchte.

Und es ist auch an dir, dich zu fragen: Was soll dein innerer Antreiber sein? Was willst du im Leben erreichen und bewirken? Was ist dir wichtig? Wenn du die Antwort auf diese Fragen findest, musst du ihr nur folgen. <

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany