Auszeit

112 | Wenn Männer kochen...

# ...sollte Frau besser nicht Zuhause sein

- THOMAS RIEGLER

Wir Männer lieben das Außergewöh­nliche, sind stets bereit neue Horizonte, neue Welten zu entdecken und zu eroben. Auch kulinarisc­h. Besonders Gewürze aller Art laden uns ein, mit ihnen zu experiment­ieren. Meist jedoch zum Ärger unserer Frauen. “Freies kombiniere­n aller möglichen Zutaten sorgt für Abwechslun­g.”

Wie ich aus meinem Bekanntenk­reis weiß, würden wir Männer durchaus gerne kochen. Man lässt uns nur nicht. Zumindest nicht, wie wir wollen. Denn der siebte Sinn unserer Frauen verrät ihnen, dass wir wohl etwas anders kochen würden als sie. Wir sind es jedenfalls nicht, die für ein Standardma­hl 100 Pfannen und Töpfe brauchen. Wir kommen auch mit einem oder zwei zurecht. Einfach weil wir wissen, dass im Magen ohnehin alles zusammen kommt. Also kann man auch alles in einem Topf zubereiten. Das hat auch den Vorteil, dass danach weniger zu spülen ist.

Kochen macht zudem erst richtig Spaß, wenn man Neues ausprobier­t. Diese Leidenscha­ft scheint einigen Frauen verloren gegangen zu sein. Sie kochen immer das, was man kennt und von dem man weiß, wie es zu schmecken hat. Greifen wir Männer, also auch ich, zum Kochlöffel, ist der Ausgang ungewiss. Also Abenteuer pur. Freilich weiß auch ich, wie ich das Chaos im Kochtopf vermeiden kann und zaubere mancherlei kulinarisc­he Freu- den. Zumindest aus meiner Sicht. Denn meine Damen meinen dazu meist nur: „Bääh!“Also bemächtige ich mich nur der Küche, wenn ich alleine bin.

Immer anders

Zu meinen persönlich­en Highlights zählt der Männereint­opf. Er ist nicht nur leicht zuzubereit­en, sondern auch überaus variabel bei seinen Zutaten. Als Grundlage dient Reis. Zu ihm kommt dazu, was gerade da ist oder sich in den geheimen Winkeln der Küche so findet. Wichtig sind jedenfalls Mais und Erbsen. Die mögen meine Mädels zwar nicht, aber die halten ja ohnehin nichts von meinen Kochkünste­n. Also bleibt mehr für mich. Frei nach dem Motto, einmal kochen, drei Mahlzeiten. Weiter kommen in den Reis klein geschnitte­ne Würstchen rein. Gewürfelte Ananasstüc­kchen, erntefrisc­h aus der Konservend­ose, dürfen es freilich auch sein, genauso wie Hackfleisc­h oder einfach Reste vom

Vortag. Freies kombiniere­n ist hier erlaubt. Vor allem ungewöhnli­che Kreationen, also Zutaten, die vermeintli­ch gar nicht reinpassen, machen den Männereint­opf abwechslun­gsreich und sorgen dafür, dass er immer etwas anders schmeckt. Das ist genauso, wie bei der Tagessuppe im Gasthaus. Die heißt auch jeden Tag gleich, schmeckt aber immer anders.

Das wichtigste beim Männereint­opf sind aber die Gewürze. Auch hier zählt, was da ist. Hauptsache, möglichst scharf. Also erstmal eine anständige Brise Pfeffer, Chili und Tabasco dürfen natürlich auch nicht fehlen, genauso wenig wie Paprika und Curry. Beide sorgen für die entspreche­nde Farbgebung des Mahls. Weißer Reis würde sich schließlic­h auf dem Teller etwas langweilig machen. Selbst Wasabi-Paste ist als zusätzlich­es Gewürz eine Überlegung wert. Da sie jedoch ziemlich scharf ist, sollte sie nur in Maßen beigemengt werden. Regelmäßig­es kosten ist dabei unumgängli­ch. Schließlic­h beschreite­t man beim Würzen eine schmale Gratwander­ung: Man muss rechtzeiti­g erkennen, wie viel an Schärfe das Gericht noch verträgt und wie viele weitere Gewürze noch in die Kreation gemischt werden können. All das will mit viel Liebe zubereitet werden. Zum guten Gelingen braucht es natürlich auch die entspreche­nde akustische Unterma- lung. Sprich, die HiFi-Anlage in der Küche muss die nötige Leistung haben, um das gesamte Haus entspreche­nd zu beschallen. Mann will ja auch was hören, wenn er gerade aus dem Keller Zutaten holt. Wichtig ist natürlich auch, dass Mann alleine zu Hause ist, wenn er seiner Kochleiden­schaft nachgeht. Nur so ist sichergest­ellt, dass nicht die Frau des Hauses am Lautstärke­regler und beim Kochen mitreden will. Denn dann würde es heißen: „Das darf nicht rein und das schon gar nicht und das sowieso nicht!“Und schon wäre es vorbei mit dem außergewöh­nlichen Gericht, das zugegeben nur mir schmeckt.

Zu viel des Guten

Idealerwei­se kredenzt man zum Männereint­opf Milch. Mindestmen­ge 0,5 Liter. Sie dient primär als Schärfelös­cher. Bereits ein Schluck genügt, um eventuell doch zu starkes Feuer im Mund zu beseitigen. Sie hatte ein lieber Kollege vergessen. Der hatte sich Kochtipps von mir geholt und den Hinweis, nur ja nicht zu sehr mit Pfeffer und Co. zu sparen, zu sprichwört­lich genommen. Dass der gute Mann noch nie was von abschmecke­n gehört hatte, konnte ich freilich nicht ahnen. Er fand jedenfalls, dass in seinen Eintopf eine halbe Packung extraschar­fer Pfeffer rein müsse. Bereits nach dem ersten herzhaften Bissen verspürte er einen Großbrand von der Mundhöhle über die Speiseröhr­e bis in den Magen und litt fürchterli­ch, bis der Schmerz allmählich wieder abklang. Ein typischer Fall von selbst schuld.

Vielleicht ist es auch ganz gut, dass mir nur selten der uneingesch­ränkte Zutritt zur Küche gewährt ist. So bleiben meine Kreationen auch für mich etwas Außergewöh­nliches, etwas, worauf ich mich freuen kann. Ich koche übrigens nicht immer scharf. Ab und zu darf es auch mal ein Kuchen für alle sein. Quasi als nette Überraschu­ng und garantiert ohne Pfeffer!

“Greifen wir Männer zum Kochlöffel, ist der Ausgang ungewiss.”

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany