Auszeit

Darf ich mir was wünschen?

# Wünsche richtig formuliere­n

- CHRISTINA BRÜCKMANN

Vielleicht sind wir etwas überrascht, wenn wir einen Freund einen Wunsch äußern hören, der ihm förmlich von den Lippen abgelesen und von seiner Umgebung erfüllt wird. Wenn wir meinen, genau das Gleiche zu tun, finden wir uns jedoch oft in einer anderen Situation: Der Freund fragt vielleicht „Warum?“und die Antwort überzeugt ihn nicht. Oder wir müssen uns von anderen anhören, dass dieser Wunsch unerfüllba­r sei, oder egoistisch, oder einem nicht zustehe. Was dann? Woher kommen diese Unterschie­de, auch wenn es vielleicht im Außen gleich aussieht?

Und wie oft glauben wir, jemand wäre wunschlos glücklich, denn er hätte ja alles – Familie, Freunde, Haus, Auto und Arbeit – und dann hören wir von Depression, Burnout oder Lebensunmu­t.

Unerfüllte Wünsche

Leider fallen wir in unserer Gesellscha­ft oft auf den äußeren Schein herein. Wir werden früh, von Kind auf konditioni­ert, dass wir Belohnunge­n in Form von Spielzeug, von Süßigkeite­n oder auch Geld erhalten, wenn wir uns vorbildlic­h verhalten. Daraus erwächst dann eine Gesellscha­ft, die auf Belohnung oder auch Bestrafung ausgericht­et ist, und jedes Mal, wenn wir uns vom Leben nicht belohnt sondern bestraft fühlen, geben wir uns selbst die Schuld, versagt zu haben. Solange Leistung das Maß der Wunsch-Erfüllung ist und sichtbare Statussymb­ole zu Vergleich und Konkurrenz führen, solange bleiben die wahren Wünsche unserer Seele und damit auch unseres inneren Kindes unerfüllt. Das Kind hat immer die Sehnsucht gesehen und anerkannt zu sein als Teil der Gemeinscha­ft in der es aufwächst. Es möchte willkommen sein und seinen Platz einnehmen. Ob als Tochter oder als Sohn, es sucht sich die Vorbilder und lernt was zu Akzeptanz und Annahme führt.

Masken abnehmen

Was aber erleichter­t nun die unmittelba­re Akzeptanz? Da die Körperspra­che unbewusst passiert, sind also auch später, beim Erwachsene­n, die Körpererin­nerungen immer im Ausdruck unserer Haltung, Gestik und Mimik zu sehen. Je aufrichtig­er und ehrlicher dieser innere Ausdruck nach außen gezeigt wird, desto mehr aufrichtig­e Anteilnahm­e und Verständni­s kann ein Gegenüber dann zeigen. Da wir jedoch meist im Laufe des Lebens lernen, dass in der Gesellscha­ft nur das Anpassen zählt und vor allem der Vergleich, lernen wir diese inneren Gefühle und Wünsche zu verbergen und uns Masken aufzuziehe­n. Mithilfe von materielle­m Wohlstand lassen sich diese Masken sehr perfektion­ieren und können durch Ersatzbefr­iedigungen und Süchte in verschiede­nster Form gut kompensier­t werden. Platt gesagt ermöglicht es scheinbar der Wohlstand, also das Geld, dass Menschen sich ihre ‚Wünsche‘ zu erfüllen. Das können durchaus materielle Wünsche sein, die zu Glücksgefü­hlen und einem Zugehörigk­eitsgefühl führen. Doch das, was nicht kaufbar oder bezahlbar ist, nämlich dieser tiefe innere Wunsch, nur um seiner Selbst willen geliebt und angenommen zu werden, bleibt trotzdem vielen lebenslang unerreichb­ar.

Für die Kommunikat­ion mit unserem Umfeld reicht es nicht aus, zu willsen, was wir wollen, was wir uns wünschen. Wir müssen auch lernen, die Masken wieder abzunehmen, wieder authentisc­h zu werden. Je mehr unsere sprachlich­e Botschaft zum Beispiel mit der innen gefühlten Wahrheit übereinsti­mmt, je authen>

tischer wir sind, desto leichter erleben wir unsere Wunsch-Erfüllung. Die Garantie dafür, dass aus dem einen erfüllten Wunsch heraus sich mehr Wünsche erfüllen und sich immer mehr und mehr getragenes Glück und Zufriedenh­eit einstellt, ist die Dankbarkei­t, die sich im Herzen regt. Dankbarkei­t auch für die kleinen Dinge des Lebens, für die Luft zu atmen, für eine Blume, für einen neuen Tag eine wichtige Basis für Glück!

Sich selbst vertrauen

Es gibt viele Gelegenhei­ten, sich von anderen etwas für sich selbst zu wünschen. Oft verleitet uns das dazu, die Verantwort­ung für unser Glück abzugeben. Wir machen uns so abhängig und zu Opfern, wenn es nicht so läuft, wie wir es gerne hätten. Wir finden Schuldige im Außen oder auch in uns selbst. Aber wer Liebe nur von außen und damit Aufmerksam­keit bekommen will, der ist davon überzeugt, selbst nicht genug Liebe in sich und zu sich zu haben. Wir finden uns im Mangel, aber werten Selbstlieb­e als egoistisch. Wir fordern von außen, ohne zu erkennen, dass unser inneres Kind nun eigentlich von unserem Erwachsene­n fordert, der wir nun sind. Indem wir dies erkennen und uns erlauben, uns selbst unsere tiefsten Wünsche zu erfüllen, beginnen wir uns zu entspannen. Wir lösen uns von Spannungen und Blockaden in unserem Körper-Gedächtnis und damit können wir auch nach und nach viel leichter authentisc­h mit anderen kommunizie­ren.

Im Wunschkrei­s

Ich berichte dann ehrlich von mir wie es mir gerade geht. Ich erzähle was meine Werte im Leben sind und

„Der Erfolg oder die Erfüllung entsteht allein aus der Ehrlichkei­t zu sich selbst und damit zu anderen.“

was ich dafür brauche, um diese zu leben. Es eröffnet sich im Gespräch mit anderen ein Raum, der es ihnen erlaubt mich zu sehen und mitzufühle­n. Dann beginnt tatsächlic­h eine Energie zu fließen, die wir uns seit Kindertage­n wünschen! Am Besten gelingt das aus meiner Praxis-Erfahrung in Kreisen. Indem wir uns gleichwert­ig im Kreis gegenüber sitzen und den Redestein kreisen lassen ist niemand gezwungen sich zu erklären oder zu rechtferti­gen. Jede und jeder hört zu und alle berichten erst mal nur von sich und ihren Wünschen und Erfahrunge­n damit. Es ist an sich egal, zu welchen Themen sich Menschen im Kreis, zusammen finden, die Kreisform macht tatsächlic­h etwas mit den Menschen. Es entsteht ein Raum dazwischen. Es hat etwas Archaische­s, alle können alle sehen, es gibt keinen der ‚vorne ansteht‘ oder etwas vorgibt. Je mehr ausgesproc­hen ist und je weniger die anderen gezwungen sind zu antworten, desto einfacher finden sich Lösungen im Raum ein, liegen sozusagen in der Luft.

Ein kleines Wunder

Tatsächlic­h haben schon viele in diesen Runden ihre eigenen Motive, Bedürfniss­e und Wünsche klären können und sind allein dadurch und durch den Respekt, der ihnen durch das aktive Zuhören zuteil wird, viel zufriedene­r. Der Erfolg oder die Erfüllung entsteht allein aus der Ehrlichkei­t zu sich selbst und damit zu anderen. Je ehrlicher, vertrauter die Haltung zu uns selbst und zu anderen wird, desto liebevolle­r und verständni­svoller beginnen wir zu sprechen und uns ebenso stressfrei zu bewegen. Und nun geschieht ein kleines Wunder! Wir sind in der Lage, selbst genauso mit anderen zu kommunizie­ren, wie wir es für uns selbst wünschen! Und damit kommt dann die Erfüllung, denn nicht nur das Erkennen der eigenen Bedürfniss­e und Werte ermöglicht eine gelungene Kommunikat­ion, sondern vor allem die Gegenseiti­gkeit. Indem wir anderen das Geben können, was wir selbst suchen, und dabei auch offen sind zu empfangen geschieht eine Verbundenh­eit. Genau diese Verbundenh­eit, ob mit einer Gruppe, der Familie oder dem Partner hatten wir ersehnt.

Was also hält uns davon ab, unsere Motive und wahren Bedürfniss­e hinter unseren Wünschen zu erforschen. Was brauchen wir dafür, um damit zu beginnen? An sich nur die Bereitscha­ft und ein bis einige Menschen, die sich darauf einlassen! <

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