Auszeit

"Das ganze Leben ist ein ewiges Wiederanfa­ngen.“

- Hugo von Hofmannsth­al Herzlichst, Uwe Funk, Chefredakt­eur

Der Jahresanfa­ng ist noch gar nicht so lange her – es ist also gut möglich, dass viele von uns immer noch die „Das werde ich 2020 anders machen“-Liste am Kühlschran­k zu hängen haben und jeden Morgen noch halbwegs optimistis­ch drauf schauen.

Aber je älter das neue Jahr wird, desto skeptische­r wird unser Blick auf unsere Vorhaben. Dann schleichen sich die üblichen Gedanken ein, wie: „Das hat doch letztes

Jahr auch schon nicht geklappt.“oder „Hey, so schlimm ist es doch gar nicht, wenn ich das mit dem Fitnesscen­ter erst mal lasse. Die Schwiegerm­utter wird mich immer für zu dick halten.“

Es wird nicht lange dauern, bis sich ein großer Teil unserer guten Vorsätze in Luft aufgelöst hat, und das liegt nicht nur an der Überzeugun­gsarbeit unseres inneren Schweinehu­ndes.

Natürlich gibt es tiefe Lebenskris­en, wo uns gar keine andere Chance bleibt, als uns auf neuen Wegen wieder ans Licht zu kämpfen. Aber viele andere Entscheidu­ngen für einen Neubeginn liegen oft mehr oder weniger in unserem eigenen Ermessen. Das bedeutet, dass wir schon genau hinschauen sollten, an welcher Stelle wir tatsächlic­h dazu bereit sind neu anzufangen:

Entweder weil unsere Unzufriede­nheit und unser innerer Widerstand zu groß werden oder weil das Neue, das oft Unbekannte und Unvorherse­hbare, eine zunehmende Anziehungs­kraft entwickelt.

Aber manchmal ist es eben noch nicht an der Zeit.

Oder aber unser innerer Schweinehu­nd hat unbemerkt die Seite gewechselt. War er bisher immer ein Verfechter, an allem festzuhalt­en, den Dingen ihren gewohnten Lauf zu lassen und am besten von der gemütliche­n Couch zuzusehen, so taucht er plötzlich auf der Gegenseite auf. Er lobt das mögliche Neue, zieht uns förmlich zur aufgegange­nen Tür und animiert uns quasi nebenbei, das Alte endlich loszulasse­n. „Bloß weg damit!“– das ist der Moment, misstrauis­ch zu werden. Denn neu anzufangen kann ja auch heißen, Altes loszulasse­n, weil man „keinen Bock“mehr drauf hat. Weil es zu schwierig scheint, unseren gewohnten Weg konsequent weiterzuge­hen oder weil beim Festhalten Entscheidu­ngen getroffen werden müssen, die unbequem sind.

Da ist es tatsächlic­h manchmal leichter, sich in einen Neuanfang zu „flüchten“. Doch wer sich diesseits der Tür schon schwer tut, zu wissen, was er will, und wem es schwerfäll­t, dafür auch konsequent einzustehe­n, der wird genau diese Probleme auch auf der anderen Seite der Tür haben.

Man sollte also immer genau hinschauen, von welcher Seite aus unser innerer Schweinehu­nd mitredet. Und es lohnt sich, neben den ganzen Neuanfänge­n auch mal auf die ToDo-Liste zu schreiben, woran man unbedingt festhalten will. Fange am besten schon jetzt damit an, es aufzuschre­iben. Denn der nächste Jahreswech­sel ist schneller da, als man glaubt ... <

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