Dem Unbekannten vertrauen
Und plötzlich ist er weg. Der Boden unter deinen Füßen. Manchmal schrittweise. Eine Beziehung entgleist Stück für Stück, bis es nicht mehr weitergeht – manchmal als Schock – die Trennung, die Kündigung, die Krankheit.
# Von der Angst vor dem Neuen
Umbrüche und Einschnitte in unserem Leben sind selten angenehm. Oft sind sie angsteinflößend und bringen mindestens einen Teil unserer gewohnten kleinen Welt ins Wanken. Und gleichzeitig können sie zu den wertvollsten Wendepunkten in unserem Leben werden. Was, wenn ein schöneres, stimmigeres Leben auf dich wartet? Was, wenn du diesen Umbruch in einen Übergang verwandeln kannst?
Der Umbruch
Wenn solche Umbrüche in unser Leben hereingeweht kommen, erzählt uns unser Kopf manchmal, dass etwas mit uns nicht stimmt – sonst wären wir ja nicht in diese Situation geraten. Während jede Herausforderung
einzigartig ist, ist die Tatsache, dass wir Umbrüche und Haltlosigkeit erleben, ein grundlegendes Merkmal des Lebens. Umbrüche gehören dazu, wie der Kokon zum Schmetterling. Und wir alle wissen: ohne Kokon kein Schmetterling. Den bisher einschneidendsten und verunsicherndsten Übergang erlebte ich mit 25. Ich hatte gerade mein
Studium beendet und arbeitete seit sechs Monaten in einem Start-up, dass sich auf Glück spezialisiert hatte. Dort leitete ich den Bereich „Interventionen“und entwickelte den Glückskurs weiter, der bereits in meiner Masterarbeit Stresserleben und Stresshormone gesenkt hatte. Ich war auf „Erfolgskurs“könnte man meinen. Und dann kam die Nachricht: „Wir verschlanken uns drastisch – und der Bereich „Interventionen“fliegt dabei raus. Du bist entlassen.“Ich kann mich an einige schwierige Phasen in meinem Leben erinnern, aber ich habe mich noch nie so haltlos gefühlt. Es war, als wäre der Boden weggebrochen.
Den Halt wiederfinden
Wonach ich mich nach meiner Entlassung am meisten gesehnt habe, war Halt. Halt unter meinen Füßen, Perspektive, Hoffnung. Etwas, auf das ich mich verlassen kann. Angefühlt hat es sich eher wie auf einer Hängebrücke, die vor mir in undurchdringlichen Nebel versinkt – und dabei ordentlich schwankt.
Doch auch in den extremsten Umbrüchen gibt es Halt. Dich darauf auszurichten, ist der erste wichtige
Schritt. Denn das ist nicht nur unglaublich wohltuend und erlaubt deinem System herunterzufahren. Es stärkt auch das Gefühl für deinen inneren Halt, aus dem du neue Kraft schöpfen kannst. So kannst du den nötigen Mut für den nächsten Schritt
„Für deine Fähigkeit wohltuende Entscheidungen zu treffen, sorgst du am besten, indem du ganz beharrlich deinen inneren Halt stabilisierst.“
sammeln, selbst wenn der in eine ungewisse Zukunft hineinführt.
Freunde
Sind wir in extrem stressreichen Situationen, schüttet der Körper eine Vielzahl von Hormonen aus. Unter ihnen ist das Hormon Oxytocin, das unter dem Künstlernamen „Kuschelhormon“berühmt wurde. Dieses Hormon animiert uns dazu, die Nähe von lieben Menschen und anderen Lebewesen zu suchen, uns auszuweinen und anzulehnen. Das heißt in unserem Körper ist bereits ein Notfall-Rettungsplan eingebaut, der uns Halt gibt: Die liebevolle Nähe anderer Menschen.
Deshalb: Triff die Menschen, die dir gut tun. Wenn du alleine wohnst, frage eine liebe Freundin, ob du bei ihr übernachten kannst oder ob sie dir ihre feinfühlige, verschmuste Katze ausleiht, auf die du schon mal aufgepasst hast. Verabrede dich oft. Und öffne dich für die vielen wunderschönen Momente, die eine Freundschaft dir schenkt.
Diese Art von Halt ist immer für dich da. Selbst, wenn andere Menschen gerade nicht in deiner Nähe sein können. Dieser Halt verbindet dich mit einer weiteren Grundqualität des Lebens: Egal, durch was du gerade gehst, Halt ist ebenfalls immer da.
In deine Füße sinken
Inmitten des Veränderungssturms, inmitten des Nebels, inmitten der Orientierungslosigkeit: Spüre in deine Füsse wann immer du gehst. Spüre den sanften, erdenden Druck unter deinen Fußsohlen mit jedem Schritt. Spüre, wie deine Fußsohlen abrollen, um den nächsten Schritt vorzubereiten. Ob vom Bett zum Bad, vom Büro zum Klo, vom Bus zum Bäcker. Da ist Boden der dich trägt. Immer.
Der Übergang
Wie mag sich der Schmetterling fühlen, der völlig erschöpft endlich aus dem Kokon geklettert ist – und stundenlang warten muss, bis sich seine Flüge entfalten? Für uns als faszinierte Beobachter ist es vollkommen klar: Er wird fliegen. Das ist kein Umbruch, kein Ende. Der Kampf aus dem Kokon zu klettern, war nicht umsonst, es war die notwendige Vorbereitung auf alles, was kommt. Dies ist ein Übergang. Ein Übergang in einen Lebenabschnitt, den sich die Raupe niemals hätte erträumen können. Was, wenn das für unsere Lebenskrisen und Umbrüche genauso gilt?
Manchmal, in wirklich erschütternden Übergängen, ist es schwierig, uns für Vertrauen zu entscheiden, Vertrauen überhaupt zu fühlen. Deshalb lade ich dich jetzt zu einer kleinen Schreibübung ein: Erinnere dich einmal an schwierige Situationen in deinem Leben, an Krisen oder Enttäuschungen. Und nun schau einmal genau hin: Was ist daraus geworden? Wie bist du daran gewachsen? Was hat sich dadurch für dich und in dir verwandelt?
Wunder geschehen
Erlaube dir, etwas tiefer sinken zu lassen, was du da entdeckt hast. Ist da ein Funken Vertrauen, ein Funken Hoffnung in dir wachgeworden? Gib ihm Raum. Auch aus richtig schwierigen Situationen kann etwas Wunderschönes entstehen.
Inmitten meiner Haltlosigkeit damals hat Carlos, mein damaliger Freund, mir eine Website gebaut. Es war sein liebevoller Weg, mir Hoffnung zu geben – und noch immer bin ich von tiefer Dankbarkeit
„Umbrüche gehören zum Leben, wie der Kokon zum Schmetterling. Und wir alle wissen: ohne Kokon gibt es keinen Schmetterling.“
erfüllt, wenn ich daran zurückdenke. Wir gaben ihr den Namen happyroots.de. Heute eröffnet dort einmal im Jahr meine Online-Akademie und tatsächlich ist der Trias Verlag über so auf mich gestoßen und hat gefragt, ob ich nicht ein Buch über Glück schreiben mag. Wunder geschehen. Wer hätte geglaubt, dass aus einer Raupe einmal ein Schmetterling wird, wenn er es im Bio-Unterricht nicht gelernt hätte?
Dir treu bleiben
Der letzte unglaublich wichtige Schritt ist: Bleibe dir selbst treu, egal was kommt. Da wartet ein neuer, besserer Lebensabschnitt auf dich, in dem du authentischer und klarer du sein wirst! Keine Wiederholung vom Alten.
Gerade in unsicheren Phasen lassen wir uns manchmal zu Dingen verleiten, zu denen wir nie Ja sagen würden, wenn wir in unserer Kraft wären: Ein neuer Partner, der viel zu schnell in unser Leben kommt, ein neuer Job, der uns eigentlich Bauchschmerzen verursacht, ein krummer Deal mit einer Person, die uns „unterstützt“. So etwas nicht einzugehen ist besonders schwer in solchen Phasen. Wenn dir so etwas passiert oder passiert ist: Bitte werte dich dafür nicht ab! Mache dir stattdessen klar: Du hast in jedem Moment die Wahl, deine Entscheidung rückgängig zu machen.
Ich hatte in der Zeit, in der ich einen Job gesucht habe, bereits einen neuen angenommen – und bin am nächsten Tag mit einem unglaublich dicken Kloß im Hals wachgeworden. Nein, das fühlte sich nicht stimmig an. Ich habe tatsächlich drei Wochen gebraucht, um mich zu einer Absage durchzuringen – ohne konkrete Aussicht auf einen nächsten Job.
Eine Woche darauf bekam ich direkt nach einem Bewerbungsgespräch eine wundervolle Stelle, die Zusage zu einem Universitätsprojekt, in dem ich den Achtsamkeitskurs für Lehrkräfte entwickelte und durchführte. Auch hier geschehen Wunder! Wenn wir unserem Herzen folgen.
Für dich und deine Fähigkeit, hilfreiche und wohltuende Entscheidungen
zu treffen, sorgst du am besten, indem du ganz aktiv, beharrlich und liebevoll deinen inneren Halt stabilisiert: Mit lieben Menschen um dich her und bewusstem Kontakt zum stabilen Halt der Erde unter dir. <