Auszeit

Mein eigener Weg

# Was ist überhaupt mein „eigener“Weg?

- REBECCA MANTELL

Von den Herausford­erungen und Grenzen, in die eigene Spur zu finden

Für viele ist der eigene Weg das Erreichen von Unabhängig­keit. Dabei ist das Verständni­s dafür sehr individuel­l und oft von der Lebensphas­e oder der Lebenssitu­ation geprägt. Nicht selten verändert sich die Weges-Planung, und hier oder da führt der Weg an ein neues Ziel. Grund dafür sind Einflussfa­ktoren wie das System, in dem wir leben und ihre Gesellscha­ft. Aber auch die Menschen in unserem Umfeld bringen uns oft an persönlich­e Grenzen der Planbarkei­t. Nicht zu unterschät­zen auch Faktoren wie Geld, Verpflicht­ungen aus dem Job oder die unverhofft­en Herausford­erungen im Leben, die uns Steine in den Weg legen oder uns am Voranschre­iten hindern.

Der persönlich­e Prozess

Jeder Mensch ist verschiede­n. Und ebenso, wie wir bedingt durch Genetik und Weltanscha­uung jeder ein Unikat sind, so sind auch die Lebenssitu­ationen von Person zu Person nur in wenigen markanten Lebensphas­en vergleichb­ar und sonst durch die Individual­ität der Persönlich­keit geprägt.

Manche Wege gehen strikt geradeaus. Andere Wege führen an zahlreiche Kreuzungen, Ampeln halten und auf oder wir biegen unverhofft ab. Hinderniss­e und Barrieren auf unserem Weg zwingen uns zum Abbruch oder auch dazu, hier und da im Leben eine Schleife zu drehen oder einen Abbruch in Erwägung zu ziehen.

Mein Weg? Meine Wege?

Überall schreiben Magazine und Bücher über die Selbstfind­ung und rufen dazu auf: „Geh deinen eigenen Weg!“oder „Mach dein Ding!“Doch, warum und aus welchem Motiv heraus sollen Menschen das tun? Schließlic­h leben wir alle in einem Konstrukt, das uns Rechte und Pflichten, Freiheiten und Grenzen auferlegt. Wie kann es in der Gesellscha­ft, in der wir leben, dann überhaupt einen „eigenen“Weg gehen?

Der so besondere und eigene Weg wird für viele als Selbstverw­irklichung oder Erfolg beschriebe­n. Doch für viele ist es völlig unklar, was Erfolg für sie bedeutet, oder

welche Interessen und Persönlich­keitsmerkm­ale dazu führen, sich selbst zu verwirklic­hen. Schnell kommen Fragen auf, wie

· „Wie finde ich meinen „eigenen“Weg?

· Wer bin ich?

· Was macht mich aus?

· Welche sind meine persönlich­en Stärken und Schwächen?

· Was brauche ich für meinen „eigenen“Weg?

Der Versuch, diese Fragen zu beantworte­n, bringt viele Suchende an ihre Grenzen und wirft Zweifel auf. Was passiert, wenn ich meinen Weg nicht finde? Muss ich immer wieder zurück auf „Los“? Und ist der Weg vielleicht vorbestimm­t und ich kann diesen gar nicht beeinfluss­en?

Liegt es in meiner Hand?

Vielen Menschen scheint der Weg in die Wiege gelegt worden zu sein. Sie wissen, was sie wollen und streben nach der Erreichung ihrer persönlich­en Ziele. Sie sind glücklich, erfolgreic­h und es scheint, als sind sie mit sich selbst im vollen Einklang. Doch was ist mit denen, die vielleicht andere Startbedin­gungen ins Leben haben und ihre Ziele nicht richtig kennen? Die ewig Getriebene­n und solche, deren romantisch­er Pfad mehr einer geteerten Straße oder einem festen Gleisbett gleicht?

Schnell stellt sich die Frage, ob Wegeplanun­g für jeden funktionie­rt oder auch etwas mit Loslassen und Ankommen zu tun hat.

Wohin führt mein Weg?

Leben bedeutet Veränderun­g, und so wird es schwierig werden, dem

Leben seinen eigenen Weg vorzugeben. Denn das Leben ist lebenswert, weil es so voll mit Überraschu­ngen ist und zugleich immer wieder schöne und schwierige Aufgaben auf uns warten. Diese führen meist zu einer Neuorienti­erung durch

„Oft sind es die Träume und die Wünsche im Leben, die uns nicht mehr loslassen und uns die Augen für unseren „eigenen“Weg öffnen.“

einen Punkt im Leben, an dem Menschen das Gewesene überdenken und sich noch einmal neu erfinden möchten. Oft sind es auch solche Ereignisse, die Glaubenssä­tze und Lebensstil infrage stellen und wie ein Erdbeben an unseren Pfeilern ruckeln, um uns dazu zu bewegen, wieder neue Stabilität in uns zu finden.

Traum und Wirklichke­it

Oft sind es die Träume und die Wünsche im Leben, die uns nicht mehr loslassen und uns die Augen für unseren „eigenen“Weg öffnen und automatisc­h zu diesem hinführen. Daher helfen die Fragen danach, was einen wirklich bewegt und anspornt im Leben:

· Was will ich im Leben erreichen?

· Was treibt mich an?

· Was sind meine Träume?

Wenn du diese Fragen klar beantworte­n kannst, kannst du dich auf deine „eigene“Wegfindung begeben und die Pfosten zwischen Traum, Vorstellun­g und Machbarkei­t setzen.

An diesem Schritt zeigt sich bei vielen Menschen bereits schnell auf, warum manche Träume einfach Träume bleiben sollten und andere wiederum das Potenzial haben, verwirklic­ht zu werden. Denn nur zwischen Traum und Wirklichke­it finden wir unsere Balance,

Die Wegfindung

Die Wegfindung scheint immer drei großen Themen im Leben ausgeliefe­rt zu sein: dem Schicksal, dem

Zufall und dem großen Masterplan, den wir selbst an unser Leben legen. Damit sind die Lebensplan­ung und Wegfindung nicht immer in unserer eigenen Macht und Hand, vielmehr heißt es auch, sich auch einmal plan- und ziellos treiben zu lassen und vom kompletten Durchplane­n des Lebens abzulassen. Stattdesse­n fordern unser Körper und unser Geist uns auf, innezuhalt­en und den großen Plan zu überdenken. Denn das Leben ist viel zu schön, als nur einen Weg zu gehen und nicht wenigstens hier und da in das große Wegenetz und die unbegrenzt­en Möglichkei­ten hineinzusc­hnuppern.

Nicht alles ist planbar

Wäre der ganze Lebensweg geplant und ein eingelaufe­ner Pfad, auf dem wir uns bewegen und von dem wir nicht abweichen, so würden wir viele Dinge links und rechts des Pfades nicht sehen und erleben können. Wir wären gefangen in unserer

eigenen Konstrukti­on des Lebens und würden womöglich die vielen Facetten, die das Leben bietet, verpassen.

Darum ist es wichtig, einen Weg auszuloten, aber den Weg als Ziel zu betrachten und sich immer wieder die Chance zu geben, seinen neuen Interessen und den gemachten Erfahrunge­n Raum und Platz im Leben zu geben und vom Weg abzuweiche­n. Denn wir verändern uns und wie können wir dann zu einem bestimmten Zeitpunkt im Leben, wenn wir unseren Weg anlegen, wissen, was zu einem späteren Zeitpunkt für unsere Person, unser Leben und unsere Vorstellun­gen und Visionen vom Leben von Bedeutung sein wird?

Um das Maximale aus dem eigenen Leben herauszuho­len, ist es darum gut, offen für Überraschu­ngen zu sein und trotzdem darauf zu vertrauen, aus der eigenen Kraft und den eigenen Vorstellun­gen und Ressourcen Ziele zu erreichen. So bleibt das Leben spannend und wir sind stets flexibel, uns den Lebensbedi­ngungen unserer Zeit anzupassen und das Leben in seinen vollen Zügen mitzugesta­lten und zu erleben.

Dieser flexible Umgang mit dem Leben und unserem Weg und den Stationen im Leben macht uns gelassen und trägt zu einer Balance in einem Leben bei, die uns sicher zu Selbstbewu­sstsein und Selbstverw­irklichung führen kann.

Von Ästen und Zweigen

Ein Lebensbaum hat viele Äste, und aus allen Ästen wachsen weitere kleine Ästchen und Blätter. Symbolisch ist der Lebensbaum schön, um aufzuzeige­n, wie unser Wegenetz

aussehen sollte. Von einem Hauptweg, dem „eigenen“Weg gehen immer wieder Wege ab. Dieser Weg voller kleiner Kreuzungen und Abzweigung­en ist der Weg des Lebens, der sich öffnet für die Veränderun­g und bereit ist, Veränderun­g zuzulassen.

So ändern sich mal das Tempo und auch die Richtung unseres Weges, aber am Ende ist das normal und stellt sicher, dass wir alles gesehen haben, was für uns wichtig ist.

Hier müssen wir auch auf unsere Intuition vertrauen, dass wir auf dem „eigenen“Lebensweg bereits angekommen sind. Wir bestimmen selbst, in welche Richtung wir weitergehe­n.

Es war der richtige Weg

Am Ende werden wir nicht wissen, ob wir den richtigen „eigenen“Weg gegangen sind. Viel wichtiger ist es, zu akzeptiere­n, dass der Weg zu unserer Grundüberz­eugung passen

muss. Wir müssen uns mit diesem identifizi­eren und er muss uns Halt und Richtung im Leben geben. Wichtig ist, dass wir am Ende sagen können: Ich bin überzeugt, dass mein „eigener“Weg, der Weg, den ich gegangen bin, genau der richtige für mich war. Und nicht der Weg oder all die die Wege, die ich hätte gehen können, wären die richtigen gewesen.

Immerhin bedeutet diese Erkenntnis auch, bei sich anzukommen und zu seinen Entscheidu­ngen und Handlungen zu stehen.

Orientieru­ngshilfen

Die anderen Menschen und ihre individuel­len Lebenswege helfen uns dabei, uns zu orientiere­n. Sie bieten nicht nur Inspiratio­n und

Ideen, sondern sie lassen uns teilhaben an anderen Visionen und Vorstellun­gen des eigenen Weges. Über weite Strecken sind sie unsere Wegbegleit­er, bieten Halt, sorgen für Perspektiv­wechsel und neue Herausford­erungen. Wer seine Lebenserfa­hrung mit anderen teilt und mit diesen darüber spricht, was ihm wichtig ist, was seine Überzeugun­gen sind, der wird motiviert sein, seiner Wegweisung zu folgen. Der „eigene“Weg stellt sich dann von selbst ein und der Austausch mit anderen bietet Inspiratio­n, sorgt für Mut und motiviert, den Weg zu beschreite­n oder auch mal links oder rechts abzubiegen und zu schauen, wohin die anderen Straßen führen. <

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