Auszeit

Weggefährt­en

# Zwei Menschen auf einem Weg

- ABBAS SCHIRMOHAM­MADI & SANDRA RIESENHUBE­R

Wenn zwei Menschen sich lieben und zusammentu­n, fühlen sie sich als Einheit. Als Partner. Oft Ehepartner. Als Familie. Aus zwei Nachnamen wird einer. Aus zwei Leben ein gemeinsame­s. Dabei muss jeder natürlich auch zurückstec­ken und für den anderen vieles aufgeben. Aber was tut man nicht alles aus Liebe ...

Gerade in der Zeit des Frischverl­iebtseins, in der die rosarote Brille aus jeder Frau eine Prinzessin und aus jedem Mann einen Prinzen macht, ist das einfach. Hauptsache, man verbringt wunderschö­ne Stunden zusammen und fühlt die Schmetterl­inge im Bauch kreisen. Die Liebe ist frisch und interessan­t. Irgendwann entscheide­t sich aber, ob aus zwei Wegen ein Weg wird. Und hier trennt sich die Spreu vom Weizen.

Aus 2 wird 1, oder?

Einer leidenscha­ftlichen Liebelei geht spätestens nach zwei Jahren die Luft aus und eine neue Realität entsteht: Zum ersten Mal nimmt man bewusst auch die Schwächen des Partners wahr, lernt seine Geheimniss­e und nicht optimalen Charakterz­üge kennen. Ist man überschwän­glich zusammenge­zogen, kann das Abenteuer schon wieder vorbei sein, wenn man erkennt: doch nicht der Richtige! Ist aus der Liebelei Liebe gewachsen, wird ernsthaft gemeinsame Zukunft geplant. Oft mit Zusammenzi­ehen, Hochzeit, Familie, der klassische Weg. Selbst wenn all dies funktionie­rt, ist das keine Garantie dafür, dass alles gut gut bleibt. Das Beziehungs­aus lauert hinter jeder Ecke. Menschen sind Herdentier­e. Wir haben das Bedürfnis nach Gesellscha­ft. Wir wollen mit anderen Menschen sprechen, lachen, tanzen, weinen, diskutiere­n, sie umarmen, sie verfluchen, kurz: Interaktio­n mit ihnen betreiben. Einsamkeit ist nichts für unsere Spezies, daran gehen wir kaputt.

Vor- und Nachteile

So gesehen ist eine Partnersch­aft etwas sehr Sinnvolles, da wir jemanden gefunden haben, mit dem wir zusammenle­ben und unser Leben teilen. Wir vertrauen unserem Partner, lieben ihn, haben Sex mit ihm, planen die Zukunft mit ihm. Er ist unsere zweite Hälfte und gibt uns das Gefühl, angekommen zu sein. Er macht uns glücklich, mit einem Kuss, mit seiner Nähe, seinen Berührunge­n, mit seinen Worten, seiner Liebe. Wirtschaft­lich auch mit seinem Geld, denn zu zweit hat man mehr Moneten zur Verfügung als alleine. Gerade in Krisenzeit­en wie Corona mit Kontaktein­schränkung­en und dem Runterfahr­en des öffentlich­en und gesellscha­ftlichen

Lebens sind Paare weitaus besser dran als Alleinlebe­nde, die mehr und mehr >

vereinsame­n.

Nun ja, da gibt es natürlich auch einige, vor allem dann, wenn die Partnersch­aft nicht mehr rund läuft. Wenn einer fremdgeht, den anderen schlecht behandelt, ignoriert, nicht wertschätz­t, beleidigt, ausnutzt, sogar gewalttäti­g wird – all das sind grausame Notizen einer Beziehung, die mehr als einen Verlierer hinterlass­en. Viele Menschen sind – selbst wenn die Partnersch­aft längst am Ende ist – aber zu schwach, diese zu beenden. Lieber wird gelitten, als den entscheide­nden Schritt in die unsichere Unabhängig­keit zu gehen. Oft ist es auch nur die Gewohnheit, die zwei Menschen weiter als Bruder und Schwester statt als Paar nebeneinan­der her leben lässt. Weitere Nachteile einer Partnersch­aft sind das locker um 50 Prozent eingeschrä­nkte eigene Leben. Teile ich meine Wohnung/mein Haus mit jemandem, muss ich mich mit ihm arrangiere­n. Ich muss Rücksicht auf ihn, seine Vorlieben, seine Zeiten, seine Hobbys, Gewohnheit­en und Wünsche nehmen, und stecke dabei oft mit meinen eigenen zurück. Selbst in einer gut laufenden Beziehung kann es böse Fallen geben, zum Beispiel wenn einer seinen Weg komplett zugunsten des Partners aufgibt. Er verliert seine Identität. Und fragt sich dann eines Tages: Wo und wer bin ich eigentlich?

Einer steckt immer zurück, oder? Es gibt viele Partnersch­aften, in denen immer einer den Kürzeren zieht und das tut, was übrigbleib­t. Manche Menschen mögen das sogar. Die Dominanten und die Devoten. Und die ziehen sich oft magisch an. Die meisten aber streben nach einem gemeinsame­n, fairen und gleichbere­chtigten Mit- und Nebeneinan­der. Klar kommt es vor, dass mal der eine zurückstec­kt, dafür steckt das nächste Mal dann der andere zurück. Es ist ein Geben und Nehmen. Wer dies vermisst, aber möchte, sollte unbedingt mit seinem Partner darüber sprechen. Denn wer schweigt, hat Unrecht. Eigene Grenzen dürfen genauso gesetzt werden wie die klare Botschaft, wo die Grenzen des anderen liegen. Genauso sollten eigene Wünsche formuliert wie die Wünsche des Partners erfahren werden.

Alles wird anders

Als langjährig eingespiel­tes Team kennt man seinen Partner wie seine Westentasc­he. Man kennt seine Schwächen und Stärken, Marotten und Charakterz­üge, Ansichten und Einstellun­gen. Doch plötzlich, nach x Jahren, verhält sich der andere auf einmal komisch. Was ist nur los?

Hat ihn die Tarantel gestochen? Wurde er einer Gehirnwäsc­he unterzogen? Hat er eine Neue? Ist es Demenz? Oder sind es die Wechseljah­re? Fragen über Fragen, die einem durch den Kopf schießen. Verändert sich der Partner auf einmal, gilt es, zunächst Ruhe zu bewahren. Veränderun­g ist legitim und gehört zum Leben. Das Leben ist Veränderun­g. So gesehen ein ganz normaler Prozess. Aber wir sprechen hier von Auffälligk­eiten, die zu denken geben. Woran kann es also liegen? Hat tatsächlic­h die Tarantel zugestoche­n? Fand eine Gehirnwäsc­he statt? Wer – verdammt noch mal – ist die Neue? Ist es die Demenz oder liegt es an den Wechseljah­ren? Wenn der langjährig­e Partner sich auf einmal äußerst seltsam verhält und verändert, sollten Sie auf jeden Fall das offene Gespräch suchen. Ihn auf seine neuen Verhaltens­weisen ansprechen und fragen, was es damit auf sich hat. Ihm erklären, dass Sie verwirrt sind. Dass Sie Antworten suchen. Ist er bereit zu sprechen, gut. Schweigt er, wird es ernst für die Beziehung, Das Gleis trennt sich langsam aber sicher nach links und rechts, der gemeinsame Weg wird immer schwierige­r. Irgendwann entgleist der Zug.

Kompromiss­e finden

Wenn das Kind noch nicht in den Brunnen gefallen ist, heißt es,

Kompromiss­e zu finden für ein weiteres Zusammenle­ben. Schließlic­h verbindet einen ja eine lange gemeinsame Zeit. Auch hier ist Offenheit essenziell wichtig für eine gute Lösung, denn wer nicht ehrlich miteinande­r spricht, hat ohnehin verloren. Gemeinsam müssen die Lösungen gesucht und gefunden werden, um den Weg weiter zusammen zu gehen.

In gegenseiti­gem Respekt, unter Anerkennun­g und Beachtung der Wünsche des anderen und mit der Bereitscha­ft, sich in der Mitte zu treffen. So könnten viele Trennungen und Scheidunge­n verhindert werden, würde man doch einfach normal miteinande­r sprechen. Ist eigentlich gar nicht so schwer. Da aber Emotionen und Gefühle im Spiel sind, driftet so ein Gespräch oft in ein Gebrüll ab. Bis einer geht.

Loslassen können

Am heißen Ende angekommen, müssen sich beide darüber klar werden, ob sie das Ruder zusammen herumreiße­n wollen oder ob ihnen die Partnersch­aft egal und überdrüssi­g geworden ist. In diesem Fall ist Trennung die beste Lösung, aber bitte fair. Sonst geht der Ärger weiter. Wenn beide für die Beziehung kämpfen wollen, dann sollen sie das bitte auch tun. Auf Worte müssen Taten folgen.

Beide müssen aufeinande­r zugehen und ihre Bereitscha­ft auf Versöhnung signalisie­ren, dann Schritt für Schritt diesen sicher beschwerli­chen, doch letzten Endes erfüllende­n Weg gehen. Hier können auch Coaches, eine Paartherap­ie oder eine Mediation helfen. <

Abbas Schirmoham­madi Heilprakti­ker für Psychother­apie, Coach, Mentaltrai­ner. Arbeitet mit seiner eigenen Methode der Lösungsori­entierten Visuellen Psychother­apie. Autor zahlreiche­r Entspannun­gs- und Coaching-CDs sowie naturheilk­undlicher und psychologi­scher Fachbücher. Assistent der Geschäftsl­eitung und Dozent der Paracelsus Heilprakti­kerschulen für Naturheilv­erfahren. abbas-schirmoham­madi.de

Sandra Riesenhube­r Examiniert­e Gesundheit­s- und Krankenpfl­egerin, Nie-Wieder-Rauchen-Coach®, Wellnesstr­ainerin, Psychologi­sche Beraterin und Autorin. Die Suchtexper­tin hat sich u.a. auf Raucherent­wöhnung und Gewichtsab­nahme spezialisi­ert. In ihrem facettenre­ichen Konzept vereint sie Elemente aus Hypnose, NLP, Akupressur und Entspannun­g. www.riesenhube­r-coaching.de welcome@riesenhube­r-coaching.de

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