„Und dann habe mich von meiner Mutter getrennt“
Paula Lambert hat vor 14 Jahren den Kontakt abgebrochen. Wie es dazu kam, erzählt sie hier
Paula Lambert hat viel erreicht. Die 49-Jährige hat als Journalistin prämierte Reportagen, als Autorin Spiegel-Bestseller geschrieben, ist ihren Söhnen (16 und 19) eine liebevolle und unterstützende Mutter und als Beziehungsexpertin und Podcasterin gefragt. Dieser Erfolg wurde ihr nicht in die Wiege gelegt, sie hat ihn sich trotz schwerer Startbedingungen ganz alleine selbst erarbeitet.
Wenn Paula Lambert ihre Kindheit umschreibt, fällt allen voran das Wort „Vernachlässigung“: „Als Kind wurde ich sehr oft allein gelassen, wenn meine Mutter etwas unternehmen wollte“, erzählt sie. Das fing an, als Paula noch ein Baby war. Als sie sechs Monate alt war, ließen aufmerksame Nachbarn sie aus der verschmutzen Familienwohnung holen. Die nächsten fünf Jahre lebte sie in einer Pflegefamilie, bis ihre Mutter sie nach einem gemeinsamen Wochenende nicht mehr zurückbrachte. Ein Gericht entschied darauf: Das Mädchen soll bei der Mutter bleiben. Doch ihre Mutter hatte aus ihren frühen Fehlern nicht viel gelernt. Als 13-Jährige, so erinnert sich Paula, saß sie wochenlang allein daheim im Dunklen. Die Mutter war ohne ihre Tochter in den Urlaub gefahren – und hatte mal wieder die Stromrechnung nicht bezahlt.
„Auf der anderen Seite kam sie mit ihren ErwachsenenProblemen zu mir, mit denen ich als Kind heillos überfordert war“, so Paula. Mit 17 Jahren zog die Wahlberlinerin schließlich aus. Als sie mit 30 Jahren selbst Mutter wurde, schwor sie sich, alles anders zu machen: „Ich nahm mir vor, immer für meine Söhne da zu sein.“Vor 14 Jahren brach sie dann den Kontakt zu ihrer Mutter ab.
Paula wurde als Kind stark vernachlässigt
Ganz sicher, so sieht Paula das, hat ihr schwerer Start ins Leben einen Anteil an ihrem heutigen Erfolg. „Meine Erlebnisse und Erfahrungen ermöglichen es mir, anderen Menschen in den unterschiedlichsten Krisen noch besser zu helfen“, sagt sie. Inzwischen arbeitet sie als Coach und veranstaltet regelmäßig Retreats (Urlaube, bei denen Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen, sich auf sich selbst zu besinnen).
Und was rät sie denjenigen, die an der Beziehung zu einem Familienmitglied zweifeln, vielleicht sogar deswegen leiden? „Sich von engen Familienmitgliedern zu trennen, das ist nie eine leichtfertige Entscheidung“, sagt die Expertin und ergänzt: „Es hilft aber, sich eine Sache bewusst zu machen: Was man in der Beziehung sieht, ist das, was man bekommt. Es bringt nichts, darauf zu hoffen, dass da irgendwann noch mehr sein wird.“Und wie bei jeder Trennung sei das erst mal furchtbar traurig. Langfristig gehe es den Betroffenen aber besser.
„Meine Erlebnisse ermöglichen es mir, anderen Menschen in Krisen besser helfen zu können“Die Coachin und Autorin gibt ihr Wissen gern weiter, wie sie es geschafft hat, Vergangenes hinter sich zu lassen