Test: PPG Infinite Pro
Resynthese à la Wolfgang Palm
Nachdem 2017 die iOS-App PPG Infinite erschien, bringt der Entwickler der Wavetable-Synthese das Konzept nun auf den Desktop – und schafft damit noch faszinierendere Möglichkeiten der Klanggestaltung.
Es war immer mein Traum, ein System zu erschaffen, das alle Arten von Sound reproduzieren und sie in ein universelles Set von Parametern umwandeln kann. Auf diese Weise lässt sich jeder Sound auf jede Weise verwandeln“, so PPG-Entwickler Wolfgang Palm. Diesen Traum verwirklicht er mit dem neuen Plug-in PPG Infinite Pro. Hier ermöglicht Resynthese zielgerichtete Eingriffe in den Klang: Man zerlegt die Klänge in Frequenz und Zeit, schließlich setzt man ihn wieder zusammen und hat nun Zugriff auf nahezu alle seine Bestandteile.
Große Klangvielfalt
Aufgrund der vielen Möglichkeiten braucht man im Umgang mit diesem vielfältigen und detailverliebten Plug-in sicher ein paar Momente zum Experimentieren und Einarbeiten. Denn die Vielfalt ist groß: Insgesamt lässt sich in PPG Infinite Pro zwischen 141 Presets in der Factorys-Liste, weiteren Sounds aus den Listen der Sounddesigner und einer Tutorial-Bank wählen – insgesamt kommt man so auf fast eintausend Sounds. Jeden einzelnen Sound kann man bearbeiten und anschließend als Host-Projekt sichern. Darüber hinaus lassen sich auch eigene Bänke erstellen, um darin die selbst erstellten Presets zu speichern. In einer größeren Matrix sind 16 Soundquellen verfügbar, die sich durch 40 verschiedene Parameter detailreich kontrollieren lassen. Die Absätze in der oberen Leiste symbolisieren dabei verschiedene Outputs, die sich mit einem Mouse-Over erklären, was die Matrix gut verständlich macht. Anhand von Effekten wie Reverb, Delay, Overdrive, Distortion und Filter lässt sich der Sound mithilfe von Potis ebenfalls beeinflussen.
Durch die Time Envelope kann man detailliert in den Soundverlauf eingreifen. Dabei beschreibt der untere Rand den Anfang und der obere Rand das Ende des jeweiligen Sounds. Diese Art der bildlichen Darstellung vereinfacht den Umgang mit dem Klang sehr stark.
Neu bei PPG Infinite Pro ist der Morphing-Rekorder, mit dem man verschiedene Parameter aufnehmen und auf diese Weise den Sound verändern und völlig individuelle Klangstrukturen erzeugen kann. Im Morpher ist es möglich, zwischen fünf Sinus-Klangquellen zu wählen und dort wiederum in die Hüllkurve einzugreifen. Auf diese Weise kann man einen „Sound im Sound im Sound“erzeugen und wirklich individuelle Klänge kreieren. Verändert sich zum Beispiel innerhalb eines Sounds eine Sägezahn- in eine Dreieck-Wellenform, so kann man an jedem Punkt zugreifen und den Verlauf so komplett ändern. Der Noiser, ein weiterer X/Y-Controller, kann zudem drei verschiedene Noise-Quellen morphen und Modulationen auf der tonalen Ebene ausführen.
3D und 2D
Das Problem bei vielen komplexeren Plug-ins ist häufig die übersichtliche und bildhafte Darstellung des Klangs und seiner Veränderung. Beim PPG Infinite Pro ist dies sehr gut gelöst : Ein 3D-Editor macht den Sound greifbar und auch ein 2D-Rekorder ist verfügbar, mit dem man auf alle Harmonien zugreifen und auch die Länge des Sounds, also die Frames, verändern kann. Der Sine Analyzer macht es möglich, in sechs verschiedenen Modi eigene Soundfiles zu konvertieren. Unter anderem lassen sich dabei harmonische sowie unharmonische Obertöne (wie bei glockenartigen Klängen) erzeugen. Man wählt hierfür ein beliebiges Audiofile und lädt es in den Analyzer. Nach Aktivierung des Trace-Funktion lässt sich der Verlauf des Sounds jetzt anhand des 3D-Spektrums nachverfolgen.
Ein weiteres interessantes Feature ist die Noise Separation: Man kann die beiden Komponenten Sine (harmonisch, tonal) und Noise (Rauschen und nicht tonale, perkussive Töne) einzeln spielen und auf diese Weise den Klängen mehr Kontrast geben.
Fazit
Insgesamt lässt sich der Klang des PPG Infinite Pro als metallisch und eher kühl beschreiben, was den Sound beim Produzieren im Mix sehr kontrastreich macht und einem Track individuellen Charakter verleiht. Besondere Stärken liegen in den vielen Funktionen und mitgelieferten Sounds und den genau bestimmbaren zeitlichen Verläufen, die sich gut für flächige Klänge eignen. Besonders für Soundtüftler und Freunde der sphärischen Musik sollte der Synth eine echte Bereicherung sein. Für Live-Auftritte ist es allerdings ratsam, vorher genügend Klänge einzuspeichern. Ungeduldige tun sich mit dem Infinite Pro an manchen Stellen wahrscheinlich eher schwer. Doch auch Einsteiger nimmt PPG an die Hand, denn sie finden an vielen Stellen direkt im Plugin die nötigen Hilfeverweise und Erklärungen zu den einzelnen Funktionen.