Test: UVI Falcon 2
UVI ist vielen Usern durch seine kostenlose Workstation, bekannt, doch die hat auch einen großen Bruder, Falcon, der als hybride Synth/Sampler-Kombination jede vorstellbare Form der Klangerzeugung beherrscht. Das aktuelle Update bietet von allem noch mehr
Hybride Synth/Sampler-Workstation
So viel vorneweg: Zugegeben, Falcon ist beim ersten Benutzen erst mal gewöhnungsbedürftig, aber nach ein paar Stunden hat man alle Sektionen gesehen und navigiert zielsicher durch Programs, Layers und Keygroups.
Was ist Falcon?
Falcon sieht zwar aus wie ein reinrassiger, komplexer Sampler und bietet in dieser Hinsicht auch allerhand, jedoch hat er sogar mehr Synthesen zur Klangerzeugung an Bord als Sample-Algorithmen. Die Basis für ein Programm (respektive ein Preset) bilden Keygroups, von denen sich beliebig viele erzeugen, über das Keyboard verteilen und in Layern organisieren lassen. Auf allen Ebenen lassen sich individuell Effekte hinzufügen, sowohl in klanglicher Form, als auch über Events und Skripte, beispielsweise Arpeggiator, Sequenzer oder Chorder.
Sample-Modi
Samples lassen sich per Drag-&-Drop laden und mit sage und schreibe sieben verschiedenen Modi bearbeiten. Neben den regulären Algorithmen Sample, Slice und Stretch sind auch vier Varianten von IRCAM an Bord: Granular, Multi Granular, Scrub und IRCAM Stretch. Während sich Samples mit den Stretch-Algorithmen schier bis in die Unendlichkeit zu Texturen dehnen lassen, entstehen mit den Granular-Modi abgefahrenste Pads und
K langexper imente, was einen eher regulären Vertreter wie Slice beinah fehl am Platze erscheinen lässt. Doch selbst hier haben die Entwickler nicht nur auf Usability geachtet, sondern auch auf den Praxisnutzen. So lassen sich Samples im Slice-Modus nicht einfach nur in Stücke schneiden und unabhängig von Tempo und Tonlage wiedergeben, sondern die Einzelteile per Drag&-Drop direkt in die DAW exportieren. Mit einem Klick mehr sogar inklusive zugehöriger MIDI-Datei. Falcon ist voll von solchen Features der Marke „mitgedacht“, was uns schwer begeistert.
Synthesen
Mit Additive, Analog, Analog Stack, Drum, FM, Noise, Organ, Pluck und Wavetable stehen sagenhafte neun Synthesen zur Verfügung, die auf verschiedene Gebiete spezialisiert sind und nicht mit Optionen und Überraschungen geizen. Ob kristallklare Lead-Sounds, brave und bösartigste Bässe von Dubstep bis Dark Techno, schimmernde Pads, komplette synthetische Drum-Kits oder auch Kirchenorgeln, es ist einfach alles mit wenigen Klicks machbar, noch ganz ohne Samples. Auf Wunsch in beliebiger Kombination. Im Handumdrehen sind druckvolle, superweite Sounds erstellt, noch komplett ohne Hilfe von Effekten. Von Letzteren gibt über 50 an Bord, von simplen Delays bis Tape-Echos, Roomverbs bis Impulse Response Hall, in sich eigene Samples als Responses laden lassen. Dazu haufenweise Verzerrer, EQs, Filter, Kompressoren und Bitcrusher, sowie Thorus, Phasor,
Sparkverb und andere Effekte, die sogar als eigenes Plug-in erhältlich sind. Alle Effekte, Syntheseformen und Sample-Algorithmen bieten eigene Preset-Browser, sodass die Klänge nicht immer von Grund auf gebaut werden müssen. Auch ist das Umschalten der Algorithmen und Formen jederzeit per Mausklick on-the-fly möglich. Beeindruckend.
Modulieren
Um die Sounds zum Leben zu erwecken, bringt Falcon zweierlei Tools mit: Einerseits viele bekannte Modulatoren wie Hüllkurve, LFOs oder Stepsequenzer, aber auch Script-Prozessoren. Dazu gehören ein Arpeggiator mit etlichen Presets, ein Chorder für Akkorde und etliche andere praktische Tools, wie etwa ein euklidischer Sequenzer für Drums und Melodien oder der Pattern-Generator aus UVI‘s Drum Designer. Wer von den Synthesen und Effekten noch nicht erschlagen ist, dürfte es spätestens hier sein.
Doch geht Falcon mit seinen Modulatoren immer noch einen Schritt weiter, denn die lassen sich mit beinah jedem Parameter per Rechtsklick verbinden. Bei so vielen Möglichkeiten geht auch mal die Übersicht verloren, doch sogar hierfür haben die Entwickler mit dem „TreeView“eine Lösung: Hier ist jedes verwendete Element in einer Liste zu finden und kann gezielt bearbeitet werden.
Fazit
Mit diesem Test können wir wahrlich nur an der Oberfläche kratzen, denn der multitimbrale Falcon ist die ultimative Maschine für Sounddesigner. Man sollte aber eine gehörige Portion Erfahrung mitbringen, denn trotz variabler Größe des Plug-ins können Presets je nach Umfang auch mal unübersichtlich werden. Klangforschern sei Falcon uneingeschränkt empfohlen. Der vermeintlich knackige Preis ist durch die schiere Zahl an Features mehr als gerechtfertigt und selbst nach Jahren intensiver Nutzung entdeckt man immer wieder neue Facetten. Besitzer von Version 1 sollten zugreifen, denn das Update ist kostenlos. Hammer!