Modular-Kurztests
Neues für das Rack
Das gibt‘s auch nicht alle Tage: Zwar lässt der Markt an modularen Klangerzeugern mittlerweile kaum noch eine Nische unbesetzt, doch die Reinkarnation eines Plug-in-Synthesizers als Modul ist dann doch eine Überraschung. So geschehen mit dem Waverazor von MOK (Media Overkill), dem sich Hersteller 1010 Music angenommen hat.
Das Prinzip des Moduls ist vergleichbar mit der Software-Variante: Geboten werden zwei Oszillatoren, deren Wellenformen – vereinfacht gesagt – zerhackt und neu zusammengesetzt werden. In welcher Form und welchem Tempo ist dabei variabel und modulierbar. Ein wenig wie Granularsynthese, aber mit eigenständigem Ansatz. Hier tauchen dann Begriffe wie „Fractional Harmonics“und „Mutant Amplitude Modulation“auf, welche klar zeigen, dass wir uns hier auf schwer experimentellem Gebiet bewegen, das es zu erforschen gilt. Interessierte finden in der gut gemachten Anleitung zum Modul jede Menge Details zum Thema, wir konzentrieren uns hier doch aber viel lieber auf das Ergebnis: nämlich den Sound. Und der hat es in sich.
Navigiert man zu Beginn noch etwas hilflos durch die Handvoll Screens mit ihren abstrakt wirkenden Grafiken in futuristischem Neonblau und -rot, wird dann doch recht schnell klar, welche Auswirkungen die Regler auf die Oszillatoren haben. Zwar lassen sich pro Oszillator nur acht Parameter direkt verdrehen, das jedoch einerseits direkt per X/Y-Pad auf dem Touchscreen und andererseits über die satten 20 Modulationseingänge. Auf zahlreichen Menüunterseiten finden sich massenweise weiterführende Parameter für beide Oszillatoren, die Klangerzeugung und allgemeine Einstellungen für das Modul selbst. Um alle Features zu erforschen, bleibt ein gewisses Maß an Menu-Diving also unerlässlich, was gerade Fans von Modularsystemen sauer aufstoßen könnte, sich jedoch in der Vielseitigkeit des Sounds niederschlägt. Auch auf der Habenseite: Per Audioeingang können externe Signale eingeschleust und munter moduliert werden, was die Klangpalette nochmals immens erweitert.
So technisch das alles klingen mag, die Ergebnisse des Moduls klingen durchaus musikalisch. Zwar liegt der Schwerpunkt definitiv bei digital kreischenden und metallisch scheppernden Synth-Sounds, teils mit 8-Bit-Ästhetik und krankem Touch, aber auch abgefahrene Flächen, pulsierende und blubbernde Texturen sowie Drones stehen hoch im Kurs. Waverazor sollte allerdings unbedingt durch ein Filter geschleust werden und Effekte wie Delay und Reverb sind ebenfalls Pflicht, damit die Sounds vollends zur Geltung kommen. Ein Punkt, der uns neben den verschachtelten Menüs allerdings wirklich gestört hat, ist die Kombination aus schwarzem Modul, schwarzen Knöpfen und Reglern, sowie dunkelroter Schrift. Wer nicht bei hellstem Tageslicht oder starker Beleuchtung agiert, wird die Beschriftungen nicht entziffern können. Letztere sind zwar schnell auswendig gelernt, doch mit weißer Schrift wäre diese Hürde erst gar nicht entstanden.
Zum Austauschen von Sounds und Aktualisieren der Firmware steht ein Mini-SD-Slot zur Verfügung.
Fazit
Den Waverazor muss man sich verdienen, doch wer schon genug von den üblichen VCOs im Rack hat und sein System um neue Facetten erweitern möchte, ist hier genau richtig. Von den beiden Kritikpunkten der Beschriftung und des Menu-Diving abgesehen, ist das Modul einfach zu bedienen und dank 20 CV-Eingängen unglaublich lebendig im Klang. So liefert es feinste experimentelle Kost, wie sie bei keinem anderen Rack-Kandidaten zu finden ist. Und dank des mitgelieferten MIDI/ CV-Adapters ist das Modul schnell in jedes Studio integriert. Wer sich beim Basteln mal so richtig austoben will oder einfach außergewöhnliche Sounds sucht, wird mit Waverazor seinen neuen Liebling finden.