Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Ehrenamtlich auf der Kanzel
Heike Endepols lässt sich von der Evangelischen Kirche zur Prädikantin ausbilden. Die habilitierte Biologin kann anschließend die gottesdienstlichen Aufgabe eines Pfarrers übernehmen.
NEUENHAUS Wenn Prof. Dr. Heike Endepols vor ihren Studenten steht, dann ist sie in ihrem Element. Dann nehmen sie gemeinsam die Biologie unter die Lupe, forschen, finden und diskutieren. Dann geht es um belastbare Beweise und wissenschaftliche Erkenntnisse. Wenn Heike Endepols vor der Gemeinde steht, dann blickt sie in die Augen von Menschen, die sich am Sonntagmorgen Ermutigung oder einen neuen Blick auf biblische Geschichten wünschen, die ihre Gefühle und Sorgen mitbringen und an Gott glauben – dessen Existenz seit jeher eher schwerlich zu beweisen ist.
„Glaube und Wissenschaft widersprechen sich nicht“
Heike Endepols Biologin und Prädikantin
Passt das zusammen? „Für mich passt das“, sagt Heike Endepols. Und das ist kein Zögern, kein mühevolles Erklären. „Glaube und Wissenschaft widersprechen sich nicht“, hat die 54-Jährige festgestellt. Ganz im Gegenteil. Es seien zwei Lichter, die sich leuchten lassen.
Das gilt auch für Heike Endepols eigenes Leben: Glaube und Wissenschaft haben beide ihren Platz. Sie arbeitet als Biologie-Dozentin an der Universität in Köln und engagiert sich ehrenamtlich in der Evangelischen Kirchengemeinde Hilgen-Neuenhaus. Dort kam Presbyteriumsvorsitzende Dorothea Hoffrogge vor zwei Jahren auf sie zu und fragte, ob sie sich nicht vorstellen könne, Prädikantin zu werden. Die Evangelische Kirche bildet die Laienprediger als Unterstützung der hauptamtlichen Pfarrer aus – um Gottesdienste zu halten, Beerdigungen, Hochzeiten und Taufen zu feiern und auch gelegentlich im Seelsorgebereich einzuspringen. „Ich musste über diesen Vorschlag wirklich nachdenken“, sagt Heike Endepols. Am Ende habe sie gemerkt: „Ich hätte schon etwas zu sagen.“
Also verfasste sie ein Motivationsschreiben: Sie erklärte, dass sie Gott und der Gemeinde etwas zurückgeben wolle, weil ihre Erfahrungen so positiv, ihr Leben so reich sei. Und sie kam auch auf die Naturwissenschaften zu sprechen und ihren Wunsch, der Gemeinde ihre eigene Sicht auf die Welt anzubieten. Nach einem Gespräch beim Superintendenten des Kirchenkreises und einer Tagung der Evangelischen Landeskirche stand fest: Sie würde – gemeinsam mit zwölf anderen Anwärtern aus dem Rheinland – zwei Jahre lang lernen und Prüfungen schreiben, um anschließend als Prädikantin wirken zu können. „Zurüstung“ nennt die Evangelische Kirche diesen Prozess, der von einer praktischen Ausbildung in der Gemeinde begleitet wird.
Zehn Gottesdienste sollten Prädikanten bereits während der zweijährigen „Zurüstung“halten. Pünktlich zur Halbzeit hat Heike Endepols bereits 14 Mal auf der Kanzel gestanden – mit Unterstützung von Pfarrer Traugott Schuller als Mentor. „Ich bin sehr glücklich über seine Begleitung“, sagt Heike Endepols und erinnert sich an ihren ersten eigenen Gottesdienst. Sie sei so ein Typ, der immer ihren Puls im Blicke habe. „Der erste Gottesdienst, das war sehr aufregend“, sagt sie. Gleiches galt für die erste Gottesdienstvisitation der Prüfer, die einer Lehrprobe gleicht. „Aber auch da bin ich ganz glücklich rausgegangen“, sagt sie.
Das habe auch mit der Reaktion der Gemeinde zu tun. „Manchmal sagt mir jemand nach dem Gottesdienst, dass ihm meine Predigt geholfen oder dass er sich persönlich angesprochen gefühlt habe“, erzählt sie 54-Jährige. „Das rührt mich dann sehr.“Wenn sie nur für einen Menschen im Sonntagsgottesdienst etwas verändern könne, sei ihre Aufgabe schon getan. Was sie ihren Zuhörern mitgeben möchte ? „Es ist die Botschaft, die mir wichtig ist“, sagt sie, „Gott liebt alle Menschen ohne Ansehen der Leistung. Und deswegen muss keiner mehr Angst haben.“Mit dieser Überzeugung tritt sie selbst hinter das Rednerpult im Gottesdienstraum – und nicht selten nimmt sie sich in ihren Predigten dann einen naturwissenschaftlichen Blickwinkel vor.