Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
18-Jährige nach Hausfriedensbruch zu 100 Sozialstunden verurteilt
WERMELSKIRCHEN Manchmal ist es sehr interessant, Aussagen von Zeugen und Angeklagten so unmittelbar hintereinander zu hören. Oftmals decken sie sich in der Schilderung der Geschehnisse, in anderen Fällen liegen durchaus große Unterschiede dazwischen. So etwa in der Verhandlung gegen eine 18-jährige Wermelskirchenerin, die sich zum einen wegen eines Falles von Hausfriedensbruch in Verbindung mit Diebstahl sowie wegen Ladendiebstahls vor dem Amtsgericht verantworten musste.
War der Ladendiebstahl, der in der Kaufhof-Filiale in Köln stattfand, wegen der Aufnahmen der Sicherheitskameras unstrittig, war der Fall in Bezug auf den Hausfriedensbruch etwas anders gelagert. Die junge Frau soll vom 18. bis 21. Juli des Vorjahres in das Haus einer ihr bekannten Familie eingedrungen sein, dort übernachtet und Lebensmittel sowie eine Musikbox entwendet haben. Die Angeklagte gab beide Vorwürfe grundsätzlich zu. Sie sagte allerdings, dass sie die Musikbox wieder zurückgegeben habe – sie auch gar nicht habe mitnehmen wollen –, und dass sie nur in dem Haus übernachtet habe, weil sie keinen anderen Platz zum Schlafen gehabt habe. „Ich war im vergangenen Jahr bis September wohnungslos“, sagte sie. Sie habe die Lebensmittel auch ersetzen wollen, aber dann sei es zu spät gewesen.
In das Haus sei sie gekommen, weil sie den Pin-Code für die Türöffnung gewusst und die Familie sich zu diesem Zeitpunkt im Urlaub befunden habe. „Es war dumm von mir, ich habe nicht über die Konsequenzen nachgedacht“, sagte sie. Das klang nun nach einer Handlung aus der Not heraus, bei der kein großer Schaden entstanden war.
Dieses Bild änderte sich allerdings nach der Aussage der Geschädigten, einer Frau und Mutter von Kindern. „Dieser Eingriff in unser Innerstes, unser Zuhause, ist sehr schlimm. Ich hatte das Gefühl, dass überall in unserem Haus fremde Hände gewesen sind“, sagte sie. Das sei für sie und ihre Familie das Schlimmste gewesen, sagte sie weiter. Zumal, als dem ältesten Sohn, der mit der Angeklagten und deren Freund befreundet war, klar wurde, dass es nicht irgendein Einbrecher gewesen sei, sondern eben diese Freunde. „Es waren mehrere Leute, das war klar, wenn man das Chaos im Haus sah – schmutziges Geschirr überall, Zigarettenstummel und leere und halbleere Flaschen“, sagte die 44-Jährige.
Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe regte indes an, das Verfahren gegen die Auflage von Sozialstunden einzustellen. „Ihr bisheriges Leben ist geprägt von Brüchen, sie verfügt auch noch nicht über eine vollständig ausgereifte Persönlichkeit“, sagte sie. Die Angeklagte habe sich in einer schwierigen Zeit befunden, das habe sie auch glaubwürdig deutlich gemacht. Sie hole derzeit ihren Realschulabschluss nach und wolle zudem eine Ausbildung anfangen.
„Man darf aber nicht die psychischen Folgen dieser Tat außer Acht lassen. Es muss auf jeden Fall eine hohe Zahl von Sozialstunden sein – ich beantrage daher 100 Stunden“, sagte daraufhin die Staatsanwältin. Dem schloss sich auch die Richterin in ihrem Urteil an.
„Ich hatte das Gefühl, dass überall in unserem Haus fremde Hände gewesen sind“
Geschädigte