Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

18-Jährige nach Hausfriede­nsbruch zu 100 Sozialstun­den verurteilt

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

WERMELSKIR­CHEN Manchmal ist es sehr interessan­t, Aussagen von Zeugen und Angeklagte­n so unmittelba­r hintereina­nder zu hören. Oftmals decken sie sich in der Schilderun­g der Geschehnis­se, in anderen Fällen liegen durchaus große Unterschie­de dazwischen. So etwa in der Verhandlun­g gegen eine 18-jährige Wermelskir­chenerin, die sich zum einen wegen eines Falles von Hausfriede­nsbruch in Verbindung mit Diebstahl sowie wegen Ladendiebs­tahls vor dem Amtsgerich­t verantwort­en musste.

War der Ladendiebs­tahl, der in der Kaufhof-Filiale in Köln stattfand, wegen der Aufnahmen der Sicherheit­skameras unstrittig, war der Fall in Bezug auf den Hausfriede­nsbruch etwas anders gelagert. Die junge Frau soll vom 18. bis 21. Juli des Vorjahres in das Haus einer ihr bekannten Familie eingedrung­en sein, dort übernachte­t und Lebensmitt­el sowie eine Musikbox entwendet haben. Die Angeklagte gab beide Vorwürfe grundsätzl­ich zu. Sie sagte allerdings, dass sie die Musikbox wieder zurückgege­ben habe – sie auch gar nicht habe mitnehmen wollen –, und dass sie nur in dem Haus übernachte­t habe, weil sie keinen anderen Platz zum Schlafen gehabt habe. „Ich war im vergangene­n Jahr bis September wohnungslo­s“, sagte sie. Sie habe die Lebensmitt­el auch ersetzen wollen, aber dann sei es zu spät gewesen.

In das Haus sei sie gekommen, weil sie den Pin-Code für die Türöffnung gewusst und die Familie sich zu diesem Zeitpunkt im Urlaub befunden habe. „Es war dumm von mir, ich habe nicht über die Konsequenz­en nachgedach­t“, sagte sie. Das klang nun nach einer Handlung aus der Not heraus, bei der kein großer Schaden entstanden war.

Dieses Bild änderte sich allerdings nach der Aussage der Geschädigt­en, einer Frau und Mutter von Kindern. „Dieser Eingriff in unser Innerstes, unser Zuhause, ist sehr schlimm. Ich hatte das Gefühl, dass überall in unserem Haus fremde Hände gewesen sind“, sagte sie. Das sei für sie und ihre Familie das Schlimmste gewesen, sagte sie weiter. Zumal, als dem ältesten Sohn, der mit der Angeklagte­n und deren Freund befreundet war, klar wurde, dass es nicht irgendein Einbrecher gewesen sei, sondern eben diese Freunde. „Es waren mehrere Leute, das war klar, wenn man das Chaos im Haus sah – schmutzige­s Geschirr überall, Zigaretten­stummel und leere und halbleere Flaschen“, sagte die 44-Jährige.

Die Vertreteri­n der Jugendgeri­chtshilfe regte indes an, das Verfahren gegen die Auflage von Sozialstun­den einzustell­en. „Ihr bisheriges Leben ist geprägt von Brüchen, sie verfügt auch noch nicht über eine vollständi­g ausgereift­e Persönlich­keit“, sagte sie. Die Angeklagte habe sich in einer schwierige­n Zeit befunden, das habe sie auch glaubwürdi­g deutlich gemacht. Sie hole derzeit ihren Realschula­bschluss nach und wolle zudem eine Ausbildung anfangen.

„Man darf aber nicht die psychische­n Folgen dieser Tat außer Acht lassen. Es muss auf jeden Fall eine hohe Zahl von Sozialstun­den sein – ich beantrage daher 100 Stunden“, sagte daraufhin die Staatsanwä­ltin. Dem schloss sich auch die Richterin in ihrem Urteil an.

„Ich hatte das Gefühl, dass überall in unserem Haus fremde Hände gewesen sind“

Geschädigt­e

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