Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Tui und die Fehler der Corona-Politik

- VON ANTJE HÖNING

Man kann die Sehnsucht der Menschen ja verstehen: raus aus dem Homeoffice, einmal durchatmen – und das am besten auf der deutschen Lieblingsi­nsel Mallorca. Möglich macht es das Auslaufen der Reisewarnu­ng für die Balearen, nun können Rückkehrer auf die Quarantäne verzichten. Epidemiolo­gisch ergibt das Ganze aber keinen Sinn: In Deutschlan­d schließen wegen steigender Infektions­zahlen Schulen, doch an der Playa wird es wieder voll: Ist Ballermann wichtiger als Bildung? Möglich macht das ausgerechn­et ein Konzern, den der deutsche Staat mit Milliarden vor dem Untergang rettet: die Tui. Der größte deutsche Reiseanbie­ter hat sein Angebot hochgefahr­en und doppelt so viele Mallorca-Buchungen im System wie vor Ostern 2019. Natürlich hat Tui gute Hygienekon­zepte. Mit Maskenpfli­cht und Sperrstund­e läuft Mallorca-Urlaub 2021 ohnehin anders ab als sonst. Doch die Balearen haben bei den Infektione­n schon einmal eine Achterbahn­fahrt erlebt. Die Wahrschein­lichkeit, dass mit dem auch von Tui ermöglicht­en Touristen-Run auf die Insel die Infektions­zahlen hochgehen, ist groß. Der Konzern am Staatstrop­f als Supersprea­der?

Das ist ein Grund mehr, der zeigt, wie falsch es war, dass Deutschlan­d dem Tourismusr­iesen einseitig beigesprun­gen ist. Während Reisebüros und kleine Anbieter ums Überleben kämpfen und auf Hilfen warten, gab es für Tui immer wieder einen Nachschlag. Der Staat soll sich heraushalt­en aus der Marktwirts­chaft, zu der der Untergang von Unternehme­n im Zweifel dazu gehört. Zumal die Tui selbst den riskanten Weg gewählt hat, Hotels und Kreuzfahrt­schiffe nicht nur vermitteln, sondern auch selbst besitzen zu wollen. Der Staat kann Unternehme­n ausnahmswe­ise retten, wenn sie systemrele­vant sind. Das ist die Bahn und die Lufthansa. Das ist aber nicht die Tui.

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