Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Cybermobbing kann alle treffen
Kritik kann man wegstecken. Aber ein echter Shitstorm lässt niemanden kalt.
Das Internet beherrscht unseren Alltag. Begünstigt durch die Verlagerung des schulischen, beruflichen und sozialen Lebens ins Netz, hat Cybermobbing rapide zugenommen. Täglich kann man beobachten, wie Politiker und Prominente öffentlich fertiggemacht werden. Durch meine TV-Auftritte bin auch ich zur Zielscheibe geworden und kenne die Mobbing-Stufen gut:
1. Oberflächlicher Angriff (in Bezug auf Äußerlichkeiten)
2. Persönlicher Angriff (in Bezug auf den Charakter und innere Werte)
3. Öffentlicher Aufruf zum Mobbing („Wer findet X auch alles ätzend?“), gefolgt von Likes und Lach-Emojis
4. Gewalt-/Morddrohung
Jetzt mag man denken: Wer sich ins Rampenlicht stellt, der muss damit klarkommen. Ich würde korrigieren: Wer sich ins Rampenlicht stellt, muss sich über die Folgen bewusst sein. Aber was ist mit allen anderen? Leider sind auch vermehrt Privatpersonen von derartigen Angriffen betroffen – meist anonym von Kollegen, Mitschülern oder dem sozialen Umfeld, wo Social Media ein ideales Ventil ist, um Frust abzulassen. Durch die Anonymität ist die Hemmschwelle ins Bodenlose gesunken. Mobbing auf dem Schulhof oder am Arbeitsplatz gab es immer, bleibt im Internet aber meist verborgen. Aktuell läuft eine neue Staffel „Germany’s Next Topmodel“im Fernsehen. Erst vor Kurzem hat sich eine Ex-Teilnehmerin nach Hasstiraden im Netz das Leben genommen. Seit 15 Staffeln warte ich vergebens darauf, dass in der Sendung ein
Coach erscheint, der den Mädels (und Zuschauern) beibringt, wie man mit Hass im Netz umgeht, welche psychischen Auswirkungen Langzeit-Mobbing hat und wann man rechtliche Schritte ergreifen sollte. Leider entsteht der Eindruck, das sei alles nicht der Rede wert. Für den „Fame“erträgt man eben alles. Aber selbst wenn man argumentieren möchte, dass im Promi-Fall Mobbing zum Beruf gehört, für den man schließlich bezahlt wird, so ist es unverhältnismäßig. Hin und wieder eine Kritik kann man wegstecken. Ein regelrechter Shitstorm lässt aber niemanden kalt.
Unsere Autorin ist Start-up-Gründerin und Sprecherin der Initiative NRWAlley. Sie wechselt sich hier mit Blogger Richard Gutjahr ab.