Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Auf Enox ist Verlass
Der Holländische Schäferhund der Kölner Polizei stellt sich immer wieder treu und unerschrocken vor die Polizistin Sandra H.
KÖLN Enox kommt immer dann ins Spiel, wenn es richtig Probleme gibt. Wenn Betrunkene sich prügeln oder Menschen unter Drogeneinfluss derart aggressiv sind, dass auch mehrere Polizisten sie nicht beruhigen können, wird der Diensthund „hinzugezogen“, wie es im Polizeijargon heißt. Der Holländische Schäferhund der Kölner Polizei macht seinen Job so gut, dass er in diesem Jahr schon zweimal in Einsatzmeldungen erwähnt wurde.
Mitte Februar feierten mehrere Leute eine Party in Köln-Chorweiler – in Zeiten der Pandemie ruft das nicht nur dann die Polizei auf den Plan, wenn die Musik zu laut ist. Die Partygäste wurden aggressiv, ein Mann ging auf die Hundeführerin Sandra H. los, wie es in der Polizeimeldung heißt. Auf die Aufforderung der Polizistin, Abstand zu halten, reagierte er nicht, im Gegenteil: Er holte zum Schlag aus. „Da hat mein Hund quasi gesagt: Das möchte ich so nicht“, sagt Sandra H. Enox wehrte den Angriff ab und biss dem 36-Jährigen in die Hand. Er wurde in der Nacht im Krankenhaus behandelt.
Sandra H. und Enox sind seit mehr als vier Jahren ein Team. Der Schäferhund steht der Polizeioberkommissarin nicht nur im Schichtdienst als Schutzhund zur Seite. „Enox arbeitet sehr sachlich und ruhig, deshalb wurde er zusätzlich zum Sprengstoffspürhund ausgebildet“, sagt die 39-Jährige. Enox sucht Gebäude und Straßen nach Waffen und Sprengstoff ab, wenn etwa hochrangige Politiker in die Stadt kommen oder ein Marathon stattfindet. Seine Ruhe bewahrt der Hund auch dann, wenn es stressig wird. „Sobald er in einer Wohnung Waffen sucht, können 100 Leute um ihn rumturnen, das ist ihm völlig egal“, sagt Sandra H. Aber wenn er als Schutzhund gefragt ist, schaltet Enox um: „Er kann das gut unterscheiden.“ Zwei Wochen nach dem Einsatz in Chorweiler stellte sich Enox erneut schützend vor Sandra H. Sie und ihre Kollegen waren zu einer Schlägerei im Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses gerufen worden. Ein unter Drogen stehender Mann ging auf die Hundeführerin los – aber an Enox kam er nicht vorbei. „Die Bisswunde des Mannes wurde wenig später im Krankenhaus ambulant behandelt“, heißt es in der Einsatzmeldung.
„Das ist Teamarbeit. So wie der Hund mich beschützt hat, würde ich auch jederzeit dafür sorgen, dass meinem Hund niemand zu nahekommt“, sagt Sandra H. Sie wusste schon mit elf Jahren, dass sie Hundeführerin werden will. Wenn man sie fragt, was genau sie an ihrem Job so mag, antwortet sie: „Eigentlich alles. Ich bin ein absoluter Hundemensch, es gibt nichts, was mir an der Arbeit mit meinem Hund nicht gefällt. Man kann durch die Hunde unheimlich viel erreichen, weil die mit ihren feinen Nasen so viel helfen und finden können.“Inzwischen gibt es bei der NRW-Polizei auch Spürhunde, die Festplatten oder Sim-Karten erschnüffeln können und den Ermittlern vor allem im Kampf gegen Kindesmissbrauch helfen.
Enox ist einer von 318 Hunden, die in den Polizeibehörden in NRW arbeiten. Die Ausbildung der Tiere dauert bis zu zwei Jahre und schließt mit der Polizeidiensthund-Prüfung ab. Im Dienst bleiben die Hunde dann etwa bis zum zehnten Lebensjahr. Sie leben bei ihrem Diensthundeführer – auch wenn sie nicht mehr im Einsatz sind. Der Polizist oder die
Polizistin begleitet den Hund sein ganzes Leben lang. „Die Bindung zwischen Hund und Hundeführer können Außenstehende nicht verstehen“, sagt Sandra H. „Das ist viel intensiver als mit Haustieren. Man begibt sich mit dem Hund in Situationen, in denen man sich zu 100 Prozent aufeinander verlassen muss.“
Die NRW-Polizei bildet ihre Schutzhunde nicht nur selbst aus, die Hunde stammen in der Regel auch aus der eigenen Zucht, wie das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten
NRW mitteilt. Ob sich ein Welpe für den Polizeidienst eignet, entscheidet sich in einer sogenannten Beurteilungsphase von bis zu sechs Wochen. Bis zu 60 Prozent der Hunde, meist Belgische Schäferhunde, sind neugierig und unerschrocken genug, um eine Ausbildung zum Polizeihund antreten zu können. Die anderen werden aus der Zucht im Ort Schloß Holte-Stukenbrock an Privatpersonen mit Hundeerfahrung verkauft.
Enox weiß genau, wann er im Dienst ist und wann Feierabend ist. „Im Privaten ist Enox total freundlich zu allen, er unterscheidet das ganz sauber“, sagt Sandra H. „Besucher, Fußgänger, Jogger – alles kein Problem.“Wenn Enox frei hat, hängt er mit seinen Kumpels auf dem Sofa ab, zwei American Staffordshire Terriern, die auch Sandra H. gehören. „Wir sind immer zusammen“, sagt sie. „Ich fahre auch nicht ohne meine Hunde in den Urlaub.“Probleme, ein Hotelzimmer zu bekommen, gibt es mit den drei stattlichen Rüden nie – Sandra H. verreist mit dem Wohnmobil.