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Erling Haaland macht aus seinem Frust nach Dortmunds 2:2 gegen Köln keinen Hehl. Das wirft Fragen nach seiner Zukunft auf.

Dortmunds Torjäger kocht nach dem 2:2 in Köln vor Wut. Beim FC entpuppt sich Trainer Markus Gisdol als Stehaufmän­nchen.

- VON HOLGER SCHMIDT

KÖLN (dpa) Die Bilder des Frust-Abgangs von Einzelkämp­fer Erling Haaland bieten eine Menge Interpreta­tions-Spielraum. Mit zornigem Gesicht und lautstarke­n Flüchen war der Retter von Borussia Dortmund nach dem 2:2 (1:1) beim 1. FC Köln in die Kabine gerannt und würdigte niemanden um sich herum eines Blicks. Sein Trikot warf er Gegenspiel­er Jorge Meré in die Arme, ohne dessen Shirt als Gegenleist­ung abzuwarten. „Man hat seine Enttäuschu­ng gesehen, weil er unbedingt drei Punkte wollte“, sagte Trainer Edin Terzic und untertrieb damit durchaus.

Natürlich sind diese Bilder Ausdruck des „unbändigen Siegeswill­ens“der norwegisch­en Tormaschin­e, wie Terzic betonte. Selbst ein Last-Minute-Punkt mit zwei eigenen Toren stellt Haaland nicht zufrieden. Er rettete den Punkt nach den Gegentoren von Ondrej Duda (35., Handelfmet­er) und Ismail Jakobs

(65.). Die Bilder sind auch Ausdruck harter Selbstkrit­ik, denn der 20-Jährige hatte unter anderem mit einem Pfosten-Kopfball noch Chancen zu einigen weiteren Treffern. Und sie können auch prima als Zeichen purer Identifika­tion mit dem BVB gedeutet werden. Oder als eine Entwicklun­g ins Gegenteil.

Haaland haderte während der Partie mehrfach mit Mitspieler­n oder winkte ab. Es wirkte, als habe er den – nachvollzi­ehbaren – Eindruck gewonnen, alles alleine regeln zu müssen. Und auf die Europa League oder gar die neue Conference League anstelle der Champions League hätte die heißeste Stürmer-Aktie im Weltfußbal­l sicher wenig Lust.

Deshalb spielt der BVB im Saison-Endspurt nicht nur um den Einzug in die Königsklas­se. Er kämpft sicher auch darum, Haaland eine Perspektiv­e bieten zu können. Der bis 2024 laufende Vertrag enthält keine Ausstiegsk­lausel. Und eigentlich scheint klar: Wenn der BVB im Sommer einen Star abgibt, dann eher Jadon

Sancho, dem der Wechsel nach England im Vorjahr verwehrt wurde. Sein ganzes Tafelsilbe­r will und muss der BVB eigentlich nicht in einem einzigen Sommer verkaufen.

Doch um Haaland wirbt der gesamte Fußball-Hochadel, und alles andere als die Bühne Champions League wäre seiner nicht würdig. 21 Tore in 21 Bundesliga-Spielen hat er in dieser Saison erzielt, insgesamt 33 Treffer in 31 Pflichtspi­elen.

Wenn Terzic betont, dass wir „sehr froh sind, dass er bei uns ist“, klingt das auch ein wenig beschwören­d.

Die Tabelle weist aktuell vier Punkte Rückstand auf Eintracht Frankfurt aus. Die auf dem begehrten vierten Platz liegenden Hessen im folgenden Direkt-Duell zu überholen, ist damit unmöglich. Eine Niederlage gegen Frankfurt könnte bei noch sieben ausstehend­en Spielen sogar schon eine Vorentsche­idung gegen den BVB bedeuten.

Kölns Trainer Markus Gisdol ist dagegen erst einmal wieder gerettet. Oder die Mannschaft hat ihn gerettet. Dass sie schon zum vierten Mal in dieser Saison ausgerechn­et dann beherzt auftrat, wenn die Gerüchte um den Trainer zunahmen, kann als Statement für Gisdol gewertet werden. Und Innenverte­idiger Rafael Czichos wollte es auch genau so verstanden wissen. „Wenn man so eine Saison spielt, ist es nicht ganz unnormal, dass es Diskussion­en gibt“, sagte der 30-Jährige: „Aber ich denke, wir haben die Antwort auf dem Platz gegeben.“

Bleibt die Frage, warum die Mannschaft immer erst dann alles abruft, wenn ihr und dem Trainer das Wasser bis zum Hals steht. Man müsse deshalb auch hinterfrag­en, ob in den besonders brisanten Momenten „etwas mehr herausgeki­tzelt wird“, sagte Gisdol und räumte selbstkrit­isch ein: „Die Aufgabe, auch von mir, ist, das in allen Momenten herauszuki­tzeln.“

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FOTO: DPA Frustriert in Köln: Dortmunds Erling Haaland.

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