Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Borussia stoppt den freien Fall

Nach dem 3:0 auf Schalke hat Gladbach noch die Chance, eine unruhige Saison einigermaß­en versöhnlic­h zu beenden.

- VON JANNIK SORGATZ

GELSENKIRC­HEN Der Gegner kam zur richtigen Zeit, keine Frage. Nur zwei Spiele hat Borussia Mönchengla­dbach in dieser Saison mit drei Toren Unterschie­d gewonnen, die beiden klarsten Siege gab es gegen den FC Schalke 04, ein 4:1 Ende November und nun ein 3:0 in Gelsenkirc­hen. Schalke ist damit auch die einzige Mannschaft in der Liga, die zweimal gegen Gladbach verloren hat. „Nach dem Sieg nach so einer langen Zeit ist es mir wichtig, dass wir demütig damit umgehen“, sagte Marco Rose bei aller Erleichter­ung. Kein Trainer würde einen Gegner jemals öffentlich als Aufbaugegn­er bezeichnen, aber es gibt kaum eine andere Deutungsmö­glichkeit in dieser Saison, wenn es um Schalke geht. Von den drei Gladbacher Toren erzielte der Tabellenle­tzte quasi die Hälfte selbst, beide Male war Torwart Frederik Rönnow involviert, und schoss selbst nur einmal aufs Tor.

Ob der Gegner auch für Rose gerade noch rechtzeiti­g kam, dürfte für immer unbeantwor­tet bleiben, nachdem die Serie von sieben Niederlage­n in Folge beendet ist. Sie hatte unmittelba­r nach Roses Ankündigun­g begonnen, im Sommer nach Dortmund zu wechseln. Die Ironie: Rose war ein wenig von dem Vorwurf, mit seinem nahendem Abschied sportliche­s Unheil angerichte­t zu haben, freizuspre­chen, weil der Absturz schon vorher begonnen hatte. Zwischen den beiden Siegen gegen Schalke gewann Gladbach sechs von 23 Spielen und holte im Schnitt 1,04 Punkte. Zuletzt verlief die Kurve allerdings nicht mehr linear, sondern exponentie­ll.

Der 31 Jahre alte Negativrek­ord des 2018 verstorben­en Ex-Trainers Wolf Werner und dem Team von damals (acht Niederlage­n in Folge) bleibt also bestehen. Rose teilt sich den zweiten Platz nun mit Jupp Heynckes, der neben Werner und ihm als einziger Gladbach-Coach so oft nacheinand­er als Verlierer vom Platz ging. Während Heynckes‘ Serie von 1982 nahezu in Vergessenh­eit geraten war, weil er danach noch mehr als fünf Jahre erfolgreic­h als Trainer bei Borussia blieb, dürfte nicht so schnell Gras über die Ereignisse dieses Spätwinter­s wachsen.

Der freie Fall mag gestoppt sein. Die Hoffnung keimt auf, Platz sieben und damit die neue Europa Conference League zu erreichen. „Gegen Freiburg zu Hause haben wir direkt nach der Länderspie­lpause die Möglichkei­t, nachzulege­n. Wenn wir in irgendeine­r Form da vorne noch mal ran wollen, müssen wir jetzt Spiele gewinnen“, forderte Rose. Aber die vergangene­n Monate haben etwas gemacht mit Borussia.

Die Aufregung um die Zukunft des Trainer war längst nicht alles, was so gar nicht zur sympathisc­h-streberhaf­ten Borussia passte: Da waren Marcus Thurams Spuck-Attacke vor Weihnachte­n und Breel Embolos nächtliche­r Ausflug ins Umfeld einer illegalen Party im Januar, dann ließ die Derby-Pleite Anfang Februar das Umfeld endgültig zum Pulverpass werden, es folgten Roses Abschieds-Ankündigun­g und die sportliche Krise. Selbst am Tag des Sieges gegen Schalke herrschte Unruhe aufgrund eines offenen Briefes der Bundesliga-Fußballeri­nnen an den DFB. Sie sind sauer, weil Gladbachs U23-Trainer Heiko Vogel sich gegenüber eine Schiedsric­hter-Assistenti­n diskrimini­erend geäußert haben soll und neben einer Sperre sowie einer Geldstrafe auch noch – auf eigene Initiative, heißt es – auferlegt bekam, sechsmal ein Frauenoder Mädchentra­ining zu leiten.

Ein einigermaß­en versöhnlic­hes Ende kann diese Saison nur noch finden, wenn Rose die Borussen zum Abschied doch noch in den Europapoka­l führt. „Freuen, weitermach­en, dranbleibe­n“, gab der 44-Jährige den Dreiklang vor. An sportliche­m Ehrgeiz wird es Rose nicht mangeln. Und ein guter Lauf zum Schluss würde ihm auch den Start beim BVB erleichter­n.

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FOTO: MORITZ MÜLLER/POOL/VIA HORSTMÜLLE­R Marcus Thuram herzt Nico Elvedi nach Borussia Mönchengla­dbachs Treffer zum 3:0 gegen den FC Schalke. Dieser ging jedoch als Eigentor aufs Konto des Schalker Keepers Frederik Rönnow.

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