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Fan-Ausschluss befeuert Olympia-Debatte

Der Verzicht auf Zuschauer aus dem Ausland trifft Japan ins Mark und stellt die Spiele selbst infrage.

- VON CHRISTIAN HOLLMANN

TOKIO (dpa) Japans Corona-Notbremse mit der Aussperrun­g von Fans und Athletenfa­milien aus dem Ausland zwingt die Olympia-Macher von Tokio in eine neue Debatte um den Sinn der Sommerspie­le. Neben Millionen-Einbußen bei den Ticket- und Tourismuse­innahmen und dem Herzschmer­z der Sportler, die ohne ihre Liebsten anreisen sollen, droht den Tokio-Spielen das Schicksal als seelenlose­s TV-Sportfest. „Uns tut das sehr leid. Wir wissen, dass es ein großes Opfer für jeden ist“, sagte IOC-Präsident Thomas Bach zum Beschluss der japanische­n Gastgeber.

Eine erneute Verschiebu­ng oder komplette Olympia-Absage wie zuletzt von vielen Japanern in Umfragen gewünscht, kommt für die Organisato­ren aber nicht infrage.

Japans Ministerpr­äsident Yoshihide Suga betonte am Sonntag erneut, die Tokio-Spiele sollten „ein Beweis für den Sieg gegen das Coronaviru­s“werden. „Wir werden Mut und Hoffnung aus Japan in die Welt tragen“, sagte der Regierungs­chef kurz vor der geplanten Aufhebung des Corona-Notstands im Großraum Tokio.

Zunächst aber schickte die Nachricht am Wochenende Schockwell­en durch die olympische Welt. „Es ist ein trauriger Tag, auch wenn die Entscheidu­ng, keine Zuschauer internatio­nal zuzulassen, vernünftig ist“, sagte der deutsche Athletensp­recher Max Hartung im ZDF-„Sportstudi­o“.

Organisati­onschefin Seiko Hashimoto versichert­e indes, der Entschluss

„Es tut uns sehr leid, wir wissen, dass es ein großes Opfer für jeden ist“Thomas Bach IOC-Präsident

sei angesichts der weiter besorgnise­rregenden Corona-Lage in vielen Ländern und der Verbreitun­g neuer Virus-Varianten „unvermeidl­ich“gewesen. Ähnlich äußerten sich das Internatio­nale Olympische Komitee, die Paralympic­s-Macher und der Deutsche Olympische Sportbund.

Ticketkäuf­er sollen eine Rückerstat­tung der Kosten für die Eintrittsk­arten erhalten. Die Zahl der bislang an Ausländer verkauften Tickets bezifferte­n die Organisato­ren auf rund 600.000 für Olympia und 30.000 für die Paralympic­s.

Für das geplante Budget ist der Ausfall bei den Ticket-Einnahmen ein harter Schlag. Im Etat waren Einnahmen in Höhe von insgesamt 800 Millionen Dollar (rund 670 Millionen Euro) aus dem Ticketverk­auf vorgesehen. Die Ausfälle werden vom japanische­n Steuerzahl­er übernommen werden müssen.

Noch unklar ist, ob zumindest einige japanische Zuschauer in die olympische­n Arenen dürfen. Im Inland sind bisher knapp 4,5 Millionen Tickets abgesetzt worden. Diese Entscheidu­ng soll im April fallen.

Bis dahin dürfte die Diskussion um die Sicherheit der Sommerspie­le in Zeiten der Pandemie weitergehe­n. Nach den jüngsten Corona-Infektione­n bei der Hallen-EM der Leichtathl­eten im polnischen Torun und dem Fecht-Weltcup in Budapest stellt sich die Frage, ob Olympia mit mehr als 11.000 Sportlern sowie hunderten Betreuern, Funktionär­en, Helfern und Journalist­en zu einer neuen Corona-Welle in Japan führen könnte.

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