Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Ist die Eisenbahn bald wieder am Zug?

Wegen des Wechsels in der Klimapolit­ik wird wieder vermehrt über die Wiederbele­bung von Regionalba­hnen gesprochen.

- VON STEFAN GILSBACH

RADEVORMWA­LD Vor einigen Jahren waren die Bahnstreck­en im Bergischen Land eher ein Thema für Eisenbahn-Nostalgike­r. Doch nun sieht es so aus, als könnte auf den alten Schienen wieder neues Leben rollen. Bereits im vergangene­n Jahr hatte die Verwaltung in Radevormwa­ld sich mit der Stadt Wuppertal über eine denkbare Wiederbele­bung der Wuppertalb­ahn ausgetausc­ht, die durch das Flusstal von Radevormwa­ld bis Oberbarmen führt. Jetzt soll eine Vorstudie der Nahverkehr Rheinland (NVR) prüfen, wie das technisch machbar ist.

„Aufgrund der Klimaschut­zziele steht die Bahn als Verkehrsmi­ttel wieder mehr im Fokus“

Benjamin Jeschor Sprecher der Nahverkehr Rheinland GmbH

Noch konkreter sind die Pläne bei der Oberbergis­chen Bahn, welche den Rheinisch-Bergischen und den Oberbergis­chen Kreis mit Köln verbindet. Eine Machbarkei­tsstudie der NVR schlägt vor, die Strecke von einer Regionalba­hn zu einer S-Bahn-Strecke aufzuwerte­n, zumindest zwischen Köln und Gummersbac­h. Die SPD-Kreistagfr­aktion hakte sofort nach und forderte, auch Marienheid­e soll eine S-Bahn-Station werden.

Diese Strecke betrifft zwar eher das mittlere Kreisgebie­t, doch auch für die Radevormwa­lder ist sie interessan­t, denn die aktuelle Regionalba­hn führt über Halver nach Lüdenschei­d. Und Halver-Oberbrügge ist von Rade nicht allzu weit entfernt, von dort gibt es somit eine Bahnverbin­dung nach Köln per S-Bahn-Anschluss. Sollte theoretisc­h die komplette Strecke eines Tages von S-Bahnen befahren werden, wäre das für die Radevormwa­lder noch attraktive­r. Allerdings ist Halver-Oberbrügge derzeit nur ein „Bedarfshal­t“.

Was die Wiederbele­bung der Wuppertalb­ahn betrifft, gibt es noch offene Fragen, etwa was die Elektrifiz­ierung der Strecke und die Erneuerung

der Bahnhöfe angeht. Die UWG-Fraktion im Radevormwa­lder Rat profiliert sich bereits gegen das Vorhaben. Nicht zuletzt aus diesem Grund hatte die Wählergeme­inschaft zum aktuellen Haushaltse­ntwurf der Stadt den Antrag gestellt, die Haushaltsp­osition zur Qualifizie­rung für die Regionale 2025 mit einem Sperrverme­rk zu versehen. Es handelt sich um eine Summe von 50.000 Euro. „Im Zuge der Haushaltsb­eratungen wurde festgestel­lt, das in dieser Haushaltsp­osition die Aufwände für die Reaktivier­ung der Wuppertalb­ahn und die sonstigen Planungen für die im Umfeld der Regionale 2025 (Parkhaus, Eventzentr­um, Hotel, etc,) geplanten Maßnahmen aufsummier­t werden“, heißt es im Antrag der UWG. Dazu lägen noch keine Informatio­nen vor und die Fraktion bezweifle generell „die Sinnhaftig­keit dieses Projektes“. Ausgehend von einer wahrschein­lichen finanziell­en Beteiligun­g der Stadt Radevormwa­ld bei einer möglichen Umsetzung und der aktuellen Haushaltss­ituation halte man „dieses Vorhaben auch für schwerlich finanzierb­ar“.

Ist dies der Beginn einer Renaissanc­e des Schienenpe­rsonenverk­ehrs? Benjamin Jeschor, Sprecher der Nahverkehr Rheinland GmbH, warnt davor, die beiden Vorhaben vorschnell in einen Zusammenha­ng

zu stellen. „Über die Umwandlung der Regionalba­hn 25 in seine S-Bahn-Strecke wurde schon seit Jahren gesprochen“, sagt er. Und bis das Ergebnis der Machbarkei­tsstudie umgesetzt sei, dauere es natürlich ebenfalls noch Jahre. „Aber aufgrund der Klimaschut­zziele, die erreicht werden sollen, steht die Bahn als Verkehrsmi­ttel wieder mehr im Fokus“, erklärt Jeschor. Die Menschen nutzten vermehrt den Nahverkehr, auch wenn diese Entwicklun­g zurzeit durch die Corona-Pandemie etwa gebremst werde.

Was die Oberbergis­che Bahn mit ihrer Strecke Richtung Lüdenschei­d angeht, so werden Reisende bei der Umrüstung auf eine S-Bahn-Strecke von Köln bis Gummersbac­h (oder Marienheid­e) dann in die Regionalba­hn umsteigen müssen.

Und mit Blick auf die Vorstudie zur Wuppertalb­ahn erklärt Benjamin Jeschor, dass man hier noch ganz am Anfang stehe. Überlegung­en, was bei einer Wiederbele­bung der Strecke mit dem Umfeld, also dem Bereich der Bahnhöfe geschehe, sind noch weit entfernt.

Dass man einen langen Atem braucht, wenn man eine Bahnstreck­e wiederbele­ben möchte, diese Erfahrung haben auch Ulrich Grotstolle­n und seine Mitstreite­r gemacht. Grotstolle­n ist Vorsitzend­er des Vereins Bergische Bahnen/Fördervere­in

Wupperschi­ene, dessen Ziel es ist, einen Museumsbah­nverkehr auf der Strecke der Wuppertalb­ahn einzuricht­en. Dass nun erwogen wird, den Schienenpe­rsonennahv­erkehr wieder einzuführe­n, sieht er positiv: „Wichtig ist, dass das Interesse an der Strecke bleibt.“Er sieht keine Probleme darin, den geplanten Museumszug zu bestimmten Zeiten durchs Tal der Wupper fahren zu lassen, wenn gerade der ÖVPN pausiert. Das müsste dann organisier­t werden, in Absprache mit der Rhein-Sieg-Eisenbahn, die hier federführe­nd ist.

Positiv für den Verein Bergische Bahnen/Wupperschi­ene wäre auch, dass im Fall einer Wiederaufn­ahme des Schienenpe­rsonennahv­erkehrs die Pflege der Strecke nicht mehr durch die Mitglieder geleistet werden müsse. In den vergangene­n Jahren hat der Verein mit viel Engagement Brücke und andere Bestandtei­le der Infrastruk­tur auf der Strecke saniert.

Unklar ist, was bei einer Wiederbele­bung aus den beliebten Draisinent­ouren werden wird. Diese trügen dazu bei, die Strecke weiter populär zu machen, meint Grotstolle­n. Allerdings, gibt er zu denken, werde bis zu einer Umsetzung der Wiederbele­bungspläne, falls es denn so weit komme, noch eine lange Zeit vergehen.

 ?? FOTO: STEFAN GILSBACH ?? Das ehemalige Bahnhofsge­bäude in Dahlerau zeugt von der Vergangenh­eit der Wuppertalb­ahn. Nun gibt es Überlegung­en, auf der Strecke wieder einen regulären Schienenpe­rsonenverk­ehr einzuführe­n.
FOTO: STEFAN GILSBACH Das ehemalige Bahnhofsge­bäude in Dahlerau zeugt von der Vergangenh­eit der Wuppertalb­ahn. Nun gibt es Überlegung­en, auf der Strecke wieder einen regulären Schienenpe­rsonenverk­ehr einzuführe­n.
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FOTO: MICHAEL IN’T ZANDT (ARCHIV) 2020 arbeiteten die Mitglieder der „Wupperschi­ene“auf der Wupperbrüc­ke zwischen Dahlhausen und Wilhelmsta­l.

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