Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Ist die Eisenbahn bald wieder am Zug?
Wegen des Wechsels in der Klimapolitik wird wieder vermehrt über die Wiederbelebung von Regionalbahnen gesprochen.
RADEVORMWALD Vor einigen Jahren waren die Bahnstrecken im Bergischen Land eher ein Thema für Eisenbahn-Nostalgiker. Doch nun sieht es so aus, als könnte auf den alten Schienen wieder neues Leben rollen. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Verwaltung in Radevormwald sich mit der Stadt Wuppertal über eine denkbare Wiederbelebung der Wuppertalbahn ausgetauscht, die durch das Flusstal von Radevormwald bis Oberbarmen führt. Jetzt soll eine Vorstudie der Nahverkehr Rheinland (NVR) prüfen, wie das technisch machbar ist.
„Aufgrund der Klimaschutzziele steht die Bahn als Verkehrsmittel wieder mehr im Fokus“
Benjamin Jeschor Sprecher der Nahverkehr Rheinland GmbH
Noch konkreter sind die Pläne bei der Oberbergischen Bahn, welche den Rheinisch-Bergischen und den Oberbergischen Kreis mit Köln verbindet. Eine Machbarkeitsstudie der NVR schlägt vor, die Strecke von einer Regionalbahn zu einer S-Bahn-Strecke aufzuwerten, zumindest zwischen Köln und Gummersbach. Die SPD-Kreistagfraktion hakte sofort nach und forderte, auch Marienheide soll eine S-Bahn-Station werden.
Diese Strecke betrifft zwar eher das mittlere Kreisgebiet, doch auch für die Radevormwalder ist sie interessant, denn die aktuelle Regionalbahn führt über Halver nach Lüdenscheid. Und Halver-Oberbrügge ist von Rade nicht allzu weit entfernt, von dort gibt es somit eine Bahnverbindung nach Köln per S-Bahn-Anschluss. Sollte theoretisch die komplette Strecke eines Tages von S-Bahnen befahren werden, wäre das für die Radevormwalder noch attraktiver. Allerdings ist Halver-Oberbrügge derzeit nur ein „Bedarfshalt“.
Was die Wiederbelebung der Wuppertalbahn betrifft, gibt es noch offene Fragen, etwa was die Elektrifizierung der Strecke und die Erneuerung
der Bahnhöfe angeht. Die UWG-Fraktion im Radevormwalder Rat profiliert sich bereits gegen das Vorhaben. Nicht zuletzt aus diesem Grund hatte die Wählergemeinschaft zum aktuellen Haushaltsentwurf der Stadt den Antrag gestellt, die Haushaltsposition zur Qualifizierung für die Regionale 2025 mit einem Sperrvermerk zu versehen. Es handelt sich um eine Summe von 50.000 Euro. „Im Zuge der Haushaltsberatungen wurde festgestellt, das in dieser Haushaltsposition die Aufwände für die Reaktivierung der Wuppertalbahn und die sonstigen Planungen für die im Umfeld der Regionale 2025 (Parkhaus, Eventzentrum, Hotel, etc,) geplanten Maßnahmen aufsummiert werden“, heißt es im Antrag der UWG. Dazu lägen noch keine Informationen vor und die Fraktion bezweifle generell „die Sinnhaftigkeit dieses Projektes“. Ausgehend von einer wahrscheinlichen finanziellen Beteiligung der Stadt Radevormwald bei einer möglichen Umsetzung und der aktuellen Haushaltssituation halte man „dieses Vorhaben auch für schwerlich finanzierbar“.
Ist dies der Beginn einer Renaissance des Schienenpersonenverkehrs? Benjamin Jeschor, Sprecher der Nahverkehr Rheinland GmbH, warnt davor, die beiden Vorhaben vorschnell in einen Zusammenhang
zu stellen. „Über die Umwandlung der Regionalbahn 25 in seine S-Bahn-Strecke wurde schon seit Jahren gesprochen“, sagt er. Und bis das Ergebnis der Machbarkeitsstudie umgesetzt sei, dauere es natürlich ebenfalls noch Jahre. „Aber aufgrund der Klimaschutzziele, die erreicht werden sollen, steht die Bahn als Verkehrsmittel wieder mehr im Fokus“, erklärt Jeschor. Die Menschen nutzten vermehrt den Nahverkehr, auch wenn diese Entwicklung zurzeit durch die Corona-Pandemie etwa gebremst werde.
Was die Oberbergische Bahn mit ihrer Strecke Richtung Lüdenscheid angeht, so werden Reisende bei der Umrüstung auf eine S-Bahn-Strecke von Köln bis Gummersbach (oder Marienheide) dann in die Regionalbahn umsteigen müssen.
Und mit Blick auf die Vorstudie zur Wuppertalbahn erklärt Benjamin Jeschor, dass man hier noch ganz am Anfang stehe. Überlegungen, was bei einer Wiederbelebung der Strecke mit dem Umfeld, also dem Bereich der Bahnhöfe geschehe, sind noch weit entfernt.
Dass man einen langen Atem braucht, wenn man eine Bahnstrecke wiederbeleben möchte, diese Erfahrung haben auch Ulrich Grotstollen und seine Mitstreiter gemacht. Grotstollen ist Vorsitzender des Vereins Bergische Bahnen/Förderverein
Wupperschiene, dessen Ziel es ist, einen Museumsbahnverkehr auf der Strecke der Wuppertalbahn einzurichten. Dass nun erwogen wird, den Schienenpersonennahverkehr wieder einzuführen, sieht er positiv: „Wichtig ist, dass das Interesse an der Strecke bleibt.“Er sieht keine Probleme darin, den geplanten Museumszug zu bestimmten Zeiten durchs Tal der Wupper fahren zu lassen, wenn gerade der ÖVPN pausiert. Das müsste dann organisiert werden, in Absprache mit der Rhein-Sieg-Eisenbahn, die hier federführend ist.
Positiv für den Verein Bergische Bahnen/Wupperschiene wäre auch, dass im Fall einer Wiederaufnahme des Schienenpersonennahverkehrs die Pflege der Strecke nicht mehr durch die Mitglieder geleistet werden müsse. In den vergangenen Jahren hat der Verein mit viel Engagement Brücke und andere Bestandteile der Infrastruktur auf der Strecke saniert.
Unklar ist, was bei einer Wiederbelebung aus den beliebten Draisinentouren werden wird. Diese trügen dazu bei, die Strecke weiter populär zu machen, meint Grotstollen. Allerdings, gibt er zu denken, werde bis zu einer Umsetzung der Wiederbelebungspläne, falls es denn so weit komme, noch eine lange Zeit vergehen.