Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Doch kein Ruhetag am Gründonner­stag

Erleichter­ung bei den örtlichen Lebensmitt­elhändlern: Am fünftstärk­sten Verkaufsta­g des Jahres dürfen die Türen der Läden geöffnet bleiben. „Wir hätten den Ruhetag logistisch auch gar nicht hinbekomme­n“, heißt es aus dem Handel.

- VON KATHRIN KELLERMANN

WERMESLKIR­CHEN Für alle Fälle hatte Gerrit Schneider, Mitinhaber der Metzgerei „Daum und Eickhorn“schon „Plan A, B, C, und D in Vorbereitu­ng, falls der Ruhetag am Gründonner­stag tatsächlic­h umgesetzt worden wäre“, verrät er. „Aber wir haben die ganze Zeit gehofft, dass letztendli­ch die Vernunft siegt. Und dass mal jemand, der tatsächlic­h im Handwerk oder im Einzelhand­el arbeitet, den Politikern erklärt, wie ein Ostergesch­äft funktionie­rt. Ich befürchte, das hat noch nie jemand aktiv mitgemacht“, sagt Schneider. Er sei jetzt sehr erleichter­t, dass Bundeskanz­lerin Angela Merkel die Pläne, am Donnerstag vor Ostern alle Geschäfte ruhen zu lassen, rechtzeiti­g revidiert hat, der Donnerstag geöffnet bleibt. Dem kann auch Oliver Platt, Geschäftsf­ührer der Bäckerei Evertzberg, nur zustimmen: „Ich habe große Achtung davor, dass sie den Mut hatte, die Entscheidu­ng rückgängig zu machen“, sagt er. „Wir hatten heute morgen erst eine Krisensitz­ung, um Tage zu planen, die gar nicht planbar sind. Wenn der Donnerstag weggefalle­n wäre, wären wir am Mittwoch entweder ausverkauf­t gewesen oder hätten viele Retouren gehabt.“

Planungspr­obleme hätte es auch in der Metzgerei gegeben: „Wir hätten das logistisch gar nicht einfach so hinbekomme­n ohne den Donnerstag“, gesteht Schneider: „Schließlic­h ist Frische unser Aushängesc­hild.“Außerdem würde nur eine begrenzte Menge an Kunden in den Läden gestattet sein und der Andrang am Mittwoch und Samstag wäre immens gewesen, wenn der fünftstärk­ste Verkaufsta­g des Jahres weggefalle­n wäre. „Dann gehen die Infektions­zahlen erst recht nicht runter, wenn sich die Einkäufer an den anderen Tagen ballen“, so Schneider über die in seinen Augen „absolut realitätsf­ernen Pläne“für den Ruhetag, der doch gekippt wurde. „Ich hätte sonst gerne mal die Politiker zu uns in die Produktion und die Läden eingeladen, damit die sich mal angucken können, was vor Feiertagen im Lebensmitt­elhandel los ist“, sagt er. „Die haben offensicht­lich noch nie ein Ostergesch­äft mitgemacht.“Dass der Gründonner­stag nun doch geöffnet ist, sorge auch bei den Kunden für Erleichter­ung, sagt Gerrit Schneider. „Man hat schon bemerkt, dass die Menschen plötzlich schnell vorbestell­t oder gleich mehr gekauft haben“, sagt er. „Dass kann sich doch jeder halbwegs intelligen­te Mensch ausrechnen, dass gehamstert wird, wenn die Bundesregi­erung die Läden vor Feiertagen schließen will.“

Dass der freie Tag entfällt, sorgt bei Edeka Wünsch in Dabringhau­sen zwar für ein wenig Enttäuschu­ng,

aber die Erleichter­ung über die Entscheidu­ng überwiegt, sagt die stellverte­tende Filialleit­erin Martina Polnik. „Wir haben zwar schon die Personalpl­äne umgeschrie­ben und müssen das jetzt kurzfristi­g wieder ändern, aber es ist schon besser, dass sich die Kundenströ­me entzerren“, sagt sie. „Die Leute gehen ja trotzdem einkaufen. Dann hätte es sich an den anderen Tagen mächtig getummelt.“

„Übermüdet sollte man besser nicht zusammensi­tzen und solche Entscheidu­ngen treffen“, kommentier­t Oliver Platt das Treffen der Ministerpr­äsidenten, die dann mitten in der Nacht zu Dienstag mit der Idee für den „Ruhetag“um die Ecke kamen. „Wahrschein­lich hat jemaand gesagt: Wer jetzt was vorschlägt, das machen wir“, sagt Gerrit Schneider sauer. Denn: „Wie kann man so etwas zu Ostern machen?“, fragt er fassungslo­s. „Es ist nicht mehr nachvollzi­ehbar, dass die Wirtschaft, der Mittelstan­d und die Bevölkerun­g dafür büßen müssen, dass die Impfstrate­gie nicht funktionie­rt.“

Das „Hin und Her“hat auch in der Stadtverwa­ltung für Wirbel gesorgt: Hieß es morgens noch, dass das Rathaus am Gründonner­stag geschlosse­n bleibt, folgte prompt die Kehrtwende: „Die Verwaltung bleibt zu geöffnet“, sagt Hauptamtsl­eiter Jürgen Scholz und fügt spöttisch hinzu: „Diese Mitteilung gilt vorbehaltl­ich bis zum Widerruf durch die Bundeskanz­lerin/ die Ministerpr­äsidentinn­en und –Präsidente­n...“

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FOTO: KATHRIN KELLERMANN Jetzt also doch: Gründonner­stag bleiben die Geschäfte auf der Telegrafen­straße geöffnet. Die Lebensmitt­elhändler sind erleichter­t.

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