Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Rat will konkrete Schritte für die Umwelt
Auch die Kleinstadt kann viel tun für die Umwelt. In seiner ersten regulären Sitzung nach der Wahl im September fasste der Rat dazu gleich mehrere Beschlüsse. Es geht dabei um eher kleine Schritte, die in der Summe Wirkung entfalten.
HÜCKESWAGEN Da hat sich was aufgestaut in der politischen Arbeit vor Ort. Grund ist, dass der Stadtrat und seine Fachausschüsse seit Beginn der Legislaturperiode im Herbst wegen der Pandemie kaum zu Beratungen zusammengekommen sind. Entsprechend viele Anträge aus den unterschiedlichen Fraktionen hatte der Rat am Dienstagabend in der Mehrzweckhalle abzuarbeiten. Dabei fasste er einiges an konkreten Beschlüssen auch zum Thema Umwelt- und Klimaschutz am Ort. Offensichtlich wurde: Ein eher theoretisch betrachtetes Randthema ist die lokale Ökologie in den politischen Gremien von Hückeswagen nicht mehr. Die noch relativ neue Ausrichtung ist nicht mehr nur das angestammte Denk- und Arbeitsfeld der Grünen, sondern quer durch die Parteien zu beobachten.
Ja zum „Jubiläumswald“Auf einer zirka 2000 Quadratmeter großen Fläche in Erlensterz an der K 1 und nahe am Stadtteil Wiehagen wird ein „Jubiläumswald“angelegt. CDU und Grüne hatten ihn in einem gemeinsamen Antrag gefordert. Bei zwei Gegenstimmen der AfD-Ratsmitglieder stimmte die große Mehrheit
dem Antrag zu. Die Stadt stellt die rund 2000 Quadratmeter große Fläche für das neue Wäldchen zur Verfügung, Kosten entstehen ihr aber ansonsten nicht. Auf der Fläche können Bürger zum Beispiel bei runden Geburtstagen, der Geburt eines Kindes oder anderen persönlich wichtigen Ereignissen auf eigene Kosten einen Baum pflanzen, ihn hegen und pflegen oder einfach nur wachsen sehen.
Die Pflanzaktionen im Frühjahr und Herbst werden in Absprache mit dem Revierförster und in Zusammenarbeit mit dem Naturschutzbund (NABU) und Fachbaumschulen organisiert. Geplant sind die Aufforstung mit Solitärbäumen, Hecken und Sträuchern, die Anlage von Totholz-Stapeln für Insekten und Kleintiere und Nistkästen für Vögel bzw. tierische Waldbewohner wie den Siebenschläfer.
Der „Jubiläumswald“wächst in einem Bereich der Stadt heran, der – wie viele Waldflächen in Hückeswagen – durch großflächigen Kahlschlag gezeichnet ist. Trockenheit und Borkenkäfer haben die früher dort stehenden Fichtenbestände, größtenteils ökologisch wenig wertvolle Monokulturen, vernichtet. Im „Jubiläumswald“werden nun Laubbäume heranwachsen.
Ja zum Beauftragten für Klimaschutz Die Stadt wird eine Stelle für einen Klimaschutz-Beauftragten ausschreiben und befristet besetzen. Dabei kann sie mit einer bis zu 100-prozentigen finanziellen Förderung des Landes für die Dauer von drei Jahren rechnen. Zu den Aufgaben wird es gehören, ein Klimaschutz-Konzept für Hückeswagen aufzustellen, die Stadt, aber auch einzelne Bürger und Gewerbetreibende zu praktischen Klimaschutz-Maßnahmen zu beraten und mit Informationen zum Thema auch in die Schulen und Kindergärten zu gehen. Im neuen Umweltausschuss soll der Beauftragte regelmäßig über seine Arbeit und Projekte berichten.
Auch dieser Antrag der Grünen fand bei vier Enthaltungen große Zustimmung im Rat – und erhielt wieder zwei Gegenstimmen von der AfD. Deren Sprecher Markus Lietza kommentierte: „Das ist doch nur ein PR-Gag!“
Ja zum Unverpacktladen Unter das große Thema Umweltschutz passt auch der Antrag der CDU, in einem leer stehenden Ladenlokal in der Altstadt-Einkaufszone einen sogenannten Unverpacktladen anzusiedeln, in dem Lebensmittel ohne den üblichen Verpackungsmüll verkauft werden. Kombiniert werden könnte er mit einem Tausch- und Reparaturladen oder auch einem kleinen Café. Natürlich soll nicht die Stadt selbst den Laden einrichten und betreiben – sie soll nur den Anreiz schaffen für interessierte Händler.
Das ist möglich über ein Förderprogramm des Landes zur Belebung des Einzelhandels in Innenstädten. Aus diesem Sofortprogramm bekommt Hückeswagen 130.000 Euro. Damit kann die Stadt leer stehende Ladenlokale anmieten und sie günstig an Interessierte weiter vermieten, denen damit der Start in die Selbstständigkeit finanziell erleichtert wird. Darüber hat die Stadt auch Einfluss auf das, was an Geschäften angesiedelt wird und das bestehende Angebot sinnvoll und attraktiv ergänzt.
Andrea Poranzke, bei der Stadt zuständig für die Wirtschaftsförderung, ist schon auf der Suche nach geeigneten Anbietern. Verhandlungen mit Hauseigentümern, die bereit sind, Geschäftsräume zu einem angemessen niedrigen Preis zu vermieten, statt sie leer stehen zu lassen, laufen ebenfalls bereits. Der Antrag der CDU wurde mehrheitlich angenommen gegen die Stimmen der SPD und bei fünf Enthaltungen.
„Im Prinzip ja“zu weniger Plakaten Wahlplakate an allen Ecken und Kanten der Stadt sind wenig ansehnlich und verursachen Berge von Papiermüll, sind also eine konkrete, wenn auch temporäre Umweltbelastung. Die Grünen wollen deutlich weniger Plakate aller Parteien in Wahlkampfzeiten, dazu muss aber erst einmal eine neue Plakatierungssatzung her. Der Rat signalisierte im Grundsatz Zustimmung zu diesem Antrag, will Einzelheiten dazu aber noch im zuständigen Fachausschuss beraten. Ob bis zur Bundestagswahl im September ein Beschluss gefasst ist, der zu einer spürbaren Änderung führt, wird sich zeigen.
Nein zur Abschaltung von Windrädern Zum Schutz von Rotmilan und Mäusebussard hatte die AfD eine „Abschalt-Anordnung für den Tagbetrieb von Windkraft-Anlagen“gefordert. Sie bezog sich dabei auf Gerichtsentscheide, denen zufolge Rotmilan und Mäusebussard kein „Meideverhalten“gegenüber Windkraftanlagen zeigen und dadurch ein „erhöhtes Tötungsrisiko“durch die Windräder für sie bestehe. Alle anderen Ratsfraktionen lehnten den Antrag in der Sitzung allerdings ab.