Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Gemischte Gefühle über Lockerungen
In den beiden Einrichtungen „Wohnwerk“und Johannesstift sind die meisten Bewohner und Mitarbeiter gegen Corona geimpft. Trotzdem bleiben die Verantwortlichen vorsichtig.
HÜCKESWAGEN NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hat vor kurzem Lockerungen für die Altenund Pflegeheime im Land angekündigt – und das trotz schon zu dieser Zeit wieder ansteigenden Infektionszahlen. Mit Blick darauf, dass allerdings in den Einrichtungen sowohl die Mehrzahl der Mitarbeiter als auch der Bewohner bereits zweimal gegen das Coronavirus geimpft worden seien, könne man hier ein Stück weit Normalität einkehren lassen, argumentierte der CDU-Politiker. Schließlich hätten gerade die alten Menschen in den Einrichtungen besonders unter den Beschränkungen zur Eindämmung der Pandemie gelitten. „Ich möchte, dass das Leben der Menschen in den Altenheimen wieder schöner wird“, hatte Laumann damals gesagt.
Man könne mittlerweile von einer Form der „Herdenimmunität“in den Senioreneinrichtungen im Land ausgehen, wurde der Minister zitiert. Die Konsequenz für die Heime: Keine Tests mehr für die Bewohner, und auch die Zahl der erlaubten Besucher sollte von bis dahin zwei pro Tag auf fünf plus Kinder unter 14 Jahren erhöht werden. Dazu komme, dass Aktivitäten wie Singen, Turnen und Basteln wieder erlaubt seien. Normalität eben, auch wenn vor allem die Seniorenheime mit teils massiven Corona-Ausbrüchen und vielen Todesopfern von der Pandemie betroffen waren.
Auch in Hückeswagen war das Virus gleich zweimal ins Johannesstift eingedrungen. Daher verwundert es nicht, wenn diese Rückkehr zu einer gewissen Normalität zwar grundsätzlich begrüßt wird,
„Wir leben in diesen seltsamen Zeiten, in denen erst gelockert wird, nur um dann wieder zurückrudern zu müssen“
die Freude darüber allerdings dennoch nicht gänzlich ungetrübt ist, wie eine Nachfrage in den beiden Altenheimen der Schloss-Stadt deutlich macht. So sagt Matthias Rath, Geschäftsbereichsleiter bei der Rheinischen Gesellschaft für Diakonie, der Trägerin des Johannesstifts, und langjähriger Stift-Leiter deutlich: „Wir begrüßen die Lockerungen – aber wir leben in diesen seltsamen Zeiten, in denen erst gelockert wird, nur um dann wieder zurückrudern zu müssen.“Für die Bewohner sei es allerdings tatsächlich gut, wenn möglichst viel Normalität vorherrsche.
„Die Inzidenzwerte im Oberbergischen Kreis sind allerdings hoch und steigend“, betont Rath. Die Impfraten mit dem Biontech-Impfstoff im Johannesstift seien indes sehr hoch, so dass man auf dessen Schutz vertraue. „Aber gefühlte Sorgen sind dennoch vorhanden“, macht Rath
Matthias Rath Rheinische Gesellschaft für Diakonie
deutlich. Wenn aus verschiedenen Haushalten mehrere Besucher in die Einrichtung kommen könnten, wisse man eben nicht, ob da auch jemand mit dem Coronavirus dabei sei. Daher würden auch weiterhin die Besucher des Johannesstifts getestet werden, zudem die Mitarbeiter alle drei Tage.
Weniger Verständnis zeigt die Leiterin des „Wohnwerks“an der Montanusstraße, Iris Prangenberg-Röntgen: „Gerade bei den aktuell wieder steigenden Zahlen ist diese Entscheidung aus dem Gesundheitsministerium für uns nicht so gut nachvollziehbar.“Allerdings sei es eine bindende Vorgabe der Landesregierung,
an die sie sich natürlich halten würden und müssten. Die notwendigen Testungen der Besucher würden indes so viel Arbeitskraft binden, da die meisten Angehörigen ohne aktuellen Test ins „Wohnwerk“kämen und so durch die Mitarbeiter getestet werden müssten. „Wie genau das praktisch umgesetzt werden kann, weiß ich noch nicht“, sagt die „Wohnwerk“-Leiterin.
Im Grunde genommen halte sie die Aufgabe für nicht umsetzbar. Daher habe sie sich nach einer anderen Lösung umgesehen, wie Iris Prangenberg-Röntgen sagt. Denn es gebe vom Paritätischen Wohlfahrtsverband die Möglichkeit, einen Widerspruch gegen die Lockerungen des Gesundheitsministeriums einzulegen. „Diesen Widerspruch werden wir an die Bezirksregierung richten – mit der Begründung, dass bei uns die Umsetzung nicht wirklich möglich ist“, sagt Iris Prangenberg-Röntgen. Dennoch werde man aber natürlich auch im „Wohnwerk“versuchen, allen Angehörigen den Besuch zu ermöglichen, betont die Einrichtungsleiterin weiter.