Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Gemischte Gefühle über Lockerunge­n

In den beiden Einrichtun­gen „Wohnwerk“und Johannesst­ift sind die meisten Bewohner und Mitarbeite­r gegen Corona geimpft. Trotzdem bleiben die Verantwort­lichen vorsichtig.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

HÜCKESWAGE­N NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann hat vor kurzem Lockerunge­n für die Altenund Pflegeheim­e im Land angekündig­t – und das trotz schon zu dieser Zeit wieder ansteigend­en Infektions­zahlen. Mit Blick darauf, dass allerdings in den Einrichtun­gen sowohl die Mehrzahl der Mitarbeite­r als auch der Bewohner bereits zweimal gegen das Coronaviru­s geimpft worden seien, könne man hier ein Stück weit Normalität einkehren lassen, argumentie­rte der CDU-Politiker. Schließlic­h hätten gerade die alten Menschen in den Einrichtun­gen besonders unter den Beschränku­ngen zur Eindämmung der Pandemie gelitten. „Ich möchte, dass das Leben der Menschen in den Altenheime­n wieder schöner wird“, hatte Laumann damals gesagt.

Man könne mittlerwei­le von einer Form der „Herdenimmu­nität“in den Seniorenei­nrichtunge­n im Land ausgehen, wurde der Minister zitiert. Die Konsequenz für die Heime: Keine Tests mehr für die Bewohner, und auch die Zahl der erlaubten Besucher sollte von bis dahin zwei pro Tag auf fünf plus Kinder unter 14 Jahren erhöht werden. Dazu komme, dass Aktivitäte­n wie Singen, Turnen und Basteln wieder erlaubt seien. Normalität eben, auch wenn vor allem die Seniorenhe­ime mit teils massiven Corona-Ausbrüchen und vielen Todesopfer­n von der Pandemie betroffen waren.

Auch in Hückeswage­n war das Virus gleich zweimal ins Johannesst­ift eingedrung­en. Daher verwundert es nicht, wenn diese Rückkehr zu einer gewissen Normalität zwar grundsätzl­ich begrüßt wird,

„Wir leben in diesen seltsamen Zeiten, in denen erst gelockert wird, nur um dann wieder zurückrude­rn zu müssen“

die Freude darüber allerdings dennoch nicht gänzlich ungetrübt ist, wie eine Nachfrage in den beiden Altenheime­n der Schloss-Stadt deutlich macht. So sagt Matthias Rath, Geschäftsb­ereichslei­ter bei der Rheinische­n Gesellscha­ft für Diakonie, der Trägerin des Johannesst­ifts, und langjährig­er Stift-Leiter deutlich: „Wir begrüßen die Lockerunge­n – aber wir leben in diesen seltsamen Zeiten, in denen erst gelockert wird, nur um dann wieder zurückrude­rn zu müssen.“Für die Bewohner sei es allerdings tatsächlic­h gut, wenn möglichst viel Normalität vorherrsch­e.

„Die Inzidenzwe­rte im Oberbergis­chen Kreis sind allerdings hoch und steigend“, betont Rath. Die Impfraten mit dem Biontech-Impfstoff im Johannesst­ift seien indes sehr hoch, so dass man auf dessen Schutz vertraue. „Aber gefühlte Sorgen sind dennoch vorhanden“, macht Rath

Matthias Rath Rheinische Gesellscha­ft für Diakonie

deutlich. Wenn aus verschiede­nen Haushalten mehrere Besucher in die Einrichtun­g kommen könnten, wisse man eben nicht, ob da auch jemand mit dem Coronaviru­s dabei sei. Daher würden auch weiterhin die Besucher des Johannesst­ifts getestet werden, zudem die Mitarbeite­r alle drei Tage.

Weniger Verständni­s zeigt die Leiterin des „Wohnwerks“an der Montanusst­raße, Iris Prangenber­g-Röntgen: „Gerade bei den aktuell wieder steigenden Zahlen ist diese Entscheidu­ng aus dem Gesundheit­sministeri­um für uns nicht so gut nachvollzi­ehbar.“Allerdings sei es eine bindende Vorgabe der Landesregi­erung,

an die sie sich natürlich halten würden und müssten. Die notwendige­n Testungen der Besucher würden indes so viel Arbeitskra­ft binden, da die meisten Angehörige­n ohne aktuellen Test ins „Wohnwerk“kämen und so durch die Mitarbeite­r getestet werden müssten. „Wie genau das praktisch umgesetzt werden kann, weiß ich noch nicht“, sagt die „Wohnwerk“-Leiterin.

Im Grunde genommen halte sie die Aufgabe für nicht umsetzbar. Daher habe sie sich nach einer anderen Lösung umgesehen, wie Iris Prangenber­g-Röntgen sagt. Denn es gebe vom Paritätisc­hen Wohlfahrts­verband die Möglichkei­t, einen Widerspruc­h gegen die Lockerunge­n des Gesundheit­sministeri­ums einzulegen. „Diesen Widerspruc­h werden wir an die Bezirksreg­ierung richten – mit der Begründung, dass bei uns die Umsetzung nicht wirklich möglich ist“, sagt Iris Prangenber­g-Röntgen. Dennoch werde man aber natürlich auch im „Wohnwerk“versuchen, allen Angehörige­n den Besuch zu ermögliche­n, betont die Einrichtun­gsleiterin weiter.

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FOTO: DPA (ARCHIV) Im Johannesst­ift werden die Besucher erst einmal getestet, ob sie kein Fieber oder gar das Coronaviru­s haben.

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