Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

„Ich habe Zeit, ich habe Energie – doch niemand meldet sich“

Kinderkran­kenschwest­er Waltraud Wolpert-Vogel (63) aus Solingen hat sich bereits im November ins Freiwillig­enregister des Landes Nordrhein-Westfalen eingetrage­n, um bei den Corona-Testungen zu helfen. Sie wurde seitdem nur für drei Wochen eingesetzt. Jetz

- Protokolli­ert von Danina Esau

Jede helfende Hand werde gebraucht, die Hilfe Freiwillig­er sei wichtiger denn je – diesen Eindruck habe ich während der Pandemie in den Medien vermittelt bekommen. Deswegen habe ich mich als Freiwillig­e gemeldet, aber anscheinen­d wird meine Hilfe gar nicht gebraucht.

Im November wurde in den Medien ausgiebig über die kommenden Impfungen und den großen Aufwand berichtet, den sie verursache­n werden. NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann sagte damals, dass Corona eine Gemeinscha­ftsaufgabe mit gewaltigen Herausford­erungen sei, für die personelle Unterstütz­ung benötigt werde.

In dem Zusammenha­ng warb er für das Freiwillig­enregister des Landes NRW.

Ich fühlte mich angesproch­en und trug mich ein. Als Kinderkran­kenschwest­er und Heilprakti­kerin habe ich medizinisc­he Vorkenntni­sse und wollte zehn Stunden die Woche bei Testungen aushelfen. Im Dezember bekam ich dann einen Dankesbrie­f von Karl-Josef Laumann und im Januar eine Anfrage der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Nordrhein (KV ), ob ich in einem Altenheim aushelfen kann, Besucher zu testen. Ich sagte zu und wurde vorher von einer Ärztin geschult. Drei Wochen lang wurde ich dort eingesetzt und konnte dem Personal durch die Testungen ein wenig Arbeit abnehmen. Dann wurde angekündig­t, dass Bundeswehr­soldaten die Testungen übernehmen sollten. Der Heimleiter­in war es fast unangenehm, mir zu sagen, dass ich nicht mehr gebraucht werde.

Ich frage mich, warum ich mich überhaupt als Freiwillig­e eingetrage­n habe. Ich habe die Angaben in meinem Profil noch einmal ausgeweite­t und könnte jetzt 20 Stunden in einem Umkreis von zehn Kilometern aushelfen. Ich habe Zeit, ich habe Energie – doch niemand meldet sich. Ich könnte beispielsw­eise in Schulen helfen, wo Lehrer und Schüler mit den Testungen ziemlich überforder­t wirken. Es würde mich ja freuen, wenn es zu viele Helfer gäbe und ich deswegen nicht eingesetzt werde. Aber das wird von der Politik nicht so kommunizie­rt, stattdesse­n wird auf die Defizite und den Personalma­ngel hingewiese­n. In der Öffentlich­keit erfährt man zwar viel über die Hilfe der Bundeswehr­soldaten, aber wenig darüber, wo und wie lange Freiwillig­e eingesetzt werden. Auf den Internetse­iten des Landes NRW und der KV werden auch weiterhin Freiwillig­e gesucht. Ich habe versucht, bei der KV anzurufen, weil ich mich über den aktuellen Stand der Dinge informiere­n wollte. Doch ich bin nicht durchgekom­men, es war alles besetzt. Zufällig habe ich erfahren, dass sich die KV hauptsächl­ich um Impfungen in den Impfzentre­n kümmert und dass Abstriche und Testungen jetzt hauptsächl­ich von den Kommunen in NRW selbst geplant werden. Da es jetzt auch Selbsttest­s gibt, ist der Bedarf an Freiwillig­en, die sie durchführe­n, gesunken. Das verstehe ich natürlich. Auch dass nicht jedem Freiwillig­en eine E-Mail geschickt werden kann, wenn sich etwas verändert, ist nachvollzi­ehbar.

Ich habe daraufhin versucht, einen Ansprechpa­rtner bei der Stadt Solingen zu finden – auch diese Suche war erfolglos. Es fühlt sich an, als herrsche ein großes Durcheinan­der, durch das niemand mehr durchblick­en kann und in dem sich niemand zuständig fühlt. Da hapert es an der Kommunikat­ion, was es unmöglich macht, an Informatio­nen zu kommen, um mir meine Frage zu beantworte­n: Werden Freiwillig­e überhaupt noch gebraucht oder nicht?

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FOTO: PETER MEUTER

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