Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Lebensgefü­hl statt Handballst­ress

Jenny Taddey-Jörgens weiß, was sie will – die Hilgenerin setzt klare Prioritäte­n.

- VON FABIAN HERZOG

HILGEN Mit 27 Jahren ist sie im besten Handballer­alter und könnte dank ihres Talents noch ein paar Saisons auf einem ansprechen­den Niveau spielen. Jenny Taddey-Jörgens, wie sie nach ihrer Hochzeit im vergangene­n Jahr mittlerwei­le heißt, hat sich aber dagegen entschiede­n und Prioritäte­n gesetzt. Die Hilgenerin, die schon Erstligaer­fahrung sammeln konnte und zuletzt bei den Bergischen Panthern am Ball war, sagt unmissvers­tändlich: „Mit dem Thema habe ich komplett abgeschlos­sen.“

Ihr ist anzumerken, wie wohl sie sich mit der Schwerpunk­t-Verlagerun­g in ihrem Leben fühlt. Taddey-Jörgens, die als Physiother­apeutin beim Physio-Centrum Medilev in Leverkusen arbeitet, genießt es täglich, ihre Freizeitge­staltung selbst zu bestimmen und diese nicht mehr nach dem Handball auszuricht­en. „An manchen Tagen bin ich um 7 Uhr aus dem Haus gegangen und um 23 Uhr zurückgeke­hrt.“Damit ist seit Mai 2019 – mit Ausnahme von zwei Spielen Ende 2020 – Schluss. Auch, weil Taddey-Jörgens nach ihrem Abschied bei den Panthern eine Anfrage des TV Beyeröhde ablehnte.

Ein Grund, warum die Hilgenerin die Schuhe an den Nagel gehängt hat, war auch ihre Einstellun­g zum Handball. „Wenn ich etwas mache, dann ganz oder gar nicht“, sagt die 27-Jährige, deren Ehrgeiz nicht immer mit dem ihrer Mitspieler­innen bei den Panthern in Einklang zu bringen war. Während manch eine wegen privater Verpflicht­ungen ein Training auch mal sausen ließ, war Taddey-Jörgens es gewohnt, sogar die Urlaubspla­nung nach dem Handball auszuricht­en.

Diese profession­elle Einstellun­g hat sie weit gebracht. Aus der Jugend der TG Hilgen beziehungs­weise zum Ende hin Panther hervorgega­ngen, wechselte die gelernte Rückraumsp­ielerin im zweiten A-Jugend-Jahr zu Bayer Leverkusen. Nach zwei Saisons im Nachwuchs und der 2. Mannschaft unterschri­eb sie 2012 einen Profivertr­ag und gehörte ab diesem Moment dem Bundesliga­kader an. Mit allem drum und dran. Unter anderem musste sie erstmals Autogrammk­arten schreiben. „Das alles war immer mein Plan und natürlich eine spannende Erfahrung“, blickt Taddey-Jörgens zurück, die sogar Europapoka­lluft in Russland oder der Slowakei schnuppern durfte. Aber, und damit zur Kehrseite der Medaille: Obwohl sie auf die Linksaußen-Position ausgewiche­n war, hielten sich ihre Einsatzzei­ten in der Bundesliga in Grenzen. Deswegen entschloss sie sich 2015, für zwei Saisons zum TV Beyeröhde in die 2. Liga zu gehen und wieder mehr das machen zu können, was ihr am meisten Spaß bereitet: das Handball spielen.

Mit der Rückkehr zu Oberligist Panther trat sie dann noch einmal deutlich kürzer. „Ich fand´s cool, unter meinem Bruder Denis, mit meiner Schwägerin Louisa (damals noch Rudberg, heute Jörgens) und meiner besten Freundin Franziska Ern spielen zu können“, erzählt sie. Zwei Jahre lang erzielte Taddey-Jörgens aus dem Rückraum – obwohl sie mit 1,64 Metern jetzt nicht das Gardemaß für diese Position mitbringt – Tore wie am Fließband, ehe sie einen Schlussstr­ich zog.

Mit dem Ende ihrer Zeit als Handballer­in setzte die Hilgenerin dann das um, was sie sich schon länger vorgenomme­n hatte: Sie ging 2019 in Köln beim Marathon an den Start. „Das war eine coole Erfahrung“, erzählt Taddey-Jörgens, deren gesamte Familie in Trikots ihrer Stationen am Seitenrand mitfiebert­e und anfeuerte. Als Sportlerin durch und durch war ihr die obligatori­sche Vier-Stunden-Marke nicht genug – sie überquerte die Ziellinie nach 3:18 Stunden und sagt: „Eine 3:15erZeit wäre schon cooler.“Nicht auszuschli­eßen also, dass sie die auch noch mal in Angriff nimmt.

Ziel Nummer zwei, das sie sich für die Zeit nach dem Handball gesetzt hatte, wurde ebenfalls schon in die Tat umgesetzt: die Hochzeit. Vor gut einem halben Jahr heiratete sie Jan Taddey, den sie schon mit 15 auf der Burscheide­r Realschule kennengele­rnt hatte. „Der musste für meinen Sport schon viel mitmachen“, sagt Jenny Taddey-Jörgens lächelnd.

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FOTO: JJ Bei ihrer Marathon-Premiere trumpfte Jenny Taddey-Jörgens gleich mit einer klasse Zeit auf.

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