Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Sozialstunden für versuchte Nötigung
Mit einem Video wollte ein 19-Jähriger die Stundung von Schulden erpressen.
WERMELSKIRCHEN (wow) Die Drohung gehört sicherlich zu den perfidesten, die man einer ehemaligen Partnerin angedeihen lassen kann. Ein 19-Jähriger musste sich vor dem Amtsgericht für den Vorwurf verantworten, ein Video, auf dem er mit seiner damaligen Freundin bei sexuellen Handlungen zu sehen war, zu veröffentlichen. Hintergrund waren Schulden in Höhe von etwa 1600 Euro, die er bei den Eltern seiner Freundin hatte – durch die Androhung der Veröffentlichung des Videos habe er eine neuerliche Stundung der Rückzahlung erpressen wollen.
Dass es letztlich nicht zu diesem tiefen Eingriff in die Privatsphäre der jungen Frau gekommen war, war der Tatsache zu verdanken, dass sie sich an ihre Eltern gewandt hatte. Diese hätten dann einen Rechtsanwalt eingeschaltet, der sich mit dem 19-Jährigen in Verbindung setzte. Dadurch habe er eine bereits eine zivilrechtliche Strafe in Höhe von 500 Euro auferlegt bekommen. „Ich weiß jetzt daher auch nicht, warum ich hier sitze“, sagte der Angeklagte.
Die Richterin am Amtsgericht Wermelskirchen erklärte ihm daraufhin, dass Nötigung eine Straftat sei, deren juristische Bewertung vor dem Strafgericht unabhängig von einer zivilrechtlichen Klage ablaufe. Der Angeklagte räumte daraufhin die Vorwürfe ein. „Ja, ich habe das getan. Ich habe mich danach aber auch noch einmal mit meiner
„Eine Geldbuße wäre in Anbetracht der zurückzuzahlenden Schulden kontraproduktiv“
Die Jugendgerichtshelferin
Ex-Freundin getroffen und mich entschuldigt. Ich kann auch nicht sagen, warum es dazu gekommen ist“, sagte er zerknirscht.
Die 500 Euro aus der Zivilklage habe er bereits beglichen, von den 1600 Euro Restschulden habe er zum Zeitpunkt der Verhandlung 200 Euro bezahlt. „Ich zahle die Schulden in monatlichen Raten von 50 Euro zurück“, sagte er.
Die Jugendgerichtshilfe regte an, bei dem 19-Jährigen das Jugendstrafrecht anzuwenden. „Er lebt zwar mit seiner jetzigen Freundin und der gemeinsamen Tochter zusammen, verfügt aber noch nicht über eine ausgereifte Persönlichkeit. Gerade auch in Bezug auf eine eigene, feste Arbeitsstelle – in der Vergangenheit ist er nach seinem Schulabschluss zwischen Arbeitslosigkeit und Aushilfsstellen hin- und hergewechselt“, sagte sie weiter. Er wünsche sich allerdings eine Ausbildung im Handwerk anzufangen. „Ich empfehle eine Verwarnung mit abzuleistenden Sozialstunden – eine Geldbuße wäre auch in Anbetracht der zurückzuzahlenden Schulden eher kontraproduktiv“, sagte sie.
Dem schlossen sich auch Staatsanwältin und Richterin an. „Die versuchte Nötigung steht allerdings im Raum – und das geht einfach nicht“, betonte die Staatsanwältin. Strafrechtlich handele es sich um einen Grenzfall, da durchaus eine gewisse Selbstständigkeit gegeben sei. „Dennoch schließe ich mich dem Vorschlag der Jugendgerichtshilfe an“, sagte sie weiter und fordertet 40 Sozialstunden für den 19-Jährigen. Die Richterin schloss sich dem Antrag der Staatsanwältin an.