Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Abschied für den Mentor der Jugendlichen
Gerd Dietrich-Wingender geht am 1. April in den Ruhestand. Der Jugendrat verabschiedete ihn auf besondere Weise.
REMSCHEID Es gibt nicht viele Verwaltungsmitarbeiter, die darauf hoffen dürfen, mit so vielen wohlmeinenden und von Herzen kommenden Worten verabschiedet zu werden. Gerd Dietrich-Wingender, Geschäftsführer des Jugendrates, wurde diese Ehre zuteil. 17 Jahre hat er das politische Nachwuchsgremium betreut, mit dem 1. April geht er in den Ruhestand. Zu der letzten Jugendratssitzung, die in seiner Regie lief, waren fast alle ehemaligen Jugendrats-Vorsitzenden online zugeschaltet. Bis auf Yakub Arslan (8. Jugendrat) ließ es sich keiner nehmen, dem einstigen Begleiter ein letztes Mal in sehr emotionalen Momenten Danke zu sagen.
Als die aktuelle Vorsitzende Burcu Aksoyek in die Bildschirmrunde fragte, welche Adjektive den Gerd auszeichnen, trugen die Zugeschalteten sechs zusammen: „herzlich, respektvoll, zuverlässig, geduldig, gut gelaunt, nachsichtig“. Bei Substantiven fielen „Mentor, Schutzengel, Freund“. Gerd Dietrich-Wingender ist enorm beliebt bei den Jugendlichen.
Dennis Staniol (3. Jugendrat) lobte: „Du hast uns jungen Leuten vieles möglich gemacht, bisweilen einen Schubs gegeben. Ohne Dich wäre der Jugendrat nicht das, was er heute ist.“Vielen gab sein Einsatz einen Schub in ihrer Persönlichkeitsentwicklung. „Mit den großen Tieren reden können“, nannte Staniol ein Beispiel. Gerd Dietrich-Wingender legte Wert darauf, dass die Jugendlichen „auf Augenhöhe mit den Politikern sprechen“und dass sie „ernst genommen werden, wie sie es verdienen“.
Emre Nachtwein, Sohn der SPD-Politikerin Erden Ankay-Nachtwein, erinnerte sich, wie es nach der 1. Wahl bei der konstituierenden Sitzung 2004 lief. Da rief ihm der damalige Oberbürgermeister Fred Schulz im großen Sitzungssaal zu: „Emre, komm hoch, regiere.“75 Kandidaten hatten sich für den 1. Jugendrat beworben. Eine Resonanz, die heute nicht mehr annähernd erreicht wird. Die Debütanten wurden noch als „Party-Komitee“belächelt. „Was aber nicht stimmte“, widerspricht Gerd Dietrich-Wingender, der im Rathaus dem Fachdienst Jugend, Soziales und Wohnen zugeordnet war. Sofia Rodriguez, die den 9. Jugendrat als nicht gewähltes Mitglied rege begleitet, fühlte sich durch ihn bestärkt: „Du siehst Dich nicht als Vorschreiber, sondern hast gesagt: Entscheidet Ihr.“Auch Burcu Aksoyek hat sein aufmunterndes „Mach mal“gut in Erinnerung. Rückblickend freut den scheidenden Sozialarbeiter besonders eins: „Ich bin stolz darauf, dass aus jungen Menschen gestandene Persönlichkeiten geworden sind.“Mathias Heidtmann, der dem 2. Jugendrat vorstand, ist eine solche. Der Lehrer an der Nelson-Mandela-Schule wurde Anfang März zum Remscheider CDU-Vorsitzenden gewählt.
Ahmet Murat (5. Jugendrat) war ein schwieriger Typ damals. Der Jugendrat prägte ihn. „Gerd musste mich immer wieder zügeln. Er hat Tacheles mit mir geredet. Das hat mir viel gebracht. Ich habe vor allem gelernt, zuhören zu können.“Als Geschenk des aktuellen Rats, den Gerd Dietrich-Wingender im Jahr 2020 unter erschwerten Corona-Bedingungen begleitete, gab es eine Fotocollage mit Porträts aller Mitglieder, die Dankeszettel in der Hand trugen. „Sie wird einen Platz in meinem Wohnzimmer erhalten“, versprach der Pensionär. Darauf stehen Würdigungen wie „Danke für die Türen, die Du geöffnet hast.“
Oberbürgermeister Burkard MastWeisz, der zu Beginn der 2000er-Jahre als Sozialdezernent maßgeblich daran beteiligt war, dass die Jugendbeteiligung in Remscheid eingeführt wurde, nannte die Personalie Gerd Dietrich-Wingender eine „kluge Entscheidung“. Die 17 Jahre mit ihm seien weit mehr als Arbeit gewesen, geprägt nämlich durch „Verbundenheit und Freundschaft“, hielt MastWeisz fest.