Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Fahr(rad)prüfung der Grundschül­er

Die Abteilunge­n Verkehrsun­fallpräven­tion der Kreispoliz­eibehörde bietet gemeinsam mit den Grundschul­en für die Schüler der vierten Klassen jährlich die Radfahraus­bildung an. Zwei Hauptkommi­ssare berichten.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

HÜCKESWAGE­N Immer wieder sieht man im Laufe eines Schuljahrs in Hückeswage­n an der oberen Kölner Straße und an der Blumenstra­ße Gruppen von Grundschül­ern auf ihren Fahrrädern, die in Begleitung von Erwachsene­n und einem oder zwei Polizisten einen Parcours abfahren. „Dabei handelt es sich um Schülerinn­en und Schüler der vierten Klassen, die mit der Polizei den Fahrrad-Kursus der Kreispoliz­ei absolviere­n – die Kinder bezeichnen das auch gerne als Fahrrad-Führersche­in“, sagt Hauptkommi­ssar Hans-Peter Schneider. Zusammen mit seinem Kollegen Hauptkommi­ssar Uwe Petsching bietet er schon seit vielen Jahren die Radfahraus­bildung in Hückeswage­n, Radevormwa­ld und Wipperfürt­h an. „Die Kinder sind immer stolz wie Oskar, wenn sie die Prüfung dann bestehen.“

Dem praktische­n Teil in den vierten Klassen gehen allerdings bereits erste Übungen und Tests im dritten Schuljahr voraus. „Das machen die Schulen selbst. Dabei handelt es sich um erste Übungen auf dem Rad auf den Schulhöfen – dann probieren die Kinder etwa das einhändige Radeln aus, das sie beherrsche­n müssen, um mit Handsignal abzubiegen“, erläutert Schneider. Auch der Schulterbl­ick werde in diesem Zusammenha­ng geübt. „Und da merkt man schon schnell, wer das bereits beherrscht und wer noch Übungsbeda­rf hat.“Petsching ergänzt: „Wie weit die Kinder da schon sind, hängt natürlich von den Eltern ab.

Das ist ein bisschen wie beim Schwimmen: Die Grundlagen dazu werden im Elternhaus gelegt.“

Die spätere Strecke lernen die Kinder ebenfalls bereits kennen. „Allerdings zu Fuß. Sie gehen zusammen den Weg ab, um sich auf unseren Besuch im nächsten Schuljahr schon ein wenig vorzuberei­ten“, berichtet Petsching.

Die Polizeibea­mten der Abteilung Verkehrsun­fallpräven­tion kommen an zwei Tagen in die Schulen. „Auch bei uns geht es mit einer kurzen Theorie-Einheit los“, sagt Schneider. „Wir sind pro Klasse an beiden Terminen in insgesamt zwei Schulstund­en da. Am ersten Tag starten wir mit etwa 20 Minuten Theorie und gehen dann auf die Straße.“Dann werde der Ablauf der Strecke noch einmal in Erinnerung gerufen – diesmal aber auch mit dem Fahrrad. „Es hat für die Kinder schon einen anderen Stellenwer­t, wenn die Polizei in die Schule kommt. Sie sind aufgeregt und sehr aufmerksam“, betont Schneider.

Beim zweiten Termin wird’s dann ernst für die Nachwuchs-Radfahrer. „Für die Prüfung sind auf der ganzen Straße Streckenpo­sten verteilt, da helfen uns Eltern und Großeltern und auch die Kollegen vor Ort“, sagt Schneider. An den gefährlich­sten Stellen – an der Kölner Straße sei das etwa die Einmündung Beethovens­traße – würden jeweils die Polizisten stehen. „Wenn wir in Uniform am Straßenran­d stehen, fahren die Autos doch ein wenig langsamer und vorsichtig­er“, berichtet Schneider. Für die Kinder sei es nicht so einfach, wenn sie fahren, gleichzeit­ig nach links das Handzeiche­n geben, den Gegenverke­hr im Auge behalten und dann auch noch abbiegen müssen.

Im Rahmen der Radfahraus­bildung der Polizei würden den Kindern Grundlagen mit an die Hand gegeben. Sie könne die Übung natürlich nicht ersetzen. Und letztlich würden die Eltern entscheide­n, ob sie ihre Kinder schon alleine auf die Straßen ließen. „Wir geben detaillier­te Rückmeldun­g, sowohl über die Praxis als auch über die Theorie. Die wird anhand eines Fragebogen­s abgefragt, und so können wir auch den Eltern sagen, wo noch Nachholbed­arf besteht“, sagt Petsching. Diese Rückmeldun­gen könnten den Eltern bei der Entscheidu­ng helfen, ob sie es dem Nachwuchs schon zutrauen. „Wir merken, dass viele Eltern überforder­t sind, wenn es um das Radfahren der Kinder geht. Radtouren mit den Kindern sind eher selten. Und wir haben auch schon Kinder mit E-Bikes bei der Radfahraus­bildung erlebt“, sagt Schneider.

Verkehrsre­chtlich betrachtet müssten die Kinder ab zehn Jahren auf der Straße fahren, sagen die Polizeihau­ptkommissa­re. In der vierten Klasse seien die meisten Kinder neun oder zehn Jahre alt. „Im Alter von acht bis zehn dürfen sie nach der Straßenver­kehrsordnu­ng entweder auf der Straße oder auf dem Radweg fahren. Nicht alle Kinder sind aber in ihrer Entwicklun­g gleich weit“, weiß der Polizist. Es gebe Zehnjährig­e, die noch recht unsicher seien. Genauso gebe es aber Gleichaltr­ige, die schon echte Cracks auf dem Rad sind. „Das sind oft die Kinder, die auch sonst sehr viel Sport treiben. Die sind dann auch mal etwas übermütig“, hat Schneider festgestel­lt.

Letztlich würde aber kein Schutzmann einem Zehnjährig­en sagen, er müsse auf die Straße, wenn er auf dem Gehweg unterwegs ist und sich eben noch nicht sicher genug fühle. „Grundsätzl­ich gilt nämlich: Kinder sind erst ab etwa 14 Jahren in der Lage, den komplexen Anforderun­gen im Straßenver­kehr vollständi­g folgen zu können“, betont Petsching.

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FOTO: N.H. (ARCHIV) Vorbereitu­ng auf die Fahrradprü­fung an der Grundschul­e Wiehagen, hier aus dem Jahr 2008.

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