Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Fahr(rad)prüfung der Grundschüler
Die Abteilungen Verkehrsunfallprävention der Kreispolizeibehörde bietet gemeinsam mit den Grundschulen für die Schüler der vierten Klassen jährlich die Radfahrausbildung an. Zwei Hauptkommissare berichten.
HÜCKESWAGEN Immer wieder sieht man im Laufe eines Schuljahrs in Hückeswagen an der oberen Kölner Straße und an der Blumenstraße Gruppen von Grundschülern auf ihren Fahrrädern, die in Begleitung von Erwachsenen und einem oder zwei Polizisten einen Parcours abfahren. „Dabei handelt es sich um Schülerinnen und Schüler der vierten Klassen, die mit der Polizei den Fahrrad-Kursus der Kreispolizei absolvieren – die Kinder bezeichnen das auch gerne als Fahrrad-Führerschein“, sagt Hauptkommissar Hans-Peter Schneider. Zusammen mit seinem Kollegen Hauptkommissar Uwe Petsching bietet er schon seit vielen Jahren die Radfahrausbildung in Hückeswagen, Radevormwald und Wipperfürth an. „Die Kinder sind immer stolz wie Oskar, wenn sie die Prüfung dann bestehen.“
Dem praktischen Teil in den vierten Klassen gehen allerdings bereits erste Übungen und Tests im dritten Schuljahr voraus. „Das machen die Schulen selbst. Dabei handelt es sich um erste Übungen auf dem Rad auf den Schulhöfen – dann probieren die Kinder etwa das einhändige Radeln aus, das sie beherrschen müssen, um mit Handsignal abzubiegen“, erläutert Schneider. Auch der Schulterblick werde in diesem Zusammenhang geübt. „Und da merkt man schon schnell, wer das bereits beherrscht und wer noch Übungsbedarf hat.“Petsching ergänzt: „Wie weit die Kinder da schon sind, hängt natürlich von den Eltern ab.
Das ist ein bisschen wie beim Schwimmen: Die Grundlagen dazu werden im Elternhaus gelegt.“
Die spätere Strecke lernen die Kinder ebenfalls bereits kennen. „Allerdings zu Fuß. Sie gehen zusammen den Weg ab, um sich auf unseren Besuch im nächsten Schuljahr schon ein wenig vorzubereiten“, berichtet Petsching.
Die Polizeibeamten der Abteilung Verkehrsunfallprävention kommen an zwei Tagen in die Schulen. „Auch bei uns geht es mit einer kurzen Theorie-Einheit los“, sagt Schneider. „Wir sind pro Klasse an beiden Terminen in insgesamt zwei Schulstunden da. Am ersten Tag starten wir mit etwa 20 Minuten Theorie und gehen dann auf die Straße.“Dann werde der Ablauf der Strecke noch einmal in Erinnerung gerufen – diesmal aber auch mit dem Fahrrad. „Es hat für die Kinder schon einen anderen Stellenwert, wenn die Polizei in die Schule kommt. Sie sind aufgeregt und sehr aufmerksam“, betont Schneider.
Beim zweiten Termin wird’s dann ernst für die Nachwuchs-Radfahrer. „Für die Prüfung sind auf der ganzen Straße Streckenposten verteilt, da helfen uns Eltern und Großeltern und auch die Kollegen vor Ort“, sagt Schneider. An den gefährlichsten Stellen – an der Kölner Straße sei das etwa die Einmündung Beethovenstraße – würden jeweils die Polizisten stehen. „Wenn wir in Uniform am Straßenrand stehen, fahren die Autos doch ein wenig langsamer und vorsichtiger“, berichtet Schneider. Für die Kinder sei es nicht so einfach, wenn sie fahren, gleichzeitig nach links das Handzeichen geben, den Gegenverkehr im Auge behalten und dann auch noch abbiegen müssen.
Im Rahmen der Radfahrausbildung der Polizei würden den Kindern Grundlagen mit an die Hand gegeben. Sie könne die Übung natürlich nicht ersetzen. Und letztlich würden die Eltern entscheiden, ob sie ihre Kinder schon alleine auf die Straßen ließen. „Wir geben detaillierte Rückmeldung, sowohl über die Praxis als auch über die Theorie. Die wird anhand eines Fragebogens abgefragt, und so können wir auch den Eltern sagen, wo noch Nachholbedarf besteht“, sagt Petsching. Diese Rückmeldungen könnten den Eltern bei der Entscheidung helfen, ob sie es dem Nachwuchs schon zutrauen. „Wir merken, dass viele Eltern überfordert sind, wenn es um das Radfahren der Kinder geht. Radtouren mit den Kindern sind eher selten. Und wir haben auch schon Kinder mit E-Bikes bei der Radfahrausbildung erlebt“, sagt Schneider.
Verkehrsrechtlich betrachtet müssten die Kinder ab zehn Jahren auf der Straße fahren, sagen die Polizeihauptkommissare. In der vierten Klasse seien die meisten Kinder neun oder zehn Jahre alt. „Im Alter von acht bis zehn dürfen sie nach der Straßenverkehrsordnung entweder auf der Straße oder auf dem Radweg fahren. Nicht alle Kinder sind aber in ihrer Entwicklung gleich weit“, weiß der Polizist. Es gebe Zehnjährige, die noch recht unsicher seien. Genauso gebe es aber Gleichaltrige, die schon echte Cracks auf dem Rad sind. „Das sind oft die Kinder, die auch sonst sehr viel Sport treiben. Die sind dann auch mal etwas übermütig“, hat Schneider festgestellt.
Letztlich würde aber kein Schutzmann einem Zehnjährigen sagen, er müsse auf die Straße, wenn er auf dem Gehweg unterwegs ist und sich eben noch nicht sicher genug fühle. „Grundsätzlich gilt nämlich: Kinder sind erst ab etwa 14 Jahren in der Lage, den komplexen Anforderungen im Straßenverkehr vollständig folgen zu können“, betont Petsching.