Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Impfungen beim Hausarzt starten
In vielen Hausarztpraxen kam gestern per Apothekenbote der ersehnte Impfstoff an. Es gelten die Prioritätenlisten.
In vielen Hausarztpraxen kam gestern per Apothekenbote der ersehnte Impfstoff an. Es gelten allerdings die Prioritätenlisten.
WERMELSKIRCHEN „Der Impfstoff ist da“, verkündete Tobias Hopff gestern Mittag. Gerade habe sich die Apotheke in Dabringhausen in der Praxis gemeldet, das Biontech-Serum werde in den nächsten 20 Minuten in die Praxis geliefert. „Wir impfen dann ab Mittwochnachmittag“, erklärte der Hausarzt. Schließlich sei gleichzeitig ein „massiver Praxisbetrieb“zu stemmen. Also nutzt der Dabringhauser den Mittwochnachmittag, um die ersten 36 Dosen an Patienten zu verimpfen. „Wir haben ja inzwischen Erfahrung mit dem Impfstoff“, erklärte Hopff. Viele Hausärzte hatten sich für die
„Endlich ist die Impfung dort, wo sie hingehört: bei den Hausärzten. Jetzt muss nur noch die Bürokratisierung abgebaut werden“
Dr. Hans-Christian Meyer
mobilen Einsatzteams gemeldet, die in den vergangenen Wochen in Pflegeeinrichtungen, Lebenshilfe-Werkstätten und Schulen im Einsatz waren. Die Aufbereitung des Impfstoffs sei inzwischen geübt.
„Jetzt ist die Impfung endlich da, wo sie hingehört“, freute sich gestern Mittag auch Dr. Hans-Christian Meyer, „bei den Hausärzten.“Er wisse von keinem Kollegen in Wermelskirchen, der keinen Impfstoff bestellt habe. In seiner Praxis wird ab dem heutigen Mittwoch geimpft, nachdem der wertvolle Impfstoff gestern Nachmittag geliefert wurde. Sein Appell: „Jetzt muss dringend die Bürokratisierung abgebaut werden.“Der Verwaltungsaufwand sei für die Praxen immens und sehr zeitaufwändig. Anamnesebögen müssen ausgefüllt werden, die Praxen sind zu einer ausführlichen Dokumentation verpflichtet. „Kein Vergleich etwa zur Grippeimpfung“, sagt Meyer.
Und das bestätigen auch seine Kollegen: Die Vorbereitung der Impfungen nehmen in den Teams in diesen Tagen viel Zeit in Anspruch. „Das Telefon steht nicht mehr still“, erklärte Thomas Schwitalla am Dienstag. Viele Patienten würden sich nach möglichen Impfterminen erkundigen. „Aber es gelten weiterhin die Prioritäten-Vorgaben“, erinnerte der Hausarzt. „wir haben also begonnen, die Patienten entsprechend zu priorisieren.“Faktoren wie die Krankheitslast, das Alter und besonderes Risiko werden dabei nach den Vorgaben berücksichtigt. „Viele Über-90-Jährige, die noch Zuhause leben, aber nicht mehr mobil sind, sind bisher durchs Raster gefallen“, berichtete er. Also habe das Praxisteam diese Patienten vorrangig angerufen, um ihnen eine Impfung anzubieten. Gleiches gilt für Patienten, die durch besondere Risikofaktoren vorne auf der Liste stehen. Ab heute habe er zu Impfterminen im halbstündigen Abstand eingeladen. „Wir kennen die Patienten, ihre Krankheitsgeschichte und ihre Medikamente, das macht es für uns leichter“, sagte der Hausarzt. „Bei den Patienten, die noch nicht dran sind, müssen wir um Verständnis und Geduld bitten“, erinnerte Schwitalla.
Das Praxisteam nehme aber am Telefon die Namen auf.
Auch Tobias Hopff verfährt nach dieser Strategie: „Wir machen eine Interessenliste“, erklärte er, „und versuchen dann, eine Priorisierung nach den Vorgaben reinzubringen.“Bereits seit Samstag würden Patienten mit entsprechendem Alter oder anderen Risikofaktoren über die Impfmöglichkeit informiert. „Wir erleben, dass sich die Patienten sehr freuen“, erzählt er. Pflegende Angehörigen würden bei ihm mitgeimpft. „Im Moment ist das allerdings trotzdem noch ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Hopff, „wir müssen impfen, impfen, impfen.“Deswegen sei es für ihn auch keine Frage gewesen, Impfstoff zu bestellen und als Hausarzt mitzumachen. Gleiches gilt für die Hausarztpraxis von Sigrun Klawa und Andrea Hulverscheidt: Hier wird am Donnerstag mit den Impfungen begonnen. „Erstmal im normalen Praxisbetrieb“, berichtete Hulverscheidt.
In den ersten beiden Wochen werden die Hausärzte vor allem mit Biontech-Impfstoff ausgestattet. „Es muss aber klar sein, dass wir später nicht nach dem Wünsch-Dir-WasPrinzip verfahren werden“, sagte Schwitalla. Wer eine Impfung mit einem anderen Impfstoff ablehne, erkläre damit erstmal seinen Verzicht und bekomme nicht ersatzweise den Biontech-Impfstoff. Währenddessen wünscht sich Tobias Hopff endlich eine klare Linie, wenn es um die Impfung mit Astrazeneca gehe. „Wir brauchen klare Vorgaben, wen wir impfen sollen“, sagt er. Er selber habe überhaupt keine Bedenken, Patienten ohne Trombose-Vorgeschichte mit Astrazeneca zu impfen.