Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Der Schutz der Immunisierung
Verzögerungen in der Impfkampagne haben gefährlichen Einfluss auf Mutationen.
Charles Darwin gilt als Vater der Evolutionsbiologie. In seinem 1859 erschienenen Werk „The origin of species“(Der Ursprung der Arten) beschreibt er die Selektion als treibende Kraft der Evolution. Während der Fortpflanzung wird das genetische Material eines Lebewesens neu angeordnet und durch Mutationen modifiziert. Die genetischen Umordnungen führen zu Variationen in der nächsten Generation und erhöhen damit die Chance, besonders überlebensfähige Nachkommen zu zeugen, die einem bestimmten Selektionsdruck gut standhalten können. Das Prinzip der Evolutionstheorie gilt für Menschen wie für Mikroben. Bakterielle Infektionen werden meist mit Antibiotika behandelt. Während der Behandlung darf das Antibiotikum
nicht vorzeitig abgesetzt werden, denn dies würde das Auftreten resistenter Erreger begünstigen. Während der bakteriellen Vermehrung kann zufälligerweise eine Variante entstehen, die von dem Antibiotikum langsamer abgetötet wird als andere Bakterien, sie hat somit einen Selektionsvorteil. Bei korrekter Einnahme des Antibiotikums stirbt auch die neue Variante im Laufe der Behandlung. Bei falscher Anwendung jedoch überlebt sie und verbreitet sich schnell. Dies ist zum Beispiel der Grund für die dramatische Zunahme multiresistenter Krankenhauskeime, die inzwischen eine globale Bedrohung unserer Gesundheit darstellen.
Auch Viren mutieren spontan während ihrer Vermehrung, wobei Varianten entstehen können, die von unserem Immunsystem schlechter eliminiert werden. Durch eine schnelle Impfung möglichst vieler Menschen wird eine Herdenimmunität ausgebildet, die die Verbreitung solcher Varianten unterbindet. Erfolgt das Durchimpfen der Bevölkerung hingegen zu langsam, fördert dies im Gegenteil das Auftreten und die Verbreitung von immer mehr Virusvarianten, gegen die der Impfschutz immer weniger wirkt. Impfprogramme wie das zur Bekämpfung von Covid-19 müssen daher zügig durchgeführt werden, um einen drastischen Anstieg impfresistenter Varianten zu verhindern.
Unsere Autorin ist Professorin für Infektionsbiologie an der RWTH Aachen. Sie wechselt sich hier mit der Philosophin Maria-Sibylla Lotter ab.