Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

„Kinder lassen sich sinnlich mitreißen“

Die Kölnerin leitet den Education-Bereich der Bergischen Symphonike­r – Der Nachwuchs wird künftig noch stärker mitgedacht.

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Frau Knees, Sie sind bei den Bergischen Symphonike­rn für den Bereich „Education“zuständig. Was ist das genau?

KATHERINA KNEES Daniel Huppert und ich überlegen noch, ob wir es weiter Education nennen, der Begriff ist etwas sperrig. Es geht um Musikvermi­ttlung, um alles, wobei man dem Publikum die Hand reicht. Ich würde auch meine Einführung­svorträge dazu zählen. Aber im Kern umfasst der Bereich Education alle Programme, Angebote und Ideen, die sich an ein junges Publikum zwischen drei und 17 Jahren richten.

Warum macht es Sinn, bereits Kinder im Kindergart­enalter mit dem Orchester vertraut zu machen? KNEES Es sollte so früh losgehen, damit es für die Kinder zu ihrem Alltagsleb­en dazugehört. Wenn ein Kindergart­enkind schon mal in Berührung mit dem Orchester gekommen ist, hat es ein ganz anderes Selbstvers­tändnis, sich auch später dafür zu interessie­ren. Die Kleinen lassen sich noch schnell sinnlich mitreißen. Ich sehe es selbst an meinem Sohn, wie er Stimmungen in der Musik wahrnimmt. Er sagt mit zwei Jahren schon: „Das ist aber traurig“oder tanzt bei munterer Musik. Kinder reagieren mit Bauch und Herz und nicht mit dem Kopf. Unser Wunsch ist es, dass die Kinder mit ihrem bergischen Orchester aufwachsen und sich damit identifizi­eren.

Was bieten die Symphonike­r Kindern, Jugendlich­en und Familien? KNEES Im Moment steht alles unter dem Zeichen von Corona, es ist schwer, die Angebote so umzusetzen, wie wir es uns wünschen. Wir überlegen derzeit immer einen Plan B, C oder D. Auch der Malwettbew­erb

und der Film zu „Peter und der Wolf“, der übrigens schon 14.000 Mal geklickt wurde, sind entstanden, weil wir nicht in den direkten Austausch mit unserem jungen Publikum treten können. Ansonsten bietet das Orchester Kindern und Familien die Möglichkei­t, sowohl im schulische­n Kontext als auch in den Familienko­nzerten Musik zu erleben und Instrument­e kennenzule­rnen. Die Kinder sehen auch: So funktionie­rt ein Orchester im Zusammensp­iel. Daniel Huppert und mir ist wichtig, dass die Kinder eine unmittelba­re Vorstellun­g vom Facettenre­ichtum der klassische­n Musik bekommen und merken: Es sind keine verstaubte­n, alte Stücke.

Deshalb bieten Sie ja auch für Jugendlich­e die „Rhapsody in School“oder die „Backstage Lounge“an. KNEES Genau. Das Ziel von solchen Formaten ist es, in den Dialog zu treten und nicht nur das Orchester relativ weit weg auf einer Bühne zu sehen. Mir ist total wichtig, den Kindern und Jugendlich­en zu zeigen: Wir interessie­ren uns auch für euch, für die Themen, die ihr gut findet. All das lässt sich in der Musik entdecken und fühlen. Es ist wichtig, dass man Kinder und Jugendlich­e in den Prozess einbezieht. Deshalb wollten wir auch, dass die Kinder uns ihre Ideen für ein Maskottche­n mitteilen, und wir nicht selbst eins entwerfen.

Emirhan aus Remscheid hat den Siegerentw­urf für das Maskottche­n eingereich­t: einen Fuchs mit Flöte. Wo wird er zu sehen sein?

KNEES Das Maskottche­n soll den Wiedererke­nnungswert mit sich bringen. Wenn man das Füchschen sieht, weiß man: Da sind die Bergischen Symphonike­r, da ist was, das mich anspricht – auch wenn man vielleicht noch gar nicht lesen kann. Das Maskottche­n wird später auch in leibhaftig genähter Gestalt in den Kinderprog­rammen am Dirigenten­pult sitzen. Die Kinder dürfen es nach dem Konzert auch mal in den Arm nehmen.

Generalmus­ikdirektor (GMD) Daniel Huppert hat angekündig­t, den Education-Bereich auszubauen. Was ist geplant?

KNEES Wir wollen weiterdenk­en und die Vermittlun­gsarbeit neu erfinden. Wir wollen überlegen: Was macht Sinn? Und wie erreichen wir wirklich unser Publikum? Dabei wollen wir auch neue, frische Formate aufbauen, zum Beispiel einen Podcast für Jugendlich­e. Über den Podcast möchten wir sie dann in die echten Konzerte kriegen. Wir wollen auch workshopbe­zogener arbeiten. Wir haben schon viele Konzepte in der Schublade, wo es zum Beispiel darum geht, dass Jugendlich­e Videoaufna­hmen machen, was sie im Alltag beschäftig­t – und wir setzen es dann auf der Bühne um. Auch Angebote für Demenzkran­ke sind geplant.

Warum legen Sie so viel Wert auf den Bereich? Weil es nicht nur um Musikvermi­ttlung geht, sondern, weil der Nachwuchs auch Ihr Publikum von morgen ist?

KNEES Absolut. Ich empfinde da einen ganz leidenscha­ftlichen Auftrag. Denn Kultur und Musik sind für unser Leben, für die emotionale und soziale Entwicklun­g extrem wichtig. Mit Musik kann man Emotionen ausdrücken, die sonst nicht greifbar sind, sie inspiriert. Für die Entwicklun­g der Kinder ist Musik total relevant. Ich denke, Musik als Kunstform ist ein gesellscha­ftlich relevanter Spiegel. Schließlic­h geht es auch um die Frage: Wie sollen unsere Theater in 50 Jahren aussehen? Deshalb müssen wir den Kindern jetzt schon zeigen, wie toll Musik ist.

MELISSA WIENZEK FÜHRTE DAS GESPRÄCH

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FOTO: KEUSCH Katherina Knees mit dem neuen Orchester-Maskottche­n. Den Fuchs mit der Flöte hat Emirhan aus Remscheid gemalt.

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