Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Grundlagen des Lernens neu trainieren
An der Förderschule Nordkreis wird in der Corona-Pandemie genau geprüft, welche Schüler wie erreicht werden können.
An der Förderschule Nordkreis wird in der Corona-Pandemie genau geprüft, welche Schüler wie erreicht werden können.
HÜCKESWAGEN Dass die Schüler der Förderschule Nordkreis den ganz normalen Unterricht erst wieder erlernen müssen, ist eine Erkenntnis, die nach etwa einem Jahr Corona bleibt. Das sagt Cordula Schneider, Leiterin der Schule, die in der Schloss-Stadt den Standort Erich-Kästner-Schule und in Radevormwald die Armin-Maiwald-Schule umfasst. „Dabei ist das ganz unabhängig davon, ob im Moment der digitale oder der analoge Unterricht abgehalten wird“, betont sie. Die Kinder und Jugendlichen müssten das tatsächlich wieder trainieren.
„Dass sie für sechs Stunden normalen Unterricht haben, sind sie einfach nicht mehr gewöhnt. Das ist sicherlich nicht weg, aber die Ausdauer, die Konzentration und die Grundlagen des Lernens müssen wieder aufgeweckt werden“, sagt Cordula Schneider. Man könne schließlich das Konzept Schule nicht eins zu eins von der Schule in die Kinderzimmer übertragen. Dabei gelte auch grundsätzlich: „Je jünger die Kinder sind, umso schlechter geht der Distanzunterricht per Videokonferenz. Bei unseren jungen Schülerinnen und Schülern geht das aber gar nicht“, hat die Schulleiterin festgestellt.
Das Homeschooling bedeute für Schüler und Eltern einen enormen Kraftaufwand. Diese Rückmeldung bekomme sie auch von ihren älteren Jugendlichen. „Es ist auch kein Wunder, sonst könnte man die Schule ja auch ganz abschaffen“, sagt Cordula Schneider. Dabei rede man hier von den ganz normalen Familien-Settings, in denen sich die Eltern kümmerten. „Wir haben aber auch Schüler, bei denen sich zu Hause nicht gekümmert wird. Da ist die Schule oft der einzige Bereich, in dem es funktioniert“, sagt die Schulleiterin weiter.
Auch die Lehrer müssten mit den steigenden Belastungen klarkommen. Diesbezüglich sei man in der Förderschule allerdings sehr wachsam. „Wir haben Klassenlehrer-Teams, so dass immer zwei Lehrkräfte für eine Klasse zuständig und verantwortlich sind“, erläutert Cordula Schneider. Die Verantwortlichkeiten seien umfangreich – Stundenplan, Stoffvermittlung, aber auch Elternarbeit gehörten dazu. „Wir sind ein flexibles System, innerhalb der vorgegebenen Verordnungen reagieren wir eigenverantwortlich“, sagt die Schulleiterin. Dazu komme ein hohes Maß an Kommunikation im gesamten Kollegium, so dass man in diesem Rahmen entscheiden könne, was möglichst sinnvoll wie umzusetzen sei. „Auf diese Weise sind wir bislang recht gut durch die Krise gekommen“, sagt Cordula Schneider.
Deutlich werde das auch daran, dass der Krankenstand unter der Lehrerschaft im vergangenen Jahr nicht übermäßig angestiegen sei. Die Schulleitung habe einen besonderen Blick auf den Zustand und die Bedürfnisse der Lehrer. „Wir überprüfen das regelmäßig und auch im Rahmen der Konferenzen. Das hat bislang sehr gut funktioniert“, versichert Cordula Schneider. Im Falle des Falles könnte man dann zudem sehr schnell und im nötigen Umfang gegensteuern.
Das digitale Konzept, mit dem man in der Förderschule in den vergangenen Monaten verfahren sei, sei von Anfang an darauf angelegt gewesen, genau zu überprüfen, welche Schüler tatsächlich auch auf digitale Art und Weise erreicht werden könnten. „Da kommt uns wieder unsere individuelle Arbeitsweise zugute. Wir können dabei ganz genau hinsehen, welche unserer Schüler wir so erreichen und bei welchen wir analog arbeiten müssen. Das könnte dann unter Umständen auch bedeuten, dass andere Institutionen mit ins Boot geholt werden müssten“, sagt Cordula Schneider.
Eine weitere Möglichkeit, die an der Förderschule genutzt werde, sei die sogenannte „Study Hall“. Hierbei würden im Einzelunterricht Kinder gezielt unterrichtet, die nicht auf dem virtuellen Weg erreicht werden könnten. „Das funktioniert im Klassenzimmer – aber in der Einszu-eins-Betreuung von Schüler und Lehrkraft, getrennt von einer Acrylglasscheibe, die auf der Schulbank aufgestellt wird“, erläutert Cordula Schneider.