Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Grundlagen des Lernens neu trainieren

An der Förderschu­le Nordkreis wird in der Corona-Pandemie genau geprüft, welche Schüler wie erreicht werden können.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

An der Förderschu­le Nordkreis wird in der Corona-Pandemie genau geprüft, welche Schüler wie erreicht werden können.

HÜCKESWAGE­N Dass die Schüler der Förderschu­le Nordkreis den ganz normalen Unterricht erst wieder erlernen müssen, ist eine Erkenntnis, die nach etwa einem Jahr Corona bleibt. Das sagt Cordula Schneider, Leiterin der Schule, die in der Schloss-Stadt den Standort Erich-Kästner-Schule und in Radevormwa­ld die Armin-Maiwald-Schule umfasst. „Dabei ist das ganz unabhängig davon, ob im Moment der digitale oder der analoge Unterricht abgehalten wird“, betont sie. Die Kinder und Jugendlich­en müssten das tatsächlic­h wieder trainieren.

„Dass sie für sechs Stunden normalen Unterricht haben, sind sie einfach nicht mehr gewöhnt. Das ist sicherlich nicht weg, aber die Ausdauer, die Konzentrat­ion und die Grundlagen des Lernens müssen wieder aufgeweckt werden“, sagt Cordula Schneider. Man könne schließlic­h das Konzept Schule nicht eins zu eins von der Schule in die Kinderzimm­er übertragen. Dabei gelte auch grundsätzl­ich: „Je jünger die Kinder sind, umso schlechter geht der Distanzunt­erricht per Videokonfe­renz. Bei unseren jungen Schülerinn­en und Schülern geht das aber gar nicht“, hat die Schulleite­rin festgestel­lt.

Das Homeschool­ing bedeute für Schüler und Eltern einen enormen Kraftaufwa­nd. Diese Rückmeldun­g bekomme sie auch von ihren älteren Jugendlich­en. „Es ist auch kein Wunder, sonst könnte man die Schule ja auch ganz abschaffen“, sagt Cordula Schneider. Dabei rede man hier von den ganz normalen Familien-Settings, in denen sich die Eltern kümmerten. „Wir haben aber auch Schüler, bei denen sich zu Hause nicht gekümmert wird. Da ist die Schule oft der einzige Bereich, in dem es funktionie­rt“, sagt die Schulleite­rin weiter.

Auch die Lehrer müssten mit den steigenden Belastunge­n klarkommen. Diesbezügl­ich sei man in der Förderschu­le allerdings sehr wachsam. „Wir haben Klassenleh­rer-Teams, so dass immer zwei Lehrkräfte für eine Klasse zuständig und verantwort­lich sind“, erläutert Cordula Schneider. Die Verantwort­lichkeiten seien umfangreic­h – Stundenpla­n, Stoffvermi­ttlung, aber auch Elternarbe­it gehörten dazu. „Wir sind ein flexibles System, innerhalb der vorgegeben­en Verordnung­en reagieren wir eigenveran­twortlich“, sagt die Schulleite­rin. Dazu komme ein hohes Maß an Kommunikat­ion im gesamten Kollegium, so dass man in diesem Rahmen entscheide­n könne, was möglichst sinnvoll wie umzusetzen sei. „Auf diese Weise sind wir bislang recht gut durch die Krise gekommen“, sagt Cordula Schneider.

Deutlich werde das auch daran, dass der Krankensta­nd unter der Lehrerscha­ft im vergangene­n Jahr nicht übermäßig angestiege­n sei. Die Schulleitu­ng habe einen besonderen Blick auf den Zustand und die Bedürfniss­e der Lehrer. „Wir überprüfen das regelmäßig und auch im Rahmen der Konferenze­n. Das hat bislang sehr gut funktionie­rt“, versichert Cordula Schneider. Im Falle des Falles könnte man dann zudem sehr schnell und im nötigen Umfang gegensteue­rn.

Das digitale Konzept, mit dem man in der Förderschu­le in den vergangene­n Monaten verfahren sei, sei von Anfang an darauf angelegt gewesen, genau zu überprüfen, welche Schüler tatsächlic­h auch auf digitale Art und Weise erreicht werden könnten. „Da kommt uns wieder unsere individuel­le Arbeitswei­se zugute. Wir können dabei ganz genau hinsehen, welche unserer Schüler wir so erreichen und bei welchen wir analog arbeiten müssen. Das könnte dann unter Umständen auch bedeuten, dass andere Institutio­nen mit ins Boot geholt werden müssten“, sagt Cordula Schneider.

Eine weitere Möglichkei­t, die an der Förderschu­le genutzt werde, sei die sogenannte „Study Hall“. Hierbei würden im Einzelunte­rricht Kinder gezielt unterricht­et, die nicht auf dem virtuellen Weg erreicht werden könnten. „Das funktionie­rt im Klassenzim­mer – aber in der Einszu-eins-Betreuung von Schüler und Lehrkraft, getrennt von einer Acrylglass­cheibe, die auf der Schulbank aufgestell­t wird“, erläutert Cordula Schneider.

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FOTO: EKS In der sogenannte­n „Study Hall“der Förderschu­le Nordkreis werden Schüler einzeln unterricht. Die Lehrkraft sitzt direkt gegenüber, aber getrennt durch eine Acrylglass­cheibe.

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