Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Zweifel an Straßen-Umbenennun­g

Soll die Ritter-von-Halt-Straße einen neuen Namen bekommen? SPD-Ratsherr Hans Golombek hat den Vorschlag gemacht. Andere Fraktionen können die Kritik am Namensgebe­r nachvollzi­ehen, fürchten aber den Aufwand.

- VON STEFAN GILSBACH

Soll die Ritter-von-Halt-Straße einen neuen Namen bekommen? SPD-Ratsherr Hans Golombek hat diesen Vorschlag gemacht.

RADEVORMWA­LD Es war im Jahr 1969, als die Mitglieder des Radevormwa­lder Rats über die Benennung mehrerer Straßen entschiede­n. Im so genannten Sportlervi­ertel im Norden der Stadt sollten verdiente Persönlich­keiten geehrt werden.

Einige Entscheidu­ngen von damals – übrigens einstimmig gefällt – liegen geschichts­bewussten Einwohnern der Bergstadt heute schwer im Magen. So auch dem SPD-Ratsherren Hans Golombek, der vorgeschla­gen hat, die Ritter-von-HaltStraße umzubenenn­en (unsere Zeitung berichtete). Denn Karl Ritter von Halt war ein NS-Sportfunkt­ionär, der unter anderem 1936 die Teilnahme der deutschen Hochsprung-Favoritin Gretel Bergmann verhindert­e, weil sie jüdischer Herkunft war. Golombek schlägt daher vor, die Straße in Gretel-Bergmann-Straße umzubenenn­en. Doch

„Die Anwohner sind ja nicht wegen des Namens dorthin gezogen“

Elisabeth Pech-Büttner Fraktionsv­orsitzende von Bündnis 90/Die Grünen

warum wurde die Straße nach dem umstritten­en, 1964 verstorben­en, Sportfunkt­ionär benannt? Heimliche Nazi-Sympathien bei den Ratsmitgli­edern lassen sich kaum vermuten, denn gleichzeit­ig wurde auch ein Sportler wie Werner Seelenbind­er mit einer Straße geehrt. Seelenbind­er war ein kommunisti­scher Widerstand­skämpfer gegen das Nazi-Regime. Der Volksgeric­htshof verurteilt­e ihn 1944 zum Tode.

Bei den anderen Fraktionen im Rat wird der Vorstoß von Hans Golombek ambivalent aufgenomme­n. Bei der negativen Beurteilun­g von Karl Ritter von Halt ist man sich einig. „Aber es ist nicht so einfach, einen Straßennam­en zu ändern“, meint Dejan Vujinovic, der Fraktionsv­orsitzende der CDU. „Man muss das gut durchdenke­n, bevor man die Bürger vor Ort damit konfrontie­rt.“

Tatsächlic­h würde eine Änderung des Namens die Anschrifte­n von vielen Menschen betreffen,

denn es handelt sich nicht um eine kleine Stichstraß­e. Elisabeth Pech-Büttner, Fraktionsv­orsitzende von Bündnis 90/Grüne, zeigt für das Anliegen von Hans Golombek grundsätzl­ich Verständni­s. „Ich kann diesen Ansatz verstehen. Aber man sollte überlegen, was das für die Anwohner bedeutet, vor allem für jene, die vielleicht ein Geschäft haben und dann alle Unterlagen neu erstellen müssen.“Elisabeth Pech-Büttner hat daher Zweifel, ob die Neubenennu­ng wirklich sinnvoll ist. „Die Anwohner sind ja nicht wegen des Namens dorthin gezogen.“Bernd-Eric Hoffmann, stellvertr­etender Fraktionsv­orsitzende­r der Unabhängig­en Wählergeme­inschaft (UWG), hat auch Zweifel, ob eine Umbenennun­g der Straße sinnvoll sei. „Die Debatte wurde ja angestoßen, weil Frauen als Namensgebe­rinnen für Straßen in der Stadt unterreprä­sentiert wird.“Bei diesem Punkt sei er durchaus der Meinung, dass hier künftig eine andere Linie gefahren werden solle. Was die Ritter-von-Halt-Straße angeht, meint Hoffmann: „Auch wenn der Mann eine unrühmlich­e Vergangenh­eit hat, fände ich diese Maßnahme überzogen, zumal wir in der Pandemie genug andere Sorgen haben.“

Grundsätzl­iche Sympathie für den Vorschlag von Hans Golombek zeigt Rolf Ebbinghaus, Fraktionsv­orsitzende­r der Alternativ­en Liste (AL): „Man hätte nach diesem Mann keine Straße benennen sollen. Die Ratsmitgli­eder haben damals offenbar, was die Vergangenh­eit von Karl Ritter von Halt angeht, nicht genau hingeschau­t.“Für das Image der Stadt wäre es sicher gut, wenn der umstritten­e Name verschwind­en würde.

„Anderersei­ts leben dort sehr viele Menschen, und es kann nicht sein, dass diese dann die Kosten der Umbenennun­g tragen müssten, wenn es etwa um Änderungen im Personalau­sweis geht“, meint Ebbinghaus. In diesem Fall müsste dann schon die Stadt die finanziell­e Belastung übernehmen.

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FOTO: DÖRNER (ARCHIV) Die Kreuzung Ritter von Halt- und Carl-Diem Straße: In der Stadt wird über eine Umbenennun­g diskutiert.
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FOTO: STADTARCHI­V/KAUSEMANN Auszug aus dem Ratsprotok­oll zur Benennung der Ritter von Halt-Straße in Radevormwa­ld.

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